Ein oft vergessenes Kapitel DDR-Geschichte
Sie sind großteils vergessen: Ostdeutsche wie Johannes Krikowski wurden in sowjetische Arbeitslager verschleppt. Sein Sohn betreibt Aufarbeitung. Ein Treffen.
„In der DDR durftest du nicht darüber reden, im Westen interessiert es keinen.“ Das sagt Stefan Krikowski, während er von der Geschichte seines 2007 verstorbenen Vaters erzählt. Johannes Krikowski wurde 1952 als junger Student der Zahnmedizin zu 25 Jahren Haft im Arbeitslager Workuta verurteilt. Die russische Stadt liegt im Ural, 100 Kilometer über dem nördlichen Polarkreis.
Sein Vergehen? Der 21-Jährige hatte freie und geheime Studentenratswahlen an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät gefordert und war zudem ein bekennender Christ. „Er wurde im Studentenwohnheim gefragt: Was macht die Bibel auf deinem Schreibtisch? Da müssen doch die blauen Bände liegen“, erzählt sein Sohn. „Mein Vater war zunächst in der FDJ, er hoffte auf einen Neuanfang nach dem katastrophalen Nationalsozialismus. Aber als KPD und SPD 1946 zur SED zwangsvereinigt wurden, merkte er: Hier wird eine neue Diktatur errichtet.“
Was Krikowski widerfuhr, war kein Einzelschicksal. Knapp 40.000 Deutsche wurden zwischen 1945 bis 1955 vor sowjetischen Militärtribunalen verurteilt. Das ehemalige KZ Sachsenhausen in Oranienburg diente für 16.000 SMT-Verurteilte als Haftlager. Viele wurden in nordsibirische Gulags deportiert, manche Schätzungen gehen von bis zu 25.000 Opfern aus. „Aber wer weiß in Deutschland schon davon?“, fragt Stefan Krikowski. Er dokumentiert heute Geschichten Deutscher, die wie sein Vater als politische Gefangene im Arbeitslager Workuta waren. Dafür hat er 2020 die Bundesverdienstmedaille erhalten. Doch das gesellschaftliche Bewusstsein über Verbrechen in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone fehlt. Und die jüngsten lebenden Zeitzeugen werden nun 90 Jahre alt.
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Der geschilderte Fall trug sich 1951 zu als die DDR bereits gut zweieinhalb Jahre existierte.
Was mir nicht in den Kopf will ist der folgende Fakt das sich die Besatzungsmacht in der DDR aufspielte wie die eigentlichen Hausherren und die angeblichen Spione, Diversanten und Volksfeinde von den deutschen Behörden entweder dem sowjetischen KGB übergeben wurden bzw. gleich vom KGB verhaftet wurden.
Eine ausländische Macht schaltete und wallte in einem fremden Land wie im eigenen.
Auch die Verurteilungen erfolgten nach sowjetischen Strafrecht und zwar hauptsächlich nach dem berüchtigten Paragrafen §58 des sowj. Strafgesetzbuches.
Aus heutiger Sicht ein Unding ohne gleichen.
Allerdings muß ich einschränken das damals die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung über diese Art der "brüderlichen Hilfe" durch die Strafverfolgungsorgane der SU nicht bescheid wußten und wenn sie etwas ahnten doch lieber über diese Thematik geschwiegen haben.
Sonst hätte es ihnen ebenfalls passieren können das sich sich auf einmal im eisigen Norden oder in den weiten Sibiriens wiedergefunden hätten, jedenfalls bis 1953.
Ebenfalls interessant ist die im Beitrag verlinkte Webseite: https://www.workuta.de/index.html auf der sich, speziell zu Workuta, etliche Biografien von in der Zeit nach 1945 bis 1953 verhafteter und dorthin verschleppter Menschen aus der SBZ/DDR befinden.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auf eine PDF welche sich mit den "Rechtsgrundlagen der Verfolgung deutscher Zivilisten durch Sowjetische Militärtribunale" beschäftigt.
Ist interessant zu lesen, allerdings in einem sehr trockenen 'Juristendeutsch' geschrieben, aber es lohnt sich allemal auch diese PDF aufmerksam zu lesen da sich daraus die Erkenntnis gewinnen lässt dass das agieren der Sowjetischen Militärtribunale in der ostdeutschen Besatzungszone und darüber hinaus bis 1955 in der DDR jeglicher Rechtsstaatlichkeit vermissen ließ.