DER SPIEGEL - 28/1993 - "Es geht ein Teil von uns"
Es ist leicht, dem Fähnrich der ruhmreichen 16. Gardepanzerdivision eine Freude zu bereiten.
Liebevoll streichelt der Offizier das Plastikdach eines zehn Jahre alten Automobils der Marke Trabant.
Das Vehikel hat ihm ein Deutscher geschenkt, der den Trabi loswerden wollte und der gleich noch vier
Ersatzreifen dazupackte.
"Der fährt doch gut, frohlockte der Fähnrich. Er kann überhaupt nicht verstehen, warum ihn deutsche
Passanten belächeln, wenn er mit Frau und Kindern andächtig vor dem neuen Eigentum steht.
Kameraden helfen ihm, die Karre auf einen Armeelaster zu hieven. Mit dem LKW soll der Trabi 1000 Kilometer
weit in die Ukraine transportiert werden, nach Lwow, dem früheren Lemberg, wo der Soldat zu Hause ist.
In der Heimat, versichert er, sei das Plaste-Gefährt "eines der besten Autos".
Der Mann gehört zu den letzten Kriegern, die noch in Neustrelitz, einer alten Residenzstadt in
Mecklenburg-Vorpommern, stationiert sind. Früher waren sie Statthalter der mächtigen Sowjetunion,
jetzt sind sie die Nachhut jenes auseinanderbröckelnden Gebildes, das sich Gemeinschaft Unabhängiger
Staaten (GUS) nennt.
Der Befehl zum geordneten Rückzug ist erteilt, täglich verlassen russische Soldaten, in Güterwagen
gepfercht, die Stadt. Am20. September (1993) sollen in Neustrelitz die Kasernen geräumt sein.
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W. T.