augenzeuge hat geschrieben:[...Hallo S51,
nun stell den Bewachern mal kein Armutszeugnis aus. Als ob es keine Handschuhe gegeben hätte..... Die gab es wie es auch Stiefel gab! Wenn jemand in einen Stacheldraht fällt, dann ist es in der Regel einfacher ihn genau aus dieser Richtung wieder zurückzuziehen. Aber wie du gelesen hast, wurde nicht mal der Versuch unternommen. Und er versuchte nur, sich ein paar Zentimeter zu bewegen, eine Chance das Ziel erreichen zu können hatte er doch nie.
Und das man nicht mehr feststellen konnte, wer geschossen hat beruht lediglich auf der Tatsache, das man es partout nicht wollte. So detailliert, wie du den Unfall von Egon Schultz hier schon mal dokumentiert hast und zum persönlichen Schluss kamst, dass es wohl doch nicht die Patronen des Kameraden waren, die zum Tode führten, sondern womöglich doch die Patrone des Westberliners.....so hättest du diesen feigen Mord- nichts anderes war es- als solchen bezeichnen können und müssen.
Ich hatte ehrlich gesagt daruf gehofft, dass du wenigstens in diesem Fall eine klare Position beziehst, die schließt für mich jedes Verständnis für diesen "Offizier" aus. Deiner Meinung nach gab es mit Sicherheit keinen einzigen Fall eines erschossenen Flüchtenden, der eindeutig ohne Zugeständnisse zu verurteilen wäre, richtig?
AZ
Ähm, ich kannte die DDR in einem gewissen Punkt doch einigermaßen. Fehlende Handschuhe erscheinen mir daher keineswegs eine Unmöglichkeit. Getreu der Maxime, dass unser früherer Staat gerade mit den scheinbaren Kleinigkeiten enorme Probleme hatte, leider sogar sehr wahrscheinlich.
In diesem Fall schon deshalb weil man seinerzeit, um eine Fahnenflucht schwieriger zu machen, genau daran "gespart" haben könnte.
Ich hatte zu DDR-Zeiten einige Male böse Gelegenheit mich zwischen meinen Festgenommenen und kopflosen Vorgesetzten wieder zu finden. Da war nicht immer so klar, gegen wen es gleich gehen würde. Ehe ich meine Eingetüteten an solche Prinzipenmenschen übergab, habe ich lieber noch eine Schicht drangehängt. Oder dafür gesorgt, dass ich eben im Wege stand. Solche Situationen wie bei diesem Kommandeur gerade in höheren Kommandostellen (Battaillion und Regiment) waren eben nicht unwahrscheinlich. Obwohl es so etwas nie hätte geben dürfen und offiziell natürlich auch nie hat.
Nach der Wende bei einer Landespolizei aber auch! Das war eben nicht DDR-typisch. Das ist menschlich.
Und auch wenn Thunder gleich sauer wird, ich kenne frisierte Berichte aus allen Zeiten!
Meines Wissens gab es einen Fall, wo eine Verurteilung wegen Mord rechtskräftig Bestand hat. Da wurde ein Flüchtling, obwohl ergeben, niedergeschossen. Von einem weiteren Fall habe ich erst nach Jahren in Foren Kenntnis erhalten. Der passierte in den 70-er Jahren sogar in meinem ehemaligen Abschnitt, als ein GAK jemanden auf dem vorgelagerten Gebiet erschoß (Ilsenburg). Dies wurde dann zwar später zum Totschlag herabgestuft aber diese beiden Fälle sind für mich selbst unter Beachtung aller denkbaren Umstände nicht mit dem Grenzregime oder dem Grenzgesetz oder irgendwelchen Schußwaffengebrauchsbestimmungen erklär- oder gar entschuldbar.
Auch nicht menschlich. Da wollte man töten kraft einer persönlichen Meinung aber ohne gesetzliche Handhabe. Und da erst hört es für mich auf.
Denn ansonsten stelle ich alle diese ehemaligen Grenzer schon durchaus in eine Reihe mit den Polizisten, die gegen tatsächliche oder den Umständen nach vermutete Verbrecher ihre Waffe einsetzten oder einsetzen. In eine Reihe mit den Soldaten früherer oder gegenwärtiger Armeen, die egal wo durch die Umstände in diese Lage kamen oder kommen.
Keiner dieser Menschen wollte oder will töten und tat oder tut es doch, weil seiner Meinung nach das Gesetz es so von ihm verlangte. Gesetze aber sind etwas, was die Zivilisation regelt. Manchmal eben über extreme Sanktionen. Diese Gesetze waren und sind durch den Einzelnen nicht beeinflussbar. Er lebte und lebt in ihrem Gültigkeitsraum und sie waren eben auch keine erkennbar verbrecherischen Gesetze, vielmehr gegen das gerichtet, was man damals als Verbrechen sah. Woran man erkennt, dass ich Mord wie zwischen 1939 und 1945 nicht als Gesetz sehe. Gesetze zu mißachten bedeutet eben das Faustrecht stattdessen anzuwenden. Dann aber wäre der Willkür Tür und Tor in alle Richtungen offen.
Ich bin kein Richter und ich bin kein Mitglied der Exekutive. Daher kann ich es mir erlauben nachträgliche Verteufelungen als Unrecht zu betrachten.
Sorry, es ist mir nicht so wichtig, ob jener oder dieser mir nun applaudiert. Es geht mir lediglich darum, eine Meinung der Anderen entgegenzusetzen. Mehr nicht.