Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Wie sieht es heute an der ehemaligen innerdeutschen Grenze aus?

Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon augenzeuge » 24. Februar 2013, 14:44

An folgenden Fällen erkennt man, dass sie nicht auf das Fehlverhalten einzelner zurückzuführen sind, sie waren System. Alle Fälle ereigneten sich in der Entspannungsphase Mitte der 80er Jahre......an der Berliner Mauer, unweit von Krankenhäusern.

Die Opfer:
1.Silvio Proksch, 21, erschossen am 25.12.1983
2.Michael Schmidt, 20, erschossen am 1.12.1984
3.Michael Bittner, 25, erschossen am 24.11.1986

zu 1.:
In einem medizinischen Gutachten des Franziskus-Krankenhauses aus dem Jahr 1992 heißt es: "Man kann nur soviel mit Sicherheit sagen: Wäre der angeschossene junge Mann unverzüglich in ein normales Krankenhaus mit einer normal ausgebildeten Anästhesie und Chirurgie eingeliefert worden, so hätte die Ligatur von Arterie und Vene im Zusammenhang mit dem fachgerechten Blutersatz ihm höchstwahrscheinlich das Leben gerettet."

Auf eine 3 Tage nach seinem Tod gestellte Vermisstenanzeige reagierte das MfS erst am 20.1.1984! Nach bis zu 10-stündigen Verhören leugnen die Stasi-Mitarbeiter immer noch einen Fluchtversuch, es gäbe weder einen Toten noch einen Verletzten.....
Erst im August 1990 erfahren die Angehörigen nach zahlreichen Anzeigen und Eingaben auch offiziell vom DDR-Militärstaatsanwalt, was am 25. Dezember 1983 tatsächlich geschehen ist. Die Leiche bleibt unauffindbar.

Ergänzung:
Bruder Gino Proksch protestierte schriftlich bei Honecker und teilte ihm mit, aufgrund der Vorfälle werde er nicht zur nächsten Wahl gehen. Die Antwort kam postwendend: Er wurde bei der Generalstaatsanwaltschaft vorgeladen, eine Vernehmerin drohte mit Anklage wegen staatsfeindlicher Hetze und log, Silvio Proksch habe die DDR verlassen und sei vielleicht schon in Kanada oder Australien.

Antwort von Gino Proksch: "Soll ich Ihnen mal sagen, auf welchem Wege Silvio die DDR verlassen hat? Durch den Schornstein des Krematoriums vom Baumschulenweg."

zu 2:
Obwohl Michael Schmidt nach der Verletzung um Hilfe fleht, wird er lediglich zugedeckt. 5 Grenzer leisten keine Hilfe! Es vergeht fast eine Stunde bis zur medizinischen Erstversorgung. Er stirbt kurzzeitig danach.

"Bei einem "raschen Transport in eine Klinik und sofort eingeleiteten chirurgischen Hilfsmaßnahmen" hätte sein Leben nach einem 1991 gefertigten Gutachten der Universitätsklinik Berlin-Steglitz "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" gerettet werden können."

Am Folgetag geht der Vater des Opfers zur VP. Die Volkspolizei nimmt erst nach drei Tagen eine Vermisstenanzeige entgegen und startet zum Schein sogar eine Suchaktion. Fast 4 Tage lang werden die Eltern von der Staatssicherheit hingehalten, bis sie die halbe Wahrheit erfahren. Ihr Sohn wurde angeblich in Notwehr erschossen. Eine Lüge.
Fortan wurde Vater Schmidt schikaniert. "Jedem Gerücht" müsse er entgegentreten, befahl die Stasi, falls in den West-Medien Berichte erschienen, könne dem anderen "Sohn Roland das Studium unmöglich gemacht werden".

Begraben wird Michael Schmidt am 10. Dezember 1984 unter Aufsicht der Staatssicherheit auf dem Friedhof in Schwanebeck. Außer seinen Angehörigen und engen Freunden sind auch seine Arbeitskollegen beinahe vollzählig erschienen. Das MfS, selbst verkleidet als Trauergäste, empfindet dies als Provokation und lässt sie maßregeln.

zu3.:
Nach der Schussverletzung in den Rücken kann umgehend noch sein Tod festgestellt werden. Nach der Obduktion in Bad Saarow wird die Leiche vom MfS abgeholt.
Um den Angehörigen sein spurloses Verschwinden erklärlich zu machen und sie zugleich einzuschüchtern, erfindet man bei der Staatssicherheit eine Verbindung Michael Bittners zu einer "kriminellen Menschenhändlerbande", die ihn angeblich am 26. November 1986 "auf bisher unbekannte Weise aus der DDR ausgeschleust" haben soll. Man leitet sogar ein fingiertes Ermittlungsverfahren gegen den Erschossenen ein und erlässt am 4. Dezember 1986 gegen ihn Haftbefehl wegen "landesverräterischer Agententätigkeit" und "ungesetzlichen Grenzübertritts". In der Meldekartei in Berlin-Pankow lässt die Staatssicherheit eintragen, dass Michael Bittner am 9. Dezember 1986 in die Bundesrepublik ausgereist sei.

Erst 1990 erfährt die Mutter die Wahrheit. Doch auch nach dem Abschluss der strafrechtlichen Aufarbeitung findet die Mutter von Michael Bittner keinen Frieden: Der Leichnam ihres Sohnes bleibt verschwunden.

Eig. Anmerkung: Warum sagte keiner der MfS-Verantwortlichen, was mit den beiden Leichen passierte? Ist die Wahrheit so schlimm?

AZ

PS. Ergänzung oben hinzugefügt....
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 24. Februar 2013, 15:31

Alle 3 Fälle gehörten zu den Hauptanklagepunkten gegen das Politbüro wegen der Schüsse an der Grenze.

Vielleicht noch die folgenden Anmerkungen dazu.

Im Fall Silvio Proksch half alles Lügen der Stasi nichts. Silvio hatte die Flucht nicht aleine versucht sondern gemensam mit seinem Bruder Carlo. Carlo war aber zunächst hinter der Hinterlandmauer zurück geblieben. Dort wurde er Ohrenzeuge, wie Silvio beim Überwinden des Signalzaunes Alarm auslöste, wie man ihn anrief, stehen zu bleiben und wie man dann auf ihn von mehreren Seiten schoß. Dann war alles still und Carlo lief so schnell er konnte zu seinem Bruder Gino, der damals in unmittelbarer Nähe des Tatortes, nämlich in der Wolankstraße wohnte. So wau die Familie über alles im Bilde, was geschehen war.

Carlo wurde dann später von der Stasi unter einen Vorwand inhaftert und er blieb 2 Jahre in Haft. Nach seiner Entlassung wurde er gezwungen, Berlin zu verlassen; er durfte die Stadt fortan nicht mehr betreten. Carlo ist mit der nervlichen Belastung nie fertig geworden. Er lebt heute zurückgezogen und dem Alkohol zugewandt von Sozialhilfe. Sein Bruder Gino lebt bis heute in Berlin und arbeitet als Gebäudereiniger.

Michael-Horst Schmidt wurde am Boden liegend von einem Soldaten mit den Füßen an der Schulter angestossen um zu sehen, ob er noch lebt, nachdem er mit der Leiter rückwärts umgefallen war am letzten Sperrelement, als ihn die Schüsse trafen. Dann zog man ihn an den Füssen bis zu einem in der Nähe befindlichen Beobachtungsturm, wo man ihn auf den Boden ablegte. Später verfrachtete man den um Hilfe flehenden Michael Schmidt in einen Trabi-Kübelwagen, wo der in halb sitzender halb liegender Stellung 45 Min auf der Rücksitzbank verbringen musste, bis der Krankenwagen des Regiments eintraf.

Imgard Bittner, Michaels Mutter spielte man besonders perfiede mit: Beim Protokollieren des Tatherganges durch die Grenztruppen unterlief dem Protokollanten ein Fehler: Er schrieb den Namen falsch, nämlich "Sittner" statt "Bittner". Dies nutzte man aus um der Mutter zu sagen, es handle sich wohl um eine Verwechlung; ihr Sohn sei nicht an der Grenze getötet worden; vielmehr befinde sich Michael bereits im Ausland. Mutmasslich lebe er in Kanada. Irmgard Bittner machte sich daraufhin immer noch Hoffnungen, dass ihr Sohn vielleicht doch noch lebt. Erst nach der Wende erfuhr sie die Wahrheit, was wirklich mit ihren Sohn passiert war damals, nachdem von den nunmehr zuständigen Westbehörden entsprechende Ermittlungen aufgenommen worden waren. Dabei kam heraus, dass Michael im Norden Berlins in der Nähe der Nohlstraße mit einer Leiter es schon bis an das letzte Sperrelement geschafft hatte, als er unter Feuer genommen wurde. Bitte nicht schießen, lassen Sie mich doch rüber" soll er den Grenzsoldaten noch zugerufen haben, als er bereits die Mauerkrone ereicht hatte......
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Bergmensch » 25. Februar 2013, 00:13

Nur ein Wort dazu.

Verbrecherbande.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 25. Februar 2013, 00:37

Ja das alles ist furchtbar. Vor allem wenn man das so nüchtern als aneinander gereihte Fakten liest, dann kommt einem das kalte Grausen. Man kann sich wirklich nicht vorstellen, wie die damals mit den Opfern gleichaltrigen Grenzer einfach so auf die Menschen schiessen konnten. Wenn ich da getstanden hätte, wie z.B. im Fall Michael Bittner, der schon auf der Mauerkrone war und mich angesprochen hätte, nicht zu schiessen und ihn doch gehen zu lassen..... ich hätte meine Kaschi weggeworfen glaube ich.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Edelknabe » 25. Februar 2013, 06:08

Hätte inel, hätte ich die Kalaschnikow weggeschmissen? Hätte der Hund nicht geschissen, so hätte er wohl den Hasen bekommen....so war doch das Sprichwort?

Und Bergmensch, genau die Verbrecherbande, worin Du mal Genosse warst? Und das erst nach deiner Wehrdienstzeit? Wie hattest du mal so schön hier in einem Text sinngemäß geschrieben"Bei der NVA, bei dieser Panzertruppe habe ich die DDR hassen gelernt."

Komisch, und dann gings in die Partei? Das muss erstmal Einer gut nachvollziehen können Lokführer. Besser, du liest ab und an deine alten Texte nochmal durch.

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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Volker Zottmann » 25. Februar 2013, 11:01

@Rainer, Du solltest sachlich bleiben! (OT, aber hier als Antwort)

Hat nicht fast jeder in der DDR versucht sein Glück innerhalb seiner Familie zu finden? Die Meisten wollten aber weitgehend ehrlich bleiben und beruflich vorwärts kommen. Nur dadurch kam es zum "Mitlaufen", sicher sehr oft mit Berechnung.
Es hatten ja nicht alle Bürger das zweifelhafte Glück, komplette Gartenlauben zusammen zu klauen oder mit ihrer Jugendgang in Leipzig "organisiert" Kaufhäuser regelmäßig zu plündern. Es war reines Glück, dafür nicht wegen bandenmäßigem Diebstahl in Torgau oder Bautzen zu landen.
Ich würde wirklich interessieren, wie Du heute reden würdest, wenn sie Dich dafür Jahre weggesperrt hätten.

Gruß Volker
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Edelknabe » 25. Februar 2013, 11:52

Wir sind zwar voll OT aber ich bin sachlich Volker. Besser formuliert, ich beklage mich nicht im Nachhinein über die DDR. Übrigens, Bergmensch hatte als Genosse und Lokführer damals auch nichts auszustehen(so denke ich einmal). Es macht also schon einen Unterschied, ob der Staat DDR mich damals für irgendwelche Vergehen(siehe Volkseigentum) zur Rechenschaft gezogen hatte und ich beschwere mich heute darüber , betitele ihn somit als Verbrecherstaat bzw. Bande oder siehe uns Bergmensch im Anfangstext gerade.

Rainer-Maria nicht heute mosern aber damals fast Null Probleme
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Zicke » 25. Februar 2013, 12:10

Volker Zottmann hat geschrieben:Die Meisten wollten aber weitgehend ehrlich bleiben und beruflich vorwärts kommen. Nur dadurch kam es zum "Mitlaufen", sicher sehr oft mit Berechnung.


Und diese Mitläufer waren nicht besser wie die FHG, denn diese Mitläufer haben doch mit ihrer Mitgliedschaft die Gestze zum "Schutz der Staatsgrenze" mitbeschlossen bzw getragen.
Und solche Mitläufer haben auch 1933 das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte mit eingeläutet.
Menschen, die keinen Arsch in der Hose haben, müssen nicht zwangsläufig schlank sein.

Meine Rechtschreibfehler könnt Ihr Samstags ab 17 Uhr bei Rewe gegen eine lecker Senfgurke tauschen.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Interessierter » 25. Februar 2013, 12:48

Na Zicke, mit dieser Bemerkung packst Du aber ein heißes Eisen an, nämlich die Frage: Wo fing das " Mitläufertum " in der DDR eigentlich an und wo wurde die Passivität und das " sich eingerichtet haben " zur ungewollten Unterstützung?

Ist eine derartige Diskussion eigentlich sinnvoll ? Willst Du Leuten, die studieren wollten oder in ihrem Beruf weiterkommen wollten und dafür SED - Mitglied wurden eine Schuldzuweisung machen?

Wie soll denn das eigentlich gehen, wenn man schon Angehörigen der Grenztruppen, die Menschen erschossen, bestimmten Mitarbeitern des MfS, die Bürger psychisch und beruflich ruinierten und selbst Verrätern bei den FHG jegliche Schuld abspricht?

" Der Interessierte "
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Thunderhorse » 25. Februar 2013, 13:32

inel hat geschrieben:Ja das alles ist furchtbar. Vor allem wenn man das so nüchtern als aneinander gereihte Fakten liest, dann kommt einem das kalte Grausen. Man kann sich wirklich nicht vorstellen, wie die damals mit den Opfern gleichaltrigen Grenzer einfach so auf die Menschen schiessen konnten. Wenn ich da getstanden hätte, wie z.B. im Fall Michael Bittner, der schon auf der Mauerkrone war und mich angesprochen hätte, nicht zu schiessen und ihn doch gehen zu lassen..... ich hätte meine Kaschi weggeworfen glaube ich.


Hätte, wäre, wenn, etc.,
Alles Spekulativ.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Nov65 » 25. Februar 2013, 13:48

Man kann sogar dabei gewesen sein. Wegrennen ging ja kaum.
Dennoch: Wer ein Gewissen und Anstand besitzt, senkt heute beschämt das Haupt.
Nur darum geht`s heute.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Nov65 » 25. Februar 2013, 13:50

Hi Uwe, meinst Du das wirklich so?
Uwe hat geschrieben:
"Aber natürlich gibt es kein Gesetz, dass einem früheren Bandenmitglied die Bezeichnung Verbrecherbande verbietet."


Jetzt wird es heikel.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon karnak » 25. Februar 2013, 14:13

Nov65 hat geschrieben:Dennoch: Wer ein Gewissen und Anstand besitzt, senkt heute beschämt das Haupt.
Nur darum geht`s heute.
Andreas

Damit triffst Du es wohl am Ehesten.Zumindest sollte man sich heute überwinden können zu sagen,ich bin nicht unbedingt stolz darauf,aber ich wusste es damals nicht besser,es war einfach falsch,wie ich heute weiß.Das sollte die Grundlage sein,wenn man über die Geschichte diskutiert.Dann gibt es vielleicht auch mal die Chance,dass man sagen kann,es ist vom Tisch,wir wissen jetzt was wir von der Sache und von uns zu halten haben.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 25. Februar 2013, 14:32

Noch eine Korrektur zu dem Text von Augenzeuge:

Michael Schmidt wurde nicht in Schwanebeck beerdigt. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof "Pankow XII" in Berlin-Buch neben den heutigen Helios-Kliniken, an jener Stelle, wo er im Dezember 1984 unter Aufsicht der Stasi auch beerdigt wurde. Es wird bis heute von seinen Angehörigen gepflegt:

IMG-20121101-00107-1.jpg


IMG-20121101-00108-1.jpg
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 25. Februar 2013, 14:46

karnak hat geschrieben:
Nov65 hat geschrieben:Dennoch: Wer ein Gewissen und Anstand besitzt, senkt heute beschämt das Haupt.
Nur darum geht`s heute.
Andreas

Damit triffst Du es wohl am Ehesten.Zumindest sollte man sich heute überwinden können zu sagen,ich bin nicht unbedingt stolz darauf,aber ich wusste es damals nicht besser,es war einfach falsch,wie ich heute weiß.Das sollte die Grundlage sein,wenn man über die Geschichte diskutiert.Dann gibt es vielleicht auch mal die Chance,dass man sagen kann,es ist vom Tisch,wir wissen jetzt was wir von der Sache und von uns zu halten haben.


Na vom Tisch sein wird es wohl nie.
Aber es könnte dazu beitragen, die Täter und die Angehörigen der Opfer zumindest etwas miteinander zu befrieden. Die Fälle, in denen sich einer der Täter bei den Angehörigen eines Opfers entschuldigt hat oder es zumindest versucht hat, Worte des Bedauerns in diese Richtung zu sprechen, kann man an einer Hand abzählen......., was zum "Verständnis" seitens der Täter so einiges sagt, wie ich finde.
inel
 

Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Nov65 » 25. Februar 2013, 14:47

karnak hat geschrieben:
Nov65 hat geschrieben:Dennoch: Wer ein Gewissen und Anstand besitzt, senkt heute beschämt das Haupt.
Nur darum geht`s heute.
Andreas

Damit triffst Du es wohl am Ehesten.Zumindest sollte man sich heute überwinden können zu sagen,ich bin nicht unbedingt stolz darauf,aber ich wusste es damals nicht besser,es war einfach falsch,wie ich heute weiß.Das sollte die Grundlage sein,wenn man über die Geschichte diskutiert.Dann gibt es vielleicht auch mal die Chance,dass man sagen kann,es ist vom Tisch,wir wissen jetzt was wir von der Sache und von uns zu halten haben.



Hi @Kanak, genau so sehe ich das. Deshalb bin ich mit der Zuweisung von @Inel zu einer Verbrecherbande durch Uwe nicht einverstanden. Ich war kein SED-Genosse, weiß auch, dass viele Mitglieder aus den unterschiedlichsten Gründen dabei waren. Selbst wenn es aus Überzeugung war, sie aber die schlimmen Machenschaften gar nicht kannten, sind sie in meinen Augen keine Banditen.
@Inel war Genosse, sicher nicht an vorderer Stelle und längst nicht eingeweiht in parteistrategische oder sicherheitspolitische Belange. Da darf er heute schon eine vernichtende Meinung über die Vertuschungspraktiken von MfS und GT bei solchen Grenzvorkommen haben. Uwe findet das bestimmt selbst abscheulich. Warum vereinnahmt er @Inel und sich auch noch in die Verbrecherbande? Das kann ich nicht akzeptieren.
Jeder von uns, egal in welchem Beruf, hat sich tausendmal gefragt, ob er sich gegen dieses und jenes hätte wehren sollen.Angesichts drückender Übermacht hat jeder von uns die Deckung gesucht und seinen Widerstand flach gehalten.
Sei grüßt von Andreas
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 25. Februar 2013, 14:52

Ähm.....Verzeihung....ich war kein Genosse.......wirklich nicht.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 25. Februar 2013, 15:11

ABV hat geschrieben:Andreas, ich hatte nicht Inel gemeint! Mein Posting bezog sich darauf, dass @Bergmensch die SED eine " Verbrecherbande" genannt hat. Woran durchaus nichts zu beanstanden ist. Aber wenn jemand selbst Mitglied eben dieser SED, der " Verbrecherbande" war, dann war er auch logischerweise Mitglied einer Verbrecherbande. Zumindest nach eigener Aussage. Ich wollte damit nichts anderes ausdrücken, als dass man sich mit so mancher Aussage, so manche Frage gefallen lassen muss. Nicht mehr und nicht weniger.
Ich habe mich ja öfter mit @Inel in " den Flicken". Was er sicher auch bestätigen kann [wink] - Das hatte aber jetzt überhaupt nichts mit ihm zu tun.

Gruß Uwe


Jop, so hatte ich es auch verstanden, d.h. ich fühlte mich nicht angesprochen.

Du siehst die Problematik mit der SED aber aus einen falschen Blickwinkel, wie ich meine:

Es ist richtig, das das gesaamte Grenzregime wie auch alles andere seinerzeit von der allwissenden und allmächtigen SED "verbrochen" worden ist. Tätig in diesem Sinne waren dort aber nur diejenigen, die auch "was zu sagen" hatten. also vom Politbüro abwärts bis zum Bezirkssekretär vielleicht. Jetzt kann man den einfachen Mitgliedern vielleicht unterstellen, dass sie mit ihrer Mitgliedschaft dieses verbrecherische Tun der Handelnden der SED mit zu verantworten haben. Wer aber etwas mit zu verantworten hat, der muss auch die Möglichkeit gehabt haben, durch eigenes Zutun zu gestalten und zu verändern. Und genau das haben die normalen SED-Mitglieder doch gar nicht gehabt. Du selbst hast hier gesagt aus deinem Berufsfeld, dass man von SED-Sekretär übelst abgebügelt wurdem, wenn man sich noch 1989 als Polizeioffizier über die schlechten Zustände beschwerte.

Was die Stasi angeing, da sah das nun schon wieder etwas anders aus: Da gab es keine "einfachen Mitglieder" die ansonsten passiv waren sondern alle dort Tätgigen waren Handelnde, sie waren die Vollstrecker der Handelnden der SED. Gleiches betrifft die anderen Organe des damaligen Staates, weswegen man hier eher fragen kann: Was hast Du dir eigentlich dabei gedacht" (meine Lieblingsfrage, zugegebenermassen). Auch das Wort "Verbrecherbande" lässt sich in Bezug auf diese "Behörden" und den dort Tätigen besser formulieren und begründen als gegenüber den einfachen SED-Mitgliedern, sofern es bei dieser ansonsten passiven Parteimitgliedschaft blieb.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Nov65 » 25. Februar 2013, 15:25

Hallo @Inel, pardon das mit dem Parteimitglied. Du könntest natürlich noch Beiträge nachzahlen und schwupp bist Du drin.
Aber so richtig Karriere machen ist mit diesem Parteibuch, selbst wenn es die Wandlungen über PDS und die LINKEN mitmachte, heute nicht möglich.

Hallo Uwe, mein Irrtum entsprang einem Flüchtigkeitsfehler. Pardon..
Ich habe in der Threaderöffnung nichts davon gelesen, dass die SED die Vertuschungsschweinereien vollzogen hat. Demnach war der Aufschrei von @Bergmensch wohl eher dem MfS und den GT gewidmet und nicht der SED, der er auch angehörte. Warum nimmst Du ihn also in Personalhaft mit der Verbrecherbande? Deine erste Antwort ist, wie ich finde, nicht schlüssig.
Wir sollten schon unterscheiden, wer Schweinereien verübte und wer nur zu einer großen Berufs/Personengruppe gehörte.Den Kopf kann man dennoch vor Scham senken.
Gruß, Andreas
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 25. Februar 2013, 15:26

Nein Nein, schon klar.....die die da entscheidungsmäßig am Hebel waren, die würde ich auch als eine "Verbrecherbande" bezeichnen.

Man kann das Beispiel doch auch gut auf unsere heutige Situation beziehen: Sagen wir mal, der Bundestag beschließt ein Gesetz, das weiten Teilen der Bevölkerung nicht gefällt. Zustande kam das Gesetz mit den Stimmen der Regierungskoalition. Nun wird man doch wohl schwerlich jedes einfache Mitglied der CDU, CSU oder der FDP für dieses Gesetz verantwortlich machen können.......
Zuletzt geändert von inel am 25. Februar 2013, 15:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 25. Februar 2013, 15:34

von @nov65: "Hallo @Inel, pardon das mit dem Parteimitglied. Du könntest natürlich noch Beiträge nachzahlen und schwupp bist Du drin.
Aber so richtig Karriere machen ist mit diesem Parteibuch, selbst wenn es die Wandlungen über PDS und die LINKEN mitmachte, heute nicht möglich."

Na kein Ding, @nov65, ich hatte es ja von Anfang an richtig verstanden.

Tja eine Parteikarriere bei der SED.....ich...........

das würde mich jetzt so ganz spontan an eine gezeichnete Szenerie aus "Loriots Großer Ratgeber" erinnern: Ein nicht mehr ganz taufrisches Ehepaar geht im Zoo spazieren. Bei den Nielpferden fällt die Ehefrau ins Bassin und wird sogleich von einem Tier aufgefressen. Der Ehemann sieht grinsend zu. Dann nach kurzer zeit spruckt das Nielpferd die Alte wieder aus mit der Bemerkung "Bah"......unter der sehr besorgt bis entsetzten Mine des Ehemanns....
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon karnak » 25. Februar 2013, 16:04

inel hat geschrieben:
Was die Stasi angeing, da sah das nun schon wieder etwas anders aus: Da gab es keine "einfachen Mitglieder" die ansonsten passiv waren sondern alle dort Tätgigen waren Handelnde, sie waren die Vollstrecker der Handelnden der SED. Gleiches betrifft die anderen Organe des damaligen Staates, weswegen man hier eher fragen kann: Was hast Du dir eigentlich dabei gedacht" (meine Lieblingsfrage, zugegebenermassen). Auch das Wort "Verbrecherbande" lässt sich in Bezug auf diese "Behörden" und den dort Tätigen besser formulieren und begründen als gegenüber den einfachen SED-Mitgliedern, sofern es bei dieser ansonsten passiven Parteimitgliedschaft blieb.

Das Problem was sich da für mich natürlich auftut,ist folgendes:Was erwartetest Du von Menschen die sich faktisch in einem Beamtenstatus befinden,von Denen der Staat Loyalität verlangt?Widerstand, wenn er der Meinung ist ,dass das von Ihm Verlangte Unrecht ist?Wenn er in der konkret historischen Situation überhaupt in der Lage ist das zu erkennen.Ist das nicht ein bisschen viel verlangt?Und würde das wirklich so praktiziert,würde dann ein Staatswesen überhaupt funktionieren?
Vergleiche hinken immer,aber stelle Dir vor, ein Polizeibeamter denkt politisch grün,ist vielleicht sogar Mitglied der entsprechenden Partei und wird zum Einsatz bei einem Castortransport oder zu Stuttgart 21 bestellt.Und er kommt dort in die Situation Demonstranten verprügeln zu müssen,was man von Ihm erwartet,was wird er tun?Oder Ein Beamter,der in einer Behörde arbeitet in der über Abschiebung entschieden wird und er hat einen Härtefall durchzusetzen weil es die Rechtslage nun mal so vorsieht.
Auch das ist wieder keine Rechtfertigung von,in der DDR ohne Frage begangenem Unrecht ,die Beispiele sollen nur zu einem allumfassenden Verstehen beitragen.Das solche Dinge durchaus auch komplizierter,vielschichtiger sein können und das sollte man in seine Denke zumindest mit einbeziehen.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 25. Februar 2013, 16:06

...und um jetzt den Brückenschlag zurück zum Thema zu machen:

Man kann daher auch sicher nicht jedem x-beliebigen Parteimitglied der SED den Umgang der Behörden und Organe mit den Hinterbliebenen von Grenzopfern vorwerfen. Bei einem 1.Sekretär auf Bezirksebene würde ich das allerdings schon ganz anders sehen, denn die waren in diesen Fällen immer an vorderster Front involviert, vor allem was das Lügen und Betrügen über die Tat und deren Umstände anging.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 25. Februar 2013, 16:20

karnak hat geschrieben:
inel hat geschrieben:
Was die Stasi angeing, da sah das nun schon wieder etwas anders aus: Da gab es keine "einfachen Mitglieder" die ansonsten passiv waren sondern alle dort Tätgigen waren Handelnde, sie waren die Vollstrecker der Handelnden der SED. Gleiches betrifft die anderen Organe des damaligen Staates, weswegen man hier eher fragen kann: Was hast Du dir eigentlich dabei gedacht" (meine Lieblingsfrage, zugegebenermassen). Auch das Wort "Verbrecherbande" lässt sich in Bezug auf diese "Behörden" und den dort Tätigen besser formulieren und begründen als gegenüber den einfachen SED-Mitgliedern, sofern es bei dieser ansonsten passiven Parteimitgliedschaft blieb.

Das Problem was sich da für mich natürlich auftut,ist folgendes:Was erwartetest Du von Menschen die sich faktisch in einem Beamtenstatus befinden,von Denen der Staat Loyalität verlangt?Widerstand, wenn er der Meinung ist ,dass das von Ihm Verlangte Unrecht ist?Wenn er in der konkret historischen Situation überhaupt in der Lage ist das zu erkennen.Ist das nicht ein bisschen viel verlangt?Und würde das wirklich so praktiziert,würde dann ein Staatswesen überhaupt funktionieren?
Vergleiche hinken immer,aber stelle Dir vor, ein Polizeibeamter denkt politisch grün,ist vielleicht sogar Mitglied der entsprechenden Partei und wird zum Einsatz bei einem Castortransport oder zu Stuttgart 21 bestellt.Und er kommt dort in die Situation Demonstranten verprügeln zu müssen,was man von Ihm erwartet,was wird er tun?Oder Ein Beamter,der in einer Behörde arbeitet in der über Abschiebung entschieden wird und er hat einen Härtefall durchzusetzen weil es die Rechtslage nun mal so vorsieht.
Auch das ist wieder keine Rechtfertigung von,in der DDR ohne Frage begangenem Unrecht ,die Beispiele sollen nur zu einem allumfassenden Verstehen beitragen.Das solche Dinge durchaus auch komplizierter,vielschichtiger sein können und das sollte man in seine Denke zumindest mit einbeziehen.


Ja Karnak, da gebe ich Dir insoweit auch recht. Man kann das nicht so generell sagen ohne sich in einen oder anderen Fall die Dinge etwas näher anzusehen. Was ich meine ist: Man muß die PKE´s z.B. anders bewerten, als etwa die Vernehmer, um mal ein Beispiel zu nennen.

Du hast vor einigen Tasgen hier etwas geschrieben, was das noch sehr verdeutlicht hat: Dir wird das so nicht aufgefallen sein, aber was Du da sagtest ließ "tief blicken" wie man so sagt:

Es ging um den Kontrollpunkt Dreilinden, auf dem Du gearbeitet hast. Es hatte darüber hier jemand ein Video eingestellt und Du bemerktest dann so in etwa wörtlich "Ja, das war mein alter Chef und ich weis noch wie ich damals als 21-jähriger dort angefangen hatte und man mir die Einrichtungen des Kontrollpunktes zeigte".

Uuups dachte ich so, ja das kann man sich jetzt aber so ganz lebendig vorstellen: Ein 21-jähriger junger Kerl dem man da zeigt, wie dort geschaltet und gewaltet wird, dem man vlt an einen Beispiel die Fahnung erklärt und wie das alles mit einem Knopfdruck funktioniert, ob nun die Abriegelung mit dem Fiffi oder die Kommunikation mit anderen bis hin zu allerhöchsten Stellen.

Dass sowas einen jungen Burschen beeindruckt und der da "mitmachen" will.....zumal man ihm vielleicht noch das Gefühl gibt, hier wirst Du gebraucht, hier kannst du richtig was bewirken für dein Land....für den Frieden....., das ist absolut nachvollziehbar.

Im Ergebnis würde ich sagen: Man kann sich so gut vorstellen, dass Du dich dann mit einer gewissen Begeisterung zur Mitarbeit dort entschlossen hattest. Und als Du dann vielleicht später erfuhrst, was es sonst noch so alles gab bei "der Firma", da warst Du schon jahrelang dort tätig und es war zu spät zum Aussteigen (wenn man sich nicht auch noch selbst belogen hatte..).
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon karnak » 25. Februar 2013, 16:33

inel hat geschrieben:
karnak hat geschrieben:
inel hat geschrieben:
Was die Stasi angeing, da sah das nun schon wieder etwas anders aus: Da gab es keine "einfachen Mitglieder" die ansonsten passiv waren sondern alle dort Tätgigen waren Handelnde, sie waren die Vollstrecker der Handelnden der SED. Gleiches betrifft die anderen Organe des damaligen Staates, weswegen man hier eher fragen kann: Was hast Du dir eigentlich dabei gedacht" (meine Lieblingsfrage, zugegebenermassen). Auch das Wort "Verbrecherbande" lässt sich in Bezug auf diese "Behörden" und den dort Tätigen besser formulieren und begründen als gegenüber den einfachen SED-Mitgliedern, sofern es bei dieser ansonsten passiven Parteimitgliedschaft blieb.

Das Problem was sich da für mich natürlich auftut,ist folgendes:Was erwartetest Du von Menschen die sich faktisch in einem Beamtenstatus befinden,von Denen der Staat Loyalität verlangt?Widerstand, wenn er der Meinung ist ,dass das von Ihm Verlangte Unrecht ist?Wenn er in der konkret historischen Situation überhaupt in der Lage ist das zu erkennen.Ist das nicht ein bisschen viel verlangt?Und würde das wirklich so praktiziert,würde dann ein Staatswesen überhaupt funktionieren?
Vergleiche hinken immer,aber stelle Dir vor, ein Polizeibeamter denkt politisch grün,ist vielleicht sogar Mitglied der entsprechenden Partei und wird zum Einsatz bei einem Castortransport oder zu Stuttgart 21 bestellt.Und er kommt dort in die Situation Demonstranten verprügeln zu müssen,was man von Ihm erwartet,was wird er tun?Oder Ein Beamter,der in einer Behörde arbeitet in der über Abschiebung entschieden wird und er hat einen Härtefall durchzusetzen weil es die Rechtslage nun mal so vorsieht.
Auch das ist wieder keine Rechtfertigung von,in der DDR ohne Frage begangenem Unrecht ,die Beispiele sollen nur zu einem allumfassenden Verstehen beitragen.Das solche Dinge durchaus auch komplizierter,vielschichtiger sein können und das sollte man in seine Denke zumindest mit einbeziehen.


Ja Karnak, da gebe ich Dir insoweit auch recht. Man kann das nicht so generell sagen ohne sich in einen oder anderen Fall die Dinge etwas näher anzusehen. Was ich meine ist: Man muß die PKE´s z.B. anders bewerten, als etwa die Vernehmer, um mal ein Beispiel zu nennen.

Du hast vor einigen Tasgen hier etwas geschrieben, was das noch sehr verdeutlicht hat: Dir wird das so nicht aufgefallen sein, aber was Du da sagtest ließ "tief blicken" wie man so sagt:

Es ging um den Kontrollpunkt Dreilinden, auf dem Du gearbeitet hast. Es hatte darüber hier jemand ein Video eingestellt und Du bemerktest dann so in etwa wörtlich "Ja, das war mein alter Chef und ich weis noch wie ich damals als 21-jähriger dort angefangen hatte und man mir die Einrichtungen des Kontrollpunktes zeigte".

Uuups dachte ich so, ja das kann man sich jetzt aber so ganz lebendig vorstellen: Ein 21-jähriger junger Kerl dem man da zeigt, wie dort geschaltet und gewaltet wird, dem man vlt an einen Beispiel die Fahnung erklärt und wie das alles mit einem Knopfdruck funktioniert, ob nun die Abriegelung mit dem Fiffi oder die Kommunikation mit anderen bis hin zu allerhöchsten Stellen.

Dass sowas einen jungen Burschen beeindruckt und der da "mitmachen" will.....zumal man ihm vielleicht noch das Gefühl gibt, hier wirst Du gebraucht, hier kannst du richtig was bewirken für dein Land....für den Frieden....., das ist absolut nachvollziehbar.

Im Ergebnis würde ich sagen: Man kann sich so gut vorstellen, dass Du dich dann mit einer gewissen Begeisterung zur Mitarbeit dort entschlossen hattest. Und als Du dann vielleicht später erfuhrst, was es sonst noch so alles gab bei "der Firma", da warst Du schon jahrelang dort tätig und es war zu spät zum Aussteigen (wenn man sich nicht auch noch selbst belogen hatte..).

Ich bin mir nicht sicher ob man bei einem Menschen das prinzipiell anders bewerten kann nur weil er ein Vernehmer war.Auch von dem wurden letztlich Arbeitsergebnisse erwartet.Da komme ich wieder zu meinem Beispiel des Beamten,der über eine Abschiebung zu entscheiden hat.Rein emotional möchte ich so einen Posten nicht haben wollen und trotzdem weiß ich,dass es jemand machen muss.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon Neun » 25. Februar 2013, 16:40

Na gut das hier mal einer dem Karnak erklärt was er so gedacht hat, ihm selber ist das ja laut Aussage vom Inel gar nicht aufgefallen.

Unbemerktes Denken soll ja von einigen hier die Spezialdiziplin sein, bei Kristian hatte ich diesen Eindruck bisher jedoch noch nicht.

Versuche die MA des MfS in Gut und Böse zu spalten gab es ja bisher reichlich, nur spielen die das Spiel nicht mit. Es wird daher auch zukünftig nicht gelingen einen Keil...


P.S. PKE'ler waren übrigens die allerschlimmsten Schergen die es gab! Hätten die die Grenze nicht dichtgemacht, dann hätten manche "Vernehmer" nämlich gar keine "Kundschaft" gehabt. Nur mal so, der Bewertung wegen! [laugh]
Zuletzt geändert von Neun am 25. Februar 2013, 16:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon karnak » 25. Februar 2013, 16:49

Da muss ich dem Neun recht geben.Von mir hätte man erwartet,dass ich einen gewaltsamen Grenzdurchbruch vereitle.Unter Umständen auch den Tod eines Menschen verursache.Ein Neun wäre wohl kaum in so eine Situation gekommen.Es ist eben nicht so einfach die wahren"Bösewichte"auszumachen.
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon augenzeuge » 25. Februar 2013, 17:16

Neun hat geschrieben: Versuche die MA des MfS in Gut und Böse zu spalten gab es ja bisher reichlich, nur spielen die das Spiel nicht mit.


Was heisst hier Versuche? MfS-Mitarbeiter haben doch bereits mehrfach hier geschrieben, dass man nicht pauschale Aussagen treffen kann. Sie haben auch zugegeben, dass es "Böse" gab, sogar ganze Abteilungen wurden selbstkritisch bewertet. Beim nächsten Gespräch, was ich z.B. irgendwann mit Karnak führe, kannst du gern dabei sein..... [wink]

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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon karnak » 25. Februar 2013, 17:22

Wir reden hier nun mal nicht über die 4 Grundrechenarten,das sind die Ergebnisse eindeutig und klar,da kann man kaum unterschiedlicher Meinung sein.Obwohl es ja auch Leute geben soll,die behaupten 1+1 =3 [grin]
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Re: Der Umgang der DDR mit Hinterbliebenen von Grenzopfern

Beitragvon inel » 25. Februar 2013, 17:23

Ich beschrieb nur eine Möglichkeit, wie jemand überhaupt anfangs dazu gekommen ist, dort an irgend einer Stelle, in dem Fall bei den PKE mitzumachen und nichts weiteres. Diese Möglichkeit habe ich aus den von Karnak geposteten Worten entwickelt. Mehr nicht.

Dass ich inzidenter immer zu blöd bin, um mir Dinge vorzustellen oder gar noch einzuschätzen, Neun, das ist mir ja nun schon hinlänglich bekannt. Eines weis ich aber ganz genau, Neun: Wenn ich an so einer Stelle da mitgetan hätte, wie Du anscheinend, dann würde ich mich heute ganz bedeckt halten mit dem Mundwerk.....aber zu 150% sicher.... Umgangssprachlich würde ich "den Kopf unter dem Arm" tragen" wie man so schön sagt. Dass dem offensichtlich nicht so ist (und das scheint ja keine Seltenheit zu sein, was man sonst so liest oder zur Kenntnis nehmen muß in diesem Land), das lässt ganz tief blicken, mit was für einer Klientel es man da zu tun hat. "Keile" oder sonstwas möchte ich nun wirklich nicht zwischen diese oder jene treiben, denn das ist die Sache nicht wert (und einige (nicht alle!!), die da mitgemacht haben sind das schon erst recht nicht wert).

Aber wie schon mehrfach hier betont: Die Natur wird das Problem in der nahen Zukunft erledigen.....und zwar restlos, wie ich denke.
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