Studium und Absolventenvermittlung in der DDR

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Studium und Absolventenvermittlung in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 1. August 2011, 18:39

Angeregt durch einen anderen Thread hier meine Erfahrungen mit dem Studienplatz und der Absolventenvermittlung.
Natürlich bezogen auf meine erlebte Zeit von 1969 bis 1978

Als Abiturent hatte ich die Wahl mich für ein Studium zu entscheiden, ich mußte nicht studieren.
Als Ausbildungsrichtung hatte ich eine Berufsausbildung mit Abitur welche im Gegensatz zur EOS ein Jahr länger dauerte.
Mit Beginn der 13. Klasse, Hebst 1969, bekamen wir die standardisierten Bewerbungsunterlagen ausgehändigt.
Soweit ich mich erinnern kann konnte man einen "Hauptstudiumswunsch", incl. Wunschstudieneinrichtung eintragen. Dazu noch einen oder sogar zwei? alternativen Studienwunsch mit Studieneinrichtung.
Es war wohl auch noch so eine Art Begründungsschreiben beizulegen warum ich ausgerechnet dieses Studium absolvieren möchte. Natürlich nur für den "Hauptstudienwunsch" und nicht für den Alternativen.
Dazu kam dann noch die die Einschätzung der FDJ-Gruppe der Klasse über die "Eignung" zum Studium, eine Einschätzung seitens der Schule welche den Schwerpunkt auf der politisch/gesellschaftlichen Reife des Studienbewerbers legte. Dazu kam das Jahreszeugnis der 11. Klasse in der EOS, bei uns 12. Klasse der Berufsschule.

Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt wurden die Unterlagen, welche bis zu einem Stichtag fertig sein mußten, von der Schule an eine zentrale Zulassung geschickt welche widerum die Bewerbungen an die einzelnen Bildungseinrichtungen weiterleitete. Wie gesagt das weiß ich nicht mehr genau, kann auch sein das wir die Unterlagen selbst an die entsprechenden Unis oder Hochschulen schickten.
Da fast alle Studienfächer mit einer "Zulassungsquote" versehen war, wo für die Zulassung in erster Linie der Notendurchschnitt des beigelegten Zeugnisses, in zweiter Linie die Beurteilungen der pol./gesell. Reife ausschlaggebend war, ist natürlich illusorisch anzunehmen das ich mit einem Notendurchschnitt von 3,3(nicht meiner! Beispiel) eventuell Medizin studieren könne. Mit dem Durchschnitt konnte ich mich bewerben, brauchte mich aber anschließend nicht zu wundern wenn eine Ablehnung kam.

Ende November des Bewerbungsjahres kamen meist die Einladungen zu den Vorstellungs-/Bewerbungsgesprächen von der Einrichtung welche Nr. 1 in den Bewerbungsunterlagen war.
Direktzulassungen in meiner Klasse sind mir nicht in Erinnerung.
Nach dem Bewerbungsgespräch hieß es wieder warten.
Nach spätestens 6 Wochen traf entweder die Zulassung oder Absage ein. Im Fall einer Absage gab es mehrere Möglichkeiten. Waren die Leistungen grottenschlecht, keine Frage. Waren die Leistungen normalerweise entsprechend aber die Wahluni hatte so viel mehr gute Bewerber wie vorgesehene Studienplätze konnte es passieren das man an eine andere Uni/Hochschule weitergeleitet wurde.
oder es wurde "empfohlen" es mit dem zweiten Studienwunsch zu versuchen.
Seine Entscheidung mußte man der Studienlenkung mitteilen und die schickten die Unterlagen weiter und es wurde wieder eingeladen......

Die Bewerbungszeit ging bis zum März, danach wußte jeder ob er ab September einen Studienplatz hatte und wo.
Der Studienplatz war also vor dem Ablegen des Abiturs bereits sicher!!!!

Ich habe mich in Dresden beworben und landete in Greifswald, gleiche Fachrichtung ohne zweites Gespräch.
Da dumme daran war, ich hatte mich für drei Jahre verpflichtet und die Zulassung war demzufolge für Studienbeginn September 1973.

Es kam dann für mich einschneidend anders und ich Studierte ab September 1970 an der KMU.

Im Studien lief die Arbeitssuche über die "Absolventenvermittlung".
Im letztem Studienjahr, Herbstsemester wurden in unserer Sektion die freien Absolventenstellen ausgehängt. Sinnigerweise 80 Stellen für zufällig 80 Kommilitonen des Studienjahrganges welche sich bewerben konnten.
Eine Bewerbung auf "Privatinitiative" wurde überhaupt nicht gerne gesehen.
Um soetwas zu weitgehendst zu unterbinden mußte jeder Student bei Antritt des Studiums eine "Verpflichtung" unterschreiben in der er sich Einverstanden erklärte dort zu Arbeiten wo ihn die Absolventenvermittlung hin vermittelte. Die Sperrfrist (keine Kündigung von Seitens des Absolventen möglich) betrug in der Regel drei Jahre.

Die Wohnungssituation in den zukünftigen Wohnorten, der Westempfang (kein Witz), waren Einschränkungen bei der Wahl des "Einsatzortes".
In Berlin konnte sich nur Bewerben wer dort Wohnraum nachweisen konnte, eine sogenannte Zuzugsberechtigung wurde nicht ausgestellt. also bewarben sich auf Berliner Stellen nur Kommilitonen welche aus Berlin stammten oder dort bei Verwanten Wohnungsmäßig unterschlüpfen konnten.
Beworben wurde sich mit den Prüfungsnoten der Prüfungen vom Frühjahrssemester

Bei der Absolventenvermittlung wurde den Studenten schon selbstständiges handeln zugetraut und die Bewerbungen konnte ich selber abschicken.
Allerdings mußte zwingend in der Abteilung bescheid gesagt werden für welche Stelle man sich bewerben will und welche als Ausweich gesehen werden.
Denn hier war es wirklich eine "normale" Bewerbung mit Bewerbungsgespräch.
Auch hier war der Abschluß der Bewerbungen im Winter vor Beendigung des Studiens
Vor Beginn der ersten Abschlußprüfung und der Fertigung der Diplomarbeit hatte ich bereits meinen Arbeitsvertrag in der Tasche und wußte wo ich ab August des Jahres meine Brötchen verdienen werde.
Natürlich mußte bei Arbeitsbeginn der erfolgreiche Studienabschluß in Form des Staatsexamens und der Diplomurkunde nachgewiesen werden.

Nach den drei, in wenigen Ausnahmefällen 4, Jahren der Absolventenzeit konnte sich jeder auf jede freie Stelle im Land bewerben.

Nur 'bewarb' man sich in der Regel nicht, sondern es kam eine Anzeige in die Zeitung der Region wo man hinwollte, zum Beispiel:"Dipl.Ing. Fachrichtung XXX sucht...."
Aus den dann zahlreich eingehenden Anfragen suchte man sich den Betrieb aus der am erfolgversprechendsten klang und bewarb sich.

Gruß
Nostalgiker
Nostalgiker
 

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