Flucht über die ungarische Grenze

Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Interessierter » 25. September 2014, 08:11

Deutschland sagt: „Danke Ungarn“ - Plakataktion zur Erinnerung an die Grenzöffnung vor 25 Jahren

Bild

Zum 25. Mal jährte sich am 11. September die Öffnung der Grenze zwischen Ungarn und Österreich, die tausenden DDR-Flüchtlingen im Land die Ausreise ermöglichte. Dieses Jubiläum würdigen die Deutsche Botschaft und die Deutsch-Ungarische Industrie-und Handelskammer (DUIHK) derzeit mit einer Plakataktion. Die noch bis Ende des Monats in Budapest, aber auch anderen ungarischen Städten, etwa in Pécs, Sopron, Miskolc, Szombathely, Veszprém, Hatvan oder Kecskemét gezeigten Plakate haben eine einfache Botschaft: „Danke Ungarn“.

Das Motiv, das in Budapest auf großflächigen Plakaten etwa an der Budaer Seite der Marga­rethen-Brücke, in Metro-Stationen oder an der Fassade der Deutschen Botschaft zu sehen ist, ging im Herbst 1989 um die Welt: Auf der Aufnahme des Fotografen Tamás Lobenwein sieht man einen PKW, der neben einer geöffneten Grenzschranke über die ungarisch-österreichische Grenze fährt – das Bild wurde zu einem der Sym­bole für das Ende des Eisernen Vorhangs.

Erinnerung an die Grenzöffnung wachhalten


Mit ihrer gemeinsamen Plakataktion möchten die Deutsche Botschaft sowie die DUIHK nun die tragende Rolle würdigen, die Ungarn dabei spielte und die Erinne­rung an die Nacht der Grenzöffnung für möglichst viele Menschen wachhalten. Bereits Ende April 1989 hatte das Land begonnen, seine Grenzanlagen in Richtung Österreich abzubauen; beim Paneuropä­ischen Picknick am 19. August wurde bei Sopron ein Grenztor symbolisch für mehre­re Stunden geöffnet. Tausende DDR-Bür­ger strömten mit der Hoffnung nach Ungarn, von hier nach Westdeutschland gelangen zu können und kamen unter an­derem in der Deutschen Botschaft in Bud­apest sowie im Zugligeter Flüchtlingslager des Malteser-Caritasdienstes unter. Am 10. September 1989 löste der damalige un­garische Außenminister Gyula Horn dann Begeisterungsstürme unter den Flüchtlin­gen aus, als er in einer Fernsehansprache verkündete, dass Ungarn den DDR-Bür­gern im Land die Ausreise gestatte. Am nächsten Tag durften sie über Österreich in Richtung Westdeutschland ausreisen.

Weiter hier:
http://www.budapester.hu/2014/09/23/deu ... ke-ungarn/
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Interessierter » 29. September 2014, 06:38

Feier der ungarischen Botschaft in Potsdam

Am Samstag feierten Mitglieder der dama­ligen Bundesregierung, darunter Ex-Au­ßenminister Hans-Dietrich Genscher und Ex-Finanzminister Theo Waigel, zu­sammen mit Zeitzeugen und ungarischen Gästen, u.a. HR-Minister Zoltán Balog, inPotsdam die ungarisch-österreichische Grenzöffnung vor 25 Jahren. Die deutschen Politiker er­innerten sich, dass dadurch ihr Glaube und Vertrauen in die deutsch-deutsche Wieder­vereinigung gestärkt wurde. Dass Ungarn 1989 die Grenzen öffnete, bezeichnete Wa­igel als „mutige Tat“. Er sei von „einer un­glaublichen Dankbarkeit“ erfüllt. Ungarns damaliger Staatsminister Imre Pozsgay stimmte zu: „Es brauchte einen gewissen Mut“, die Grenzöffnung sei nicht einfach so aus dem Stegreif gekommen. Laut dem deutschen Kanzler­amtschef Peter Alt­maier wird Deutsch­land diese Solidarität der Ungarn nie ver­gessen. Einige Redner nutzen ihren Auftritt dazu, um auch die ak­tuelle Lage in der Uk­raine anzusprechen. Balog betonte etwa: „Es geht wieder um die Zukunft Europas und nicht nur um die Zukunft der Ukraine.“

http://www.budapester.hu/2014/09/27/fei ... n-potsdam/
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Interessierter » 1. Dezember 2014, 07:43

Anläßlich des 25. Jahrestages der Grenzöffnung durch Ungarn interviewt die Budapester Zeitung den Historiker Andreas Schmidt-Schweizer zu:

„Beziehungen mit besonderem Charakter“

Die Grenzöffnung vom 11. September ist der Höhepunkt einer sich schon viele Jahre vorher entwickelnden besonderen Beziehung zwischen Ungarn und der Bundesrepublik Deutschland. Der in Ungarn lebende deutsche Historiker Andreas Schmidt-Schweizer setzt den Beginn des Prozesses, der schließlich in die Grenzöffnung mündete, deutlich vor den Amtsantritten von Gorbatschow und Németh an.


Wie beurteilen Sie die Bedeutung der Grenzöffnung vom 11. September 1989 für die Geschichte der deutsch-ungarischen Beziehungen?

Die damalige Entscheidung der unga­rischen Regierung unter Miklós Németh stellt zweifellos einen ganz besonderen Höhepunkt in den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Ungarn in der jüngsten Vergangenheit dar. Ich denke hier nicht nur an ihre bekannten deutsch­landpolitischen Auswirkungen, sondern auch an ihre symbolhafte Bedeutung überhaupt. Es war eine klare Entschei­dung gegen die DDR und zugunsten der Bundesrepublik, es war eine klare Ent­scheidung Ungarns für den Westen und gegen den Osten. Die spektakuläre Gren­zöffnung vom September 1989 rückte das kleine Donauland dann auch in den fol­genden Jahren und Jahrzehnten in der bundesdeutschen Öffentlichkeit und Poli­tik in ein ganz besonderes Licht und hat – wie wir auch jüngst bei der Plakataktion der deutschen Botschaft und der DUIHK gesehen haben – zu einer bis heute an­dauernden Dankbarkeit der Deutschen geführt. Vor dem Hintergrund dieser psychologischen Atmosphäre ist auch die dynamische Entwicklung sämtlicher Be­reiche der bilateralen Beziehungen nach 1989 zu verstehen.

Die Entscheidung, die Grenze am 11. September 1989 zu öffnen, war – wie Sie sagten – eine radikale Lösung. Was waren Ihrer Meinung nach die Gründe hierfür und hätte es für Ungarn eine Alternative dazu gegeben?

Oft wird behauptet, man hätte nur den Winter abwarten müssen und dann wären die DDR-Bürger schon wieder nach Ost­deutschland zurückgekehrt. Betrachtet man den Grundcharakter des SED-Regi­mes, dann denke ich, dass das wohl kaum passiert wäre. Der Beschluss der Regie­rung Németh, die Grenze zu öffnen, war natürlich nur dadurch möglich geworden, dass die Sowjetunion – wie bereits beim Abbau des „Eisernen Vorhangs“ – Ungarn auch in dieser Frage freie Hand ließ. Will man die Beweggründe und Handlungs­möglichkeiten der ungarischen Macht­haber beleuchten, dann muss zuerst ein Blick auf die Situation Ungarns im Som­mer 1989 geworfen werden. Aufgrund der Masse von Flüchtlingen aus der DDR, des unhaltbaren Durcheinanders an der un­garisch-österreichischen Grenze und des wachsenden äußeren Drucks auf Ungarn war die ungarische Führung letztlich ge­zwungen, eine Entscheidung zu fällen. Ein weiteres „Aussitzen“ des Problems war wegen der verständlichen hartnäcki­gen Weigerung der DDR-Bürger, nach Ostdeutschland zurückzukehren, und der Aussichtslosigkeit einer Einigung zwischen Bonn und Ostberlin nicht mehr denkbar. Für die ungarische Entschei­dung waren meines Erachtens vier Fakto­ren ausschlaggebend: 1) Die – schon seit Jahren – wachsende Antipathie der Un­garn gegenüber der verknöcherten Ost­berliner Führung und das schwindende politische Gewicht der DDR im östlichen Lager; 2) das sich über Jahrzehnte hin­weg sehr positiv entwickelnde Verhält­nis zwischen Bonn und Budapest; 3) die Tatsache, dass sich Ungarn in einer sehr starken finanziellen und wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Bundesrepublik befand und beim wirtschaftlichen System­wechsel existenziell auf ihre Hilfe ange­wiesen war und 4) das ganz wesentliche Faktum, dass die ungarische Führung im Falle einer zwangsweisen Rückführung der Flüchtlinge in die DDR – das wäre die „Alternative“ gewesen – ihre äußerst ver­dienstvolle Politik der Westöffnung und Demokratisierung restlos diskreditiert und unabsehbare innen- wie außenpoliti­sche und wirtschaftliche Folgen heraufbe­schworen hätte. Vor diesem Hintergrund hatte die Németh-Regierung also eigent­lich gar keine andere Möglichkeit, als die DDR-Bürger ausreisen zu lassen.

Der vollständige und interessante Beitrag hier:
http://www.budapester.hu/2014/11/29/bez ... charakter/
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Interessierter » 12. Dezember 2014, 08:15

„Warum haben wir alle vom bevorstehenden Untergang so wenig bemerkt?“

Zum Abschluss des Jubiläumsjahres der Grenzöffnung vor 25 Jahren lesen Sie ein Interview, das wir mit dem ehemaligen Korrespondenten der renommierten Neuen Zürcher Zeitung und heutigen Professor an der Andrássy Universität Budapest, Andreas Oplatka, führten. Oplatka gilt als profunder Kenner und eminenter Forscher der Geschehnisse von 1989/90. Im Interview mit der Budapester Zeitung geht er nicht nur auf die Umstände der Grenzöffnung ein, sondern zieht auch eine Bilanz der diesjährigen Erinnerungsfeierlichkeiten.

War die Grenzöffnung maßgeblich ein Werk von Miklós Németh?

Németh selber pflegt auf diese Fra­ge zu antworten, dass die Öffnung der Grenze eine kollektive Leistung der ganzen ungarischen Gesellschaft war. Der Ministerpräsident fällte die Ent­scheidung und trug die Verantwortung. Andere Regierungsmitglieder, wie zuvor erwähnt, waren beteiligt. Möglich wurde die Handlungsweise aber vor allem dank der damals schon erheblich aufgelocker­ten innenpolitischen Bedingungen – ein Verdienst der Opposition, der Presse und der Öffentlichkeit allgemein.

Konnte Németh der Sowjetunion über­haupt richtig übermitteln, was er vorhatte?

Nein, Németh war Ende August 1989 gar nicht daran interessiert, die Sowje­tunion offiziell zu informieren oder gar um Erlaubnis zu bitten. Die ungarische Diplomatie ließ Moskau gegenüber ein­zig durchblicken, was geschehen würde, wenn sich die beiden deutschen Staaten über eine Lösung der Flüchtlingskrise nicht einigen könnten.

Was sind für Sie die größten Rätsel in Sachen 1989? Welche Fragen konnten Sie noch nicht zweifelsfrei klären?

Erschöpfende Antworten, so fürch­te ich, wären abendfüllend. In Kürze also. Was ich bis heute nicht verstehe, ist die Haltung Gorbatschows. Dass er nicht die Panzer losschicken wollte, wie unter Chruschtschow und Bresch­new geschehen, begreife ich. Das hätte die Verständigung mit den Vereinigten Staaten und damit die von Moskau dringend benötigte Atempause zu­nichte gemacht. Aber zwischen einer militärischen Intervention und dem „Nichts-tun“ hätte es noch etliche an­dere Möglichkeiten der Einflussnahme gegeben. Gorbatschow nutzte sie nicht, sondern ließ den Dingen in Polen und in Ungarn freien Lauf. Warum? Kein Zweifel, dass er gegen die Interessen seines Reichs und des Warschauer Paktes handelte, kein Zweifel, dass er dafür wenig später einen gewaltigen Preis bezahlen musste.

Das vollständige, interessante Interview hier:
http://www.budapester.hu/2014/12/11/war ... g-bemerkt/
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Interessierter » 28. Juni 2017, 10:39

SED bekam nichts mit, als der Eiserne Vorhang riss

Am 2. Mai 1989 bauten Spezialeinheiten der ungarischen Grenzpolizei an zwei von vier Grenzübergangsstellen zu Österreich den alten sowjetischen Signalzaun ab. Das hätte die SED-Spitze eigentlich elektrisieren müssen. Doch die wurde durch einen Boykottaufruf von Oppositionellen zu den Kommunalwahlen abgelenkt.

Erwartungsvoll sitzen ungarische Journalisten und ausländische Korrespondenten im Rathaussaal des westungarischen Grenzstädtchens Hegyeshalom. Oberst Balazs Nowaki hält sich nicht lange bei der Vorstellung auf. "Wir haben dieses Treffen hier organisiert, da heute an diesem Tag die elektrischen Alarmanlagen zwischen Ost- und Westeuropa abgebaut werden", verkündet der Chef der Grenztruppen. Demonstrativ solle an diesem 2. Mai 1989 an vier von acht Grenzübergangsstellen je ein Kilometer des Signalzauns entfernt werden. Jeden Tag würden dann weitere Abschnitte an der rund 260 Kilometer langen Grenze zur Republik Österreich folgen. Der Abschluss der Demontage sei für Ende 1990 vorgesehen.

Knapp 90 Kilometer von Hegyeshalom entfernt sitzt Oberst István Frankó in der Soproner Kaserne mit Vertretern der Sicherheitsdirektion des Burgenlandes zusammen und informiert seine österreichischen Gäste ebenfalls über den geplanten Abbau. Den Abbau des Signalzauns begründen die Offiziere mit pragmatischen Erwägungen. Der Zaun sei stark verrostet. Da Moskau aber keinen Ersatz liefern würde, habe man drei Möglichkeiten: die Anlagen selbst zu reparieren oder neue zu bauen - beides würde aber wertvolle Devisen kosten. Die dritte Möglichkeit, und nun wird es hoch politisch: Ungarn reißt die Anlagen ab und gestaltet die Grenze nach "humanen und kultivierten Gepflogenheiten". Man habe sich dafür entschieden.

Nach der Einführung geht es gegen Mittag zum Zaun. Spezialeinheiten, eigens für diese Vorführung geholt, warten bereits. Der Signalzaun, ein sowjetisches Fabrikat, ist 2,13 Meter hoch und steht 1,5 bis 2,5 Kilometer von der eigentlichen Grenzlinie entfernt. Seine Betonpfeiler sind mit 25 Querdrähten verbunden, die jeden Kontakt melden. Rund 13 500 Fluchtversuche hat es seit der Installation des Zauns in den 60er-Jahren gegeben, nur rund 400 waren erfolgreich.

Bilder eines historischen Augenblicks

Zunächst trennen die Spezialkräfte den Draht von den Betonpfeilern, dann werden die Drahtbahnen aufgerollt und abtransportiert. Dann kommt der sogenannte Pfostenheber zum Einsatz. Wie faule Zähne zieht er die Pfeiler aus der Erde. Die Bilder eines historischen Augenblicks sind abends im Westfernsehen zu sehen - und gelangen so auch in die Wohnstuben der DDR-Bürger.

Ungarn spielte im östlichen Bündnis schon länger eine Sonderrolle und hatte verhältnismäßig früh Schritte eingeleitet, an die in der DDR nicht zu denken war. Dazu gehörten marktwirtschaftliche Strukturen und relativ ungehinderte Reisemöglichkeiten. 1987 folgten weitere Reformen. Mit dem Ungarischen Demokratischen Forum entstand die erste Oppositionspartei. Ein Jahr später übernahmen kommunistische Reformer die Macht, einer von ihnen, Imre Pozsgay, nannte die Grenzanlagen im Herbst 1988 "historisch, politisch und technisch überholt".

So dachte auch Oberst István Frankó. Zum einen aus praktischen Gründen. Am Signalzaun kommt es oft zu einem Fehlalarm durch technische Pannen oder Tiere. Das zerrt an den Nerven der Grenzer. Zum anderen fragte sich Frankó, was die Anlagen noch sollten, da seine Landsleute mit sogenannten Weltpässen längst ungehindert in den Westen reisten, etwa zum Einkauf nach Österreich. Er selbst pflegte seit längerer Zeit Kontakte zu den Nachbarn, vor allem zum Chef der Sicherheitsdirektion des Burgenlandes, Johann Schoretits. Der hatte eines Tages bei Frankó angefragt, ob man die ungarische Seite besuchen könne. Obwohl das offiziell untersagt war, stimmte der ungarische Offizier zu. Ihm sei es um den Aufbau normaler Beziehungen gegangen, erinnert sich István Frankó im Gespräch mit WELT ONLINE – um eine Entkrampfung der Situation an der Grenze, an der ständig Menschen aus dem Osten zu fliehen versuchten.

https://www.welt.de/politik/article3663 ... -riss.html
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Interessierter » 19. August 2019, 08:39

Der Tag, an dem der Mauerfall begann

Vor 30 Jahren ließ Ungarn Hunderte DDR-Bürger nach Westen fliehen. Es war auch ein Test, was möglich wäre, ohne eine Intervention zu riskieren. Eine Erinnerung.

Wann hat je zuvor ein Picknick die Weltgeschichte verändert? Dass das möglich ist, darauf konnte auch im August vor 30 Jahren niemand mit Gewissheit setzen. Aber es gab Mutige, die es versuchten. Sie schufen eine "Sternstunde der Menschheit" ganz im Sinne Stefan Zweigs.

Nach außen sah es aus wie eine vorsichtige Annäherung im Geiste der Entspannungspolitik zwischen Ost und West. Der Europaabgeordnete Otto von Habsburg und der ungarische Reformsozialist Imre Pozsgay luden Bürger aus Österreich und Ungarn am Wochenende des 19. und 20.Augusts 1989 zu einem "Paneuropäischen Picknick" auf dem Grenzstreifen bei Sopron.

Offiziell ging es um Kennenlernen und Entspannung an einer Grenze, die durch mehrere hintereinander gestaffelte Stacheldrahtzäune gesichert war und an der vielerorts auf Flüchtende geschossen wurde. Zugleich war es ein Test, was unter dem noch relativ neuen Kremlherrn Michail Gorbatschow und seiner Formel von "Glasnost" und "Perestrojka" möglich war, ohne eine militärische Intervention zu riskieren – wie 1956 in Ungarn, 1968 in Prag und 1981 in Polen.

Die Grenzer schossen nicht

Zwei Tage später wusste die halbe Welt, dass der "Eiserne Vorhang" Löcher bekommen hatte. An jedem der beiden Tage nutzten hunderte DDR-Bürger das Picknick zur Flucht in den Westen. Die Grenzer ließen sie gewähren, schossen nicht. Für diese ersten Nutznießer der Gelegenheit wurde das Picknick zu einem "Spaziergang in die Freiheit".

Mehr hier:
https://www.tagesspiegel.de/politik/pan ... 17824.html
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Interessierter » 10. September 2019, 14:45

Vollgas in Richtung Freiheit-Jetzt haben sich ehemalige Flüchtlinge noch einmal auf den Weg nach Westen gemacht – in ihren alten Ost-Autos

Vor 30 Jahren öffnete Ungarn die Grenzen für DDR-Bürger. Jetzt haben sich ehemalige Flüchtlinge noch einmal auf den Weg nach Westen gemacht – in ihren alten Ost-Autos

Budapest – Noch einmal mit dem Wartburg nach Westen, noch einmal über die Grenze, die so lange unüberwindbar schien.

In Nacht zum 11. September, vor genau 30 Jahren, öffneten die Ungarn den Schlagbaum – und ein schier endloser Konvoi aus Trabis, Skodas und Ladas schob sich durch Österreich bis nach Passau. Vollgas in die Freiheit! 15 000 DDR-Bürger kamen allein in den ersten Tagen nach der Grenzöffnung.

50 von ihnen haben sich am Wochenende noch einmal auf den Weg gemacht. Über 500 Kilometer von Budapest bis Passau. Mit neuen und alten Freunden – und vor allem mit den Autos von einst.

In Ungarn werden sie gefeiert wie Wendehelden. Die Polizei sperrt die Straßen für den Ostauto-Konvoi. Auf dem Heldenplatz in Budapest werden Fotos gemacht. Volkmar Wenzel (64), der deutsche Botschafter in Budapest, fährt eine Ehrenrunde im Wartburg mit.


„Es war ein historischer Glücksfall“, sagt er, „dass die Ungarn, als sie ihre eigene Freiheit suchten, auch die Grenzen für die DDR-Bürger geöffnet haben.“

Und auch Ungarns ehemaliger Botschafter in Bonn ist gekommen. István Horváth (76) erzählt, wie er im Sommer hinter verschlossenen Türen die Grenzöffnung aushandelte, immer wieder zwischen Bonn und Budapest hin und her flog: „Wir machten Kohl und Genscher klar, dass wir die 70 000 DDR-Bürger, die inzwischen in unserem Land waren, nicht zurück schicken konnten – und wollten!“

Auf ihrer Reise in die Vergangenheit fährt der kleine Trek nicht auf direktem Weg in den Westen. Organisator Gerrit Crummenerl (46), der bei Leipzig den Ost-Autohandel "Genex" betreibt, hat Zwischenstopps im einstigen Flüchtlingslager Zànka am Balaton und an der Gedenkstätte des Paneuropäschen Picknicks eingebaut.

„Gerade mit dem zeitlichen Abstand ist uns bewusst, was die Wende für ein unbeschreibliches Glück war“, sagt er. „Und was wir alle den Ungarn zu verdanken haben.“


Kurz hinter Sopron erreichen die Ungarn-Fahrer die Grenze zu Österreich. Es ist kurz nach 19 Uhr. Schummerlicht und Regen. Und ein ergriffenes Schweigen. Vor 30 Jahren waren es jetzt noch fünf Stunden, bis sich der Schlagbaum hob.

Die Ehemaligen stoßen mit Rotkäppchen halbtrocken an. „Im September '89 gab es den Sekt erst im Westen“, sagen sie. „Aber das Gänsehaut-Gefühl ist noch immer dasselbe.“

Mit einem Video, vielen Einzelschicksalen und Fotos geht es hier weiter:
https://www.bild.de/regional/thueringen ... .bild.html
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Volker Zottmann » 10. September 2019, 16:17

Diese ganzen Ereignisse werden 30 Jahre später oft viel zu gering wertgeschätzt.
Damals war es noch nicht mal möglich, so wie ich es heute tue, mit einer österreichischen Heimatforscherin und Historikerin Kontakt zu halten. Da wäre schon sogleich die Stasi angerückt, wegen staatsfeindlicher Kontaktaufnahme.... .
Dann noch überall hinfahren zu können, sich selbst die Welt anschauen zu können, ist für mich der allergrößte Zugewinn meines Lebens.
Und dann gibt es Pappnasen, die das heute imer noch verharmlosend bestreiten.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Nostalgiker » 10. September 2019, 16:59

Volker Zottmann hat geschrieben:
Damals war es noch nicht mal möglich, so wie ich es heute tue, mit einer österreichischen Heimatforscherin und Historikerin Kontakt zu halten. Da wäre schon sogleich die Stasi angerückt, wegen staatsfeindlicher Kontaktaufnahme.... .

Gruß Volker


Du hast wirklich Wahnvorstellungen.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon augenzeuge » 10. September 2019, 19:01

Nostalgiker hat geschrieben:
Volker Zottmann hat geschrieben:
Damals war es noch nicht mal möglich, so wie ich es heute tue, mit einer österreichischen Heimatforscherin und Historikerin Kontakt zu halten. Da wäre schon sogleich die Stasi angerückt, wegen staatsfeindlicher Kontaktaufnahme.... .

Gruß Volker


Du hast wirklich Wahnvorstellungen.


Die Stasi hat sogar über Minderjährige Berichte dokumentiert, welche unpolitische internationale Kontakte zum Pen friend club hatten. [wink]
Und diese Kontakte hatten später Auswirkungen.

Aber ich weiß, das willst du gar nicht wissen. [grin]

AZ
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Nostalgiker » 10. September 2019, 19:36

Wie meistens von dir Augenzeuge, Arrogant, Herablassend, Verächtlich.
Und dabei immer die Glaskugel in der Hand um zu erkennen was ich wohl denke.
Kommst du dir nicht ein wenig albern vor?
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon augenzeuge » 10. September 2019, 21:10

Ich helfe dir doch nur darin, anders zu sein als dich andere gerne hätten. [hallo]
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Volker Zottmann » 10. September 2019, 21:12

Nostalgiker hat geschrieben:
Volker Zottmann hat geschrieben:
Damals war es noch nicht mal möglich, so wie ich es heute tue, mit einer österreichischen Heimatforscherin und Historikerin Kontakt zu halten. Da wäre schon sogleich die Stasi angerückt, wegen staatsfeindlicher Kontaktaufnahme.... .

Gruß Volker


Du hast wirklich Wahnvorstellungen.

Die hast eher Du Nostalgiker.
Meine Frau wurde als Pubertierende schon vorgeladen, nur weil sie an einem simplen Preisausschreiben eines "Feindsenders" offen per Postkarte teilnahm.
In meiner Wohnstube saß ein älterer Harzer, der bei seinem Berichten in Tränen ausbrach: Etwa 25 Jahre NACH der DDR noch. Unser User Bergmensch war mit seinem Freund bei uns zu Besuch. Er, der Peter, wurde durch die Stasi für mehr als zwei Jahre zum Polithäftling gemacht, weil er schweizer Schmalspurfreunde , welche vom Kulturbund der DDR eingeladen wurden, betreute. Gebrochen kehrte er wieder heim. Irgendwas passte diesen Verbrechern nicht, die unschuldige Menschen in ihrem Wahn zu Kriminellen machten.

Aber ich habe Wahnvorstellungen? Ich bekomme höchstens das Kotzen, wenn ich Deine Kommentare lese.

Volker
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon augenzeuge » 11. Juni 2020, 09:22

DDR-Flüchtlinge erzählen: "Wussten nicht, ob wir eine Chance haben"

Der damals 16-Jährige war erst wenige Stunden nach seiner Flucht von Ungarn über Österreich in der bayerischen Grenzschutzkaserne, da grüßte ihn ein Soldat im Vorbeigehen. „Dieser entspannte Umgang von einem Uniformierten war für mich vorher undenkbar. Es machte mir klar, dass wir in einem anderen Gesellschaftssystem angekommen sind, das frei und offen miteinander umgeht. Anders erlebte er seine Jugend in der DDR, wo man vor Männern in Uniform „sonst was zu befürchten hatte“. “


Nach zirka 14 Stunden Fahrt war die größte Gefahr überstanden. Am Budapester Bahnhof fragten Schwarztaxifahrer alle Aussteigenden, ob sie nach Österreich wollen. „Heute würde man sie Schlepper nennen“. Sie nahmen ihnen das Geld ab – „dann fuhr uns einer in einem Henkerstempo nach Nickelsdorf. Ich war mir nicht sicher, ob wir lebend ankommen “.


In Budapest fanden sich immer mehr zusammen, die in die Freiheit wollten. „Wir waren sicher: Die Stasi kann uns nicht alle an Haaren und Händen zurückschleppen.“


Die ungarischen Grenzer ließen sie passieren, von den Österreichern gab es eine dreitägige Aufenthaltserlaubnis, wie sie später bemerkten. Lange hielten sie sich ohnehin nicht auf. Vor der Rot-Kreuz-Station im Burgenland stand ein Reisebus, der in die BRD fuhr. Von Bayern ging es für Mutter und Sohn zur Verwandtschaft gen Norden.

Nach dem Mauerfall zog Stiehler wieder nach Dresden, wo sich wie in vielen Städten eine alternative Szene entwickelte. „Es entstanden neue Räume, alles wurde hinterfragt, jeder konnte für sich entscheiden, welchen Weg er gehen will“, sagt der 46-Jährige, der heute als Gründer und Grafikdesigner in Hamburg lebt und arbeitet.


https://kurier.at/politik/ausland/ddr-f ... /400530247

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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon Interessierter » 28. November 2020, 12:45

1986 beim Fluchtversuch erstickt

Carola Jordanow

Gemeinsam mit ihrer Freundin Diana K. versuchte die 20-jährige Carola Jordanow am 15. August 1986 über die ungarische Grenze nach Österreich zu flüchten. Der Fluchtversuch scheiterte, Carola Jordanow erstickte im Transportcontainer eines niederländischen Lastzuges.


Bild
Bildquelle: BStU

geboren am 12. Oktober 1965
bei Fluchtversuch erstickt am 15. August 1986
Ort des Zwischenfalls: Ungarn, Grenzgebiet bei Hegyeshalom


Die beiden Kindergärtnerinnen aus Erfurt Carola Jordanow und Diana K. verbrachten ihren Sommerurlaub an der rumänischen Schwarzmeerküste. Am 12. August 1986 reisten sie über den Grenzübergang Nagylak nach Ungarn ein und fuhren mit dem Zug von Szeged nach Budapest, wo sie in einem Privatquartier unterkamen. Am Abend des 14. August besuchten die beiden Freundinnen das Cafe des Hotels „Wien“ in Budapest. Dort kamen sie mit dem westdeutschen Lastkraftwagenfahrer Norbert K. aus Lübeck ins Gespräch. Sie fragten ihn, ob er sie nicht in seinem Lastwagen verstecken und über die österreichische Grenze mitnehmen könne. Das erschien Norbert K. wegen der üblichen Grenzkontrollen seines Fahrzeugs zu riskant. Er lehnte die Fluchthilfe ab, bot aber an, die beiden jungen Frauen mit dem holländischen Fernlastfahrer Andre A. bekannt zu machen, der mit seinem Containertransporter die Grenze passieren würde.

Andre A. erklärte sich bereit, die beiden in einem der drei Container seines Lastzuges zu verstecken, falls nicht doch noch kurzfristig eine Zuladung erfolgen würde. Diese erfolgte dann aber doch am Vormittag des 15. August. Die Container erhielten für die Rückreise eine Auffüllung mit etwa 60 Grad heißem Fett. Andre A. traf am frühen Nachmittag, wie verabredet, die beiden jungen Erfurterinnen auf dem Parkplatz des Hotels „Wien“ und erklärte ihnen, er könne sie wegen der Zuladung nun doch nicht in einem Container verstecken. Carola Jordanow und ihre 19-jährige Freundin Diana K. flehten ihn an, sie doch mitzunehmen.

Andre A. ließ sich erweichen und nahm die Frauen im Führerhaus des Lastkraftwagens bis etwa einen Kilometer vor die Grenzübergangsstelle Hegyeshalom mit. Dort hielt er auf einem Parkplatz an, stellte eine Leiter an den mittleren Container und öffnete dessen Deckel, ohne die Zollplombe zu beschädigen. Dann schob er die Leiter in den mit 900 Litern ca. 60 Zentimeter hoch gefüllten Container. Die beiden Freundinnen kletterten hinein und setzten sich auf die Leiter. Andre A. ließ den Containerdeckel offen und fuhr bis auf etwa 500 Meter an den Grenzübergang heran. Dann stoppte er nochmals und verschloss den Container. Kurz vor der Grenze hielt er erneut an und fragte die beiden Frauen durch die Containerwand, wie es ihnen gehe. Sie antworteten „schlecht“ und klagten über Luftmangel.

Andre A. wendete daraufhin seinen Lastzug und fuhr zu einer etwa 600 Meter entfernten Tankstelle zurück. Als er dort die Containerluke öffnete, war Carola Jordanow bereits erstickt. Diana K. kam in lebensbedrohlichem Zustand in ein Krankenhaus des Verwaltungsbezirks Györ. Nach ihrer Genesung lieferte sie die ungarische Staatssicherheit in die Haftanstalt Györ ein. Dort saßen bereits Andre A. und der deutsche Fernfahrer Norbert K. ein. Alle drei brachte man am 29. August 1986 in die Haftanstalt Budapest. Die Leiche von Carola Jordanow blieb zur Obduktion in Györ.

https://www.fu-berlin.de/sites/fsed/Das ... index.html

Auch hier nahmen die Flüchtlinge große Risiken auf sich, nur um dieser SED - Diktatur zu entkommen.
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Re: Flucht über die ungarische Grenze

Beitragvon augenzeuge » 22. April 2023, 16:17

Wehe sie kommen in Massen...... [shocked]

AZ
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