Re: Waffenloser NVA-Dienst
Verfasst: 1. November 2015, 12:41
Berichte von verschiedenen Bausoldaten
Manfred Hurt
(geb. 1941, Bausoldat ab Mai 1966)
Unter Kontrolle der Stasi
Den Weg des Bausoldaten als Friedensdienst ohne Waffen zu gehen, war für mich oberstes Gebot. Zu wach waren noch die Erinnerungen an das stark vom Krieg zerstörte Berlin, wo ich aufwuchs.
Das Verhältnis der Offiziere zu uns Bausoldaten war von großer Distanz geprägt. Schließlich hatten sie doch einen Personenkreis vor sich, der den Mut besaß, sich den Anordnungen des Staates, der eigentlich einen Dienst mit Waffe vorsah, erfolgreich zu widersetzen.
Abgesondert von meinen Kameraden musste ich den Dienst in der Kfz-Werkstatt in Prenzlau und Drögerheide bei regulären Soldaten versehen. Wie ich inzwischen aus meiner Stasi-Akte erfuhr, gab es einen Befehl, mich gesondert zu behandeln, da die Begründung für meinen Schritt zu den Bausoldaten nicht nur christlicher Natur war. So konnte man mich mit Unterstützung einiger Soldaten, die als IM verpflichtet waren, unter Kontrolle halten.
Kurios war es in dieser Situation, als nach einem halben Jahr die Neuzugänge der Pioniere wegen der goldenen Spaten auf meinen Schulterstücken glaubten, einen Vorgesetzten vor sich zu haben und vor mir Meldung machten. Andererseits waren wir Bausoldaten offenbar vogelfrei. So brach mir ein Pionier, mit dem ich eigentlich gar nichts zu tun hatte, mit einem gezielten Faustschlag den Unterkiefer.
Hatte ich nun geglaubt, mit Beendigung der Dienstzeit würden die Gängeleien ein Ende finden, so erfuhr ich aus meiner Stasi-Akte, dass weiterhin Personen aus meinem Umfeld bereit waren, mich unter Beobachtung zu halten. Im Jahre 1973 hatte ich im Reisebüro am Alexanderplatz eine Reise nach Rumänien gebucht. Erst bei der Abfertigung am Flughafen Schönefeld erfuhr ich von einem Offizier, dass ich von der Liste gestrichen war – natürlich ohne Angabe von Gründen.
In einem moralischen Tief beantragte ich später die Aberkennung der Staatsbürgerschaft. Mein letzter Chef hatte bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit der Meldung bei der Abteilung Inneres gedroht.
1981 kam es auch noch zu einer mehrwöchigen Verhaftung: Angetrunken hatte ich in unmittelbarer Nähe der Samariterkirche in Friedrichshain eine Fahne an einem Hauseingang heruntergezogen. Die beiden Polizisten vor der Kirche, die wahrscheinlich wegen des zwanzigsten Jahrestages des Mauerbaus oder wegen der Friedensbewegung dort ihren Dienst versahen, nahmen mich dann fest. Traumatisiert kam ich dann im Dezember 1981 nach West-Berlin.
Viele weitere Zeitzeugen - Berichte findet man hier:
http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... -46/04607/
Manfred Hurt
(geb. 1941, Bausoldat ab Mai 1966)
Unter Kontrolle der Stasi
Den Weg des Bausoldaten als Friedensdienst ohne Waffen zu gehen, war für mich oberstes Gebot. Zu wach waren noch die Erinnerungen an das stark vom Krieg zerstörte Berlin, wo ich aufwuchs.
Das Verhältnis der Offiziere zu uns Bausoldaten war von großer Distanz geprägt. Schließlich hatten sie doch einen Personenkreis vor sich, der den Mut besaß, sich den Anordnungen des Staates, der eigentlich einen Dienst mit Waffe vorsah, erfolgreich zu widersetzen.
Abgesondert von meinen Kameraden musste ich den Dienst in der Kfz-Werkstatt in Prenzlau und Drögerheide bei regulären Soldaten versehen. Wie ich inzwischen aus meiner Stasi-Akte erfuhr, gab es einen Befehl, mich gesondert zu behandeln, da die Begründung für meinen Schritt zu den Bausoldaten nicht nur christlicher Natur war. So konnte man mich mit Unterstützung einiger Soldaten, die als IM verpflichtet waren, unter Kontrolle halten.
Kurios war es in dieser Situation, als nach einem halben Jahr die Neuzugänge der Pioniere wegen der goldenen Spaten auf meinen Schulterstücken glaubten, einen Vorgesetzten vor sich zu haben und vor mir Meldung machten. Andererseits waren wir Bausoldaten offenbar vogelfrei. So brach mir ein Pionier, mit dem ich eigentlich gar nichts zu tun hatte, mit einem gezielten Faustschlag den Unterkiefer.
Hatte ich nun geglaubt, mit Beendigung der Dienstzeit würden die Gängeleien ein Ende finden, so erfuhr ich aus meiner Stasi-Akte, dass weiterhin Personen aus meinem Umfeld bereit waren, mich unter Beobachtung zu halten. Im Jahre 1973 hatte ich im Reisebüro am Alexanderplatz eine Reise nach Rumänien gebucht. Erst bei der Abfertigung am Flughafen Schönefeld erfuhr ich von einem Offizier, dass ich von der Liste gestrichen war – natürlich ohne Angabe von Gründen.
In einem moralischen Tief beantragte ich später die Aberkennung der Staatsbürgerschaft. Mein letzter Chef hatte bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit der Meldung bei der Abteilung Inneres gedroht.
1981 kam es auch noch zu einer mehrwöchigen Verhaftung: Angetrunken hatte ich in unmittelbarer Nähe der Samariterkirche in Friedrichshain eine Fahne an einem Hauseingang heruntergezogen. Die beiden Polizisten vor der Kirche, die wahrscheinlich wegen des zwanzigsten Jahrestages des Mauerbaus oder wegen der Friedensbewegung dort ihren Dienst versahen, nahmen mich dann fest. Traumatisiert kam ich dann im Dezember 1981 nach West-Berlin.
Viele weitere Zeitzeugen - Berichte findet man hier:
http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... -46/04607/