Über Hilde Benjamin als Richterin in den Schauprozessen, ihre Familiengesetzgebung und den Wirklichkeitsverlust einer Kommunistin: "Weiter, Angeklagter, weiter!"Hilde Benjamin hatte ihren ersten großen Auftritt als Vorsitzende Richterin im Prozeß gegen die Deutsche Conti-Gas-Gesellschaft (DCGG) 1950 in Dessau. Monatelang war dieses Verfahren von ihr vorbereitet worden. Und sie stand nicht allein. Eine Kommission der Partei, direkt dem Politbüro der SED unterstellt, unterstützte und kontrollierte sie. Diese "Zentrale Kommission für Staatliche Kontrolle" hatte schon im Winter 1949/50 eine gewaltige Pressekampagne zum Dessauer Prozeß entfacht. Das Volk wurde über die "verbrecherischen Machenschaften" einer "kriminellen Bande des Konzerns" aufgeklärt. Brav schickten die DDR-Bürger ihre Protestschreiben. Im Ergebnis sollen 130 000 Resolutionen und Hunderttausende von Einzelunterschriften aus der empörten Bevölkerung bei der Kommission eingegangen sein. Alle forderten die Verurteilung der Verbrecher, die "das Volksvermögen in den Westen verschoben hatten und damit den friedlichen Aufbau der DDR untergraben und sabotieren wollten".
Das Politbüro der SED hatte Benjamin mit einem genauen Auftrag versehen: "Der Prozeß ist so zu führen, daß die Rolle des Monopolkapitals, seine Zersetzungsarbeit mit Hilfe käuflicher Elemente und deren verbrecherische Tätigkeit in der DDR deutlich zutage tritt."Ziel und Ergebnis des Schauprozesses waren durch die SED-Führung exakt vorgegeben. Es ging in erster Linie darum, die Enteignung volkswirtschaftlich bedeutsamer Betriebe zu rechtfertigen, aber die öffentlich entlarvten "Schädlinge" sollten auch als Urheber der Wirtschaftsprobleme vorgeführt werden, besonders wenn ihnen Verbindungen zum Westen nachgesagt werden konnten. Zwischen dem 24. und 29. April 1950 kamen täglich mehr als 1 200 Zuhörer, wechselnde Delegationen aus Betrieben und Verwaltungen, zu den Verhandlungen nach Dessau, wo im Theatersaal Gericht gehalten wurde.
Die Besucherströme waren, wie alles in diesem Prozeß, genau organisiert.An der Stirnseite des Theatersaals ein riesiges Schaubild, das die internationalen Verflechtungen des Konzerns veranschaulichen sollte. Davor in der Mitte in Kostüm, weißer Bluse und mit schwarzem Schlips die Vorsitzende Richterin Hilde Benjamin, umrahmt von den Stellvertretern.
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