Flucht aus der Bundesrepublik Warum zogen Menschen in die DDR?

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Flucht aus der Bundesrepublik Warum zogen Menschen in die DDR?

Beitragvon Interessierter » 21. September 2017, 13:46

Etwa aus Liebe. Die Geschichten erzählt eine Ausstellung

Berlin - Als der Korken knallt, weiß Gerlinde Breithaupt, ich bin angekommen. Vor ihr liegt, worauf sie jahrelang gewartet hat: ein Pass für die DDR. Ein Funktionär reicht ihr die Verfassung. Am Abend liegt sie im Bett neben dem Mann, der ihr Mann werden soll. Für ihn verließ sie die Bundesrepublik, jetzt ist sie da.

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Sie machte rüber in die DDR. Gerlinde Breithaupt, Theologin, zog aus Westdeutschland in den Bezirk Halle. Sie dachte, sie treffe eine Entscheidung fürs Leben. Neun Jahre später fiel die Mauer.Foto: Nico Schmidt

Seit die Mauer Deutschland in Westen und Osten trennte, gaben Jahr für Jahr durchschnittlich 2000 Menschen ihren bundesdeutschen Pass ab und beantragten DDR-Papiere. Die DDR-Führung präsentierte stolz jene, die aus politischen Gründen flüchteten. Gerlinde Breithaupt präsentierte sie nicht.

Die setzt sich im Herbst 1977 in einen Zug, der sie von Heidelberg nach Erfurt bringt. Abends sitzt sie dort am Tisch eines Mannes, der sich die Schulbank mit ihrem Vater teilte. „Wir sprachen die gleiche Sprache, aber vieles war mir fremd.“ Am nächsten Tag zeigt er ihr die Stadt und das Polizeirevier. Breithaupt, die damals noch anders hieß, musste sich anmelden. Ein Woche bleibt sie.

Am letzten Tag fragt sie der Sohn des Mannes: „Kannst du mir Bücher schicken?“ Sie sagt ja, schickt Bücher und Briefe. Irgendwann fragt er: „Besuchst du mich in Rostock?“ Sie sagt ja.

Im März 1978 sitzen sie in einem Wohnwagen in einem Rostocker Neubauviertel. Er studiert Theologie, sie studiert Theologie. 30 andere Studenten beten mit in dem Wagen, der zu einer Kirche umgebaut wurde. Sie bleibt ein paar Tage in Rostock, er nimmt sie mit an Orte, die sie nicht sehen darf. Die Vorlesung, das Wohnheim. Sie reden über vieles, aber nicht über sich. „Jeder dachte, der andere ist nicht verliebt, nur ich.“

Wieder in Heidelberg trennen sie 572 Kilometer und eine Grenze, an der geschossen wird. Auch deshalb entscheidet er, keine Briefe mehr zu schreiben. Sein Bruder lädt Breithaupt zu dessen Hochzeit ein, er lädt sie wieder aus. „Er war sehr vernünftig.“ Sie auch? „Ich glaube nicht.“

Wochen später bekommt Breithaupt einen Brief. Es werden mehr und mehr. Er könnte zu ihr kommen. Doch die DDR verlassen, das will er nicht. Im Januar 1979 fragt er sie, „Willst du zu mir in die DDR ziehen?“ Moment. Stopp. Das kann ich nicht so leicht beantworten, sagt sie.

Breithaupts Freundinnen studieren Theologie, nebenbei arbeiten sie in Südafrika, Brasilien, Äthiopien. Auch sie denkt, „da wo ich gebraucht werde, gehe ich hin“. Sie denkt bis dahin nicht daran, in die DDR zu gehen. „Eine Entscheidung für immer.“ Sie überlegt, fragt ihre Mitbewohnerinnen. Die sagen, bist du verrückt, das funktioniert nicht. Dann entscheidet sie sich.

Breithaupt weiß, mit ihrem alten Ausweis in der DDR leben ist unmöglich. Also fragt sie den österreichischen Botschafter, „kann ich einen Pass bekommen?“ Nein. Sie trifft einen Rechtsanwalt, der Agenten freikaufte. Sie fragt ihn, „können Sie mir helfen?“ Nein.

Dann die Nachricht, „Sie dürfen einreisen“. Es ist Frühjahr 1981, als Breithaupt in den Wagen ihres Bruders steigt. Als die Eltern sie verabschieden, dreht sie sich nicht um. „Das konnte ich nicht.“

In Sangerhausen, Bezirk Halle, 33 000 Einwohner, steigt sie aus. Zwei Monate später erhält sie ihren Pass. Sie heiratet, wird Pfarrerin. Als die Mauer fällt, hat Breithaupt drei Kinder und schläft. Am Morgen ruft ihre Mutter an: „Du, die sitzen da in Berlin auf der Mauer.“

Sie schweigt, sagt dann, „das kann nicht sein“. Was dachte Breithaupt, als die Mauer fiel, Deutschland Monate später vereinigt wurde? „Im Frühjahr 1981 war ich mir sicher, eine Entscheidung für’s Leben zu treffen.“ Sie sagt: „Und dann war’s das gar nicht.“

http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1127984/
Interessierter
 

Re: Flucht aus der Bundesrepublik Warum zogen Menschen in die DDR?

Beitragvon augenzeuge » 21. September 2017, 15:30

Interessierter hat geschrieben:Breithaupt weiß, mit ihrem alten Ausweis in der DDR leben ist unmöglich. Also fragt sie den österreichischen Botschafter, „kann ich einen Pass bekommen?“ Nein. Sie trifft einen Rechtsanwalt, der Agenten freikaufte. Sie fragt ihn, „können Sie mir helfen?“ Nein.

[b]Dann die Nachricht, „Sie dürfen einreisen“.


Versteh ich nicht so recht. Einen Pass bekam man doch schnell und ohne Fragen.... [denken] Warum fragt die den Österreicher?
Geht es um ein Dauereinreisevisa der DDR?

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