Morgen am 7. Dezember vor 40 Jahren befand sich Willy Brandt zur Unterzeichnung des Warschauer Vertrages in Polens Hauptstadt. Als Bundeskanzler der Bundesrepublik legte er vor dem Denkmal zu Ehren der Helden des Warschauer Ghettos einen Kranz nieder. Nachdem er die Schleife gerichtet hatte, verharrte er nicht eine Zeitlang wie üblich, sondern ging auf die Knie.
Die Fotos von dem Kniefall gingen um die Welt. Sie läuteten eine neue Epoche in Europa ein, die Willy Brandt seit Regierungsantritt zaghaft aber beharrlich vorantrieb. Das Ziel waren Erleichterungen für die Menschen im Verhältnis zwischen Ost- und West, und als Gegenleistung war er als erster deutscher Bundeskanzler bereit, die bestehenden Grenzen anzuerkennen. Dieser Kniefall war eine Demutsbezeugung, sie wurde in der gesamten Welt als solche beachtet und geachtet. Nur in der Bundesrepublik mußte sich Brandt verteidigen. Politiker in der CDU und CSU warfen ihm vor dies wäre nicht die richtige Geste gewesen.
Sehr viel wurde darüber diskutiert, ob es eine spontane Handlung gewesen sei. Dazu schrieb Brandt später: Immer wieder bin ich gefragt worden, was es mit dieser Geste auf sich gehabt habe. Ob sie etwa geplant gewesen sei? Nein, das war sie nicht. Meine engen Mitarbeiter waren nicht weniger überrascht als jene Reporter und Fotografen, die neben mir standen, und als jene, die der Szene ferngeblieben waren, weil sie »Neues« nicht erwarteten.
Ich hatte nichts geplant, aber Schloß Wilanow, wo ich untergebracht war, in dem Gefühl verlassen, die Besonderheit des Gedenkens am Ghetto-Monument zum Ausdruck bringen zu müssen. Am Abgrund der deutschen Geschichte und unter der Last der Millionen Ermordeten tat ich, was Menschen tun, wenn die Sprache versagt.
Heute erinnert in Warschau ca. 150 m von dem damaligen Platz entfernt, der Willy Brandt Platz an dieses historische Ereignis. Mit dem Kniefall begann langsam aber unaufhörlich die Versöhnung mit Polen. Ich finde, es war eine großartige Geste von einem Bundeskanzler. Wurde von diesem Ereignis überhaupt in den DDR Medien berichtet? Ich wage mal, das jetzt schon mit Nein beantworten zu können.