Ein Mann für viele Gelegenheiten

Alles zum Bereich Kommerzielle Koordinierung

Ein Mann für viele Gelegenheiten

Beitragvon Werner Thal » 20. Dezember 2019, 15:27

ZEIT ONLINE Ein Mann für viele Gelegenheiten vom 8. Dezember 1989

Dem führenden DDR-Funktionär werden Waffenhandel und Devisenschiebungen vorgeworfen

Er hat das Rampenlicht stets gescheut und auch am unrühmlichen Ende seiner ungewöhnlichen
Karriere keine Ausnahme davon gemacht: Alexander Schalck-Golodkowski, die schillernde Figur des
bankrotten Regimes der DDR, tauchte am vergangenen Wochenende (2./3. Dezember) im westlichen
Ausland unter und ward seither nicht mehr gesehen. Der Ostberliner Haftbefehl gegen ihn kam zu spät.

Anders sla die früheren Politbüromitglieder Günter Mittag, langjähriger ZK-Sekretär für Wirtschaft,
Harry Tisch, der ehemalige Gewerkschaftsboß, die beide seit Tagen in Untersuchungshaft schmoren,
entschied sich der Mann mit dem langen Namen, hochrangigster Republikflüchtling zu werden.


Das entbehrt nicht der Logik. Schalck-Golodkowski, nach außen lediglich Staatssekretär im Ostberliner
Ministerium für Außenhandel, aber in Wahrheit einer der mächtigsten Männer der DDR, gebot praktisch
unkontrolliert über die wichtigsten Quellen des zweiten deutschen Staates für richtiges Geld - also D-Mark,
Dollar und Schweizer Franken. Und mehr als wahrscheinlich ist, dass längst nicht alle Devisen-Milliarden,
die der geschäftstüchtige Genosse im Namen des Arbeiter- und Bauernstaats heranschaffte, ihren ordnungsgemäß-
mäßigen Weg nahmen. Geschockt von den bisherigen Enthüllungen über das süße, privilegierte Leben ihrer
hohen Staatsfunktionäre, fragten Abgeordnete der Volkskammer denn auch schon nach Nummernkonten bei
Schweizer Banken, wo angeblich westliche Devisen, Gold und andere Wertsachen im Wert von hundert
Milliarden D-Mark liegen, die eigentlich in die offizielle DDR-Kasse gehören. Und es viel dabei immer derselbe Name:
Schalck-Golodkowski.

Solche phantastischen Summen erscheinen allerdings nicht nur den auf Redlichkeit bedachten eidgenössischen
Bankiers weit überzogen. Aber: Ein paar Millionen in harter Währung werden dem ehemaligen Chef-Devisenbeschaffer
der DDR für eine angenehme Existenz schon reichen. Und der "große Alex", wie Mitarbeiter den 1,90 Meter großen
Zwei-Zentner-Mann oft nannten, verfügt über noch etwas, das ihm ein Überleben im westlichen Untergrund
ermöglichen könnte: Beziehungen in viele Länder - etwas anrüchiger zwar, aber hilfreiche. Denn was ihn daheim
auf die Fahndungsliste brachte, erwarb ihm zuvor in langen Jahren Geschäftspartner einer ganz speziellen Art rund
um die Welt: illegaler Waffenhandel.

Vermutet worden war es schon länger, seit dem vergangenen Wochenende steht fest: Die DDR betrieb einen
schwunghaften Export mit Waffen aller Art. Ein riesiges Arsenal der Staatsfirma Imes GmbH in Kavelstorf bei Rostock
samt Frachtbriefen und Lagerkarteien wurde "von der Bevölkerung", wie die Nachrichtenagentur ADN meldete,
entdeckt. Der Staatsanwalt wirft der Firma nun "unerlaubten Waffenhandel zum Devisenerwerb" vor.


....und hier geht es weiter:

https://www.zeit.de/1989/50/ein-mann-fu ... egenheiten


Und MDR ZEITREISE: Wer war Alexander Schalck-Golodkowski?

https://www.mdr.de/zeitreise/ddr/geschi ... dr100.html


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Re: Ein Mann für viele Gelegenheiten

Beitragvon Sperrbrecher » 20. Dezember 2019, 16:02

Werner Thal hat geschrieben:Dem führenden DDR-Funktionär werden Waffenhandel und Devisenschiebungen
vorgeworfen. Er hat das Rampenlicht stets gescheut und auch am unrühmlichen
Ende seiner ungewöhnlichen. Karriere keine Ausnahme davon gemacht:
Alexander Schalck-Golodkowski, die schillernde Figur des bankrotten Regimes
der DDR, tauchte am vergangenen Wochenende (2./3. Dezember) im westlichen
Ausland unter und ward seither nicht mehr gesehen. Der Ostberliner Haftbefehl
gegen ihn kam zu spät.

Das entbehrt nicht der Logik. Schalck-Golodkowski, nach außen lediglich Staatssekretär
im Ostberliner Ministerium für Außenhandel, aber in Wahrheit einer der mächtigsten Männer der DDR, gebot praktisch unkontrolliert über die wichtigsten Quellen des zweiten deutschen Staates für richtiges Geld - also D-Mark, Dollar und Schweizer Franken.

Und mehr als wahrscheinlich ist, dass längst nicht alle Devisen-Milliarden, die der geschäftstüchtige Genosse im Namen des Arbeiter- und Bauernstaats heranschaffte,
ihren ordnungsgemäß-mäßigen Weg nahmen. Geschockt von den bisherigen Enthüllungen über das süße, privilegierte Leben ihrer hohen Staatsfunktionäre, fragten Abgeordnete der Volkskammer denn auch schon nach Nummernkonten bei Schweizer Banken, wo angeblich westliche Devisen, Gold und andere Wertsachen im Wert von hundert Milliarden D-Mark liegen, die eigentlich in die offizielle DDR-Kasse gehören. Und es viel dabei immer derselbe Name: Schalck-Golodkowski.

Bei diesen umfangreichen Geschäften dieses Herrn Schalck, werden wohl sicher einige
nicht unerhebliche Provisionen bei ihm hängengeblieben sein. Allein für einen warmen
Händedruck und ein Alu-Chip-Salär hat er seine Tätigkeit bestimmt nicht ausgeführt.
In der DDR wussten 90% der Bevölkerung, dass sie verarscht werden.
In der Bundesrepublik haben es 90% der Wähler immer noch nicht gemerkt.
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Re: Ein Mann für viele Gelegenheiten

Beitragvon Volker Zottmann » 20. Dezember 2019, 16:30

Werner Thal hat geschrieben:
Anders sla die früheren Politbüromitglieder Günter Mittag, langjähriger ZK-Sekretär für Wirtschaft,
Harry Tisch, der ehemalige Gewerkschaftsboß, die beide seit Tagen in Untersuchungshaft schmoren,
entschied sich der Mann mit dem langen Namen, hochrangigster Republikflüchtling zu werden.




W. T.

Der hochrangigste Flüchtling war aber eher der hier:
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Ein Mann für viele Gelegenheiten

Beitragvon Werner Thal » 17. August 2020, 14:32

DER SPIEGEL 9/1991 - Ein Top-Manager des MfS

Die Stasi-Karriere des Geheimdienst-Offiziers Alexander Schalck-Golodkowski

Seit fast einem Jahr sitzt der Devisenbeschaffer der SED, Schalck-Golodkowski, unbehelligt
am Tegernseer - ein Genosse, der die Wende scheinbar unbeschadet überstanden hat. Dokumente
belegen, dass Schalk als Spitzenmann der Stasi gegen die Bundesrepublik gearbeitet hat - ein
Fall für den Generalbundesanwalt.


Ingenieur Hans Jochheim, Jahrgang 1919, kannte sich aus im kriminellen West-Ost-Geschäft.
Jahrelang transportierte er, verbotenerweise, elektronisches Gerät in die DDR, das dann im
Ministerium für Staatssicherheit (MfS) landete. Wert der Lieferungen: mindestens 2,8 Millionen Mark.

Richter verknackten den alerten Händler mit Embargo-Waren 1986 nicht nur wegen diverser
Wirtschaftsdelikte. Sie werteten den illegalen Technologie-Transfer Slalom "geheimdienstliche
Agententätigkeit" gegen die Bundesrepublik - Jochheim war, vulgo, Spion.
Das Urteil des Oberlandgerichts Celle gegen den "Händleragenten", 40 Monate Haft, ließ Staatsschützer
jubeln. "Ausspähung von Wissenschaft und Technik als Spionagetätigkeit zu erkennen und zu beweisen",
befand ein hoher Polizeibeamter, sei "bisher ein scheinbar unüberwindliches Problem der Rechtssprechung"
gewesen; Celle habe eine "richtungsweisende Entscheidung gefällt".
Der Richterspruch könnte einen Prominenten einholen, der sich seit Monaten in der gesamtdeutschen
Öffentlichkeit als Sauber- und Ehrenmann ohne Schmutz und Tadel aufspielt - Alexander Schalk-Golodkowski,
58, zu SED-Zeiten Erich Honeckers Außenhandels-Staatssekretär und Chef der geheimnisumwitterten
Sonderbehörde "Kommerzielle Koordinierung" (KoKo).
Bislang ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen den "Politkriminellen" (Ex-Staatssekretär Klaus Bölling)
lediglich wegen Untreue. Doch jetzt aufgetauchte Dokumente belegen, dass der Geheimdienstoffizier
Schalk jahrelang im Staatsauftrag High-Tech schmuggelte - am Zuge wäre der Generalbundesanwalt,
zuständig für die Verfolgung von Spionen.

....und hier geht es weiter:

https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery ... f/13489826

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Re: Ein Mann für viele Gelegenheiten

Beitragvon Werner Thal » 15. November 2021, 16:26

Waffenhandel - Kleiner Beitrag

Der Waffenexport von Deutsch-West nach Deutsch-Ost lief jahrelang wie geschmiert -
trotz Kaltem Krieg und Embargo.

Der Spezialkoffer ist die Traumwaffe deutscher Sicherheitsexperten, das ideale Gerät für den schnellen Einsatz.
Wenn Staatsbesuchern oder anderen VIPs Gefahr droht, können die Personenschützer aus dem Köfferchen
losballern. Egal, ob sie gerade gehen, stehen oder sitzen.

Im Attaché-Case steckt eine Maschinenpistole (MP) der schwäbischen Waffenfirma Heckler & Koch (H & K),
Abzug und Sicherung der Feuerwaffe hat der Hersteller am Tragegriff untergebracht.

Die Projektile der MP vom Typ 5K oder 5KA1 werden aus einem Loch in der Metallschiene der Seitenwand verfeuert.
Was der >special case< sonst noch bietet, wird hierzulande als geheime Kommandosache behandelt. Behörden wie
das baden-württembergische Innenministerium verweigern aus "Sicherheitsgründen- und Geheimhaltungsgründen"
jede Antwort auf Detailfragen.

Dem Kraken im Osten blieb der geheimnisvolle Koffer allerdings nicht verborgen. Bis aufs Gramm kannte das Ministerium
für Staatssicherheit die Details des 6,75 Kilogramm schweren, 44 mal 32 Zentimeter großen Spezialgepäcks.
Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski selbst schickte im Juni 1988 Stasi-Chef Erich Mielke Prospekt-
material über das "moderne Waffensystem".

Heimlich hatte Schalk im Westen 50 dieser Koffer für die Stasi und das Innenministerium in Ostberlin ordern lassen.
"Ich gehe davon aus, ", schrieb Schalck an Mielke, "daß sie in unserem Organ eine gute Verwendung finden."
Er wollte damit "einen kleinen Beitrag zur Stärkung unserer Spezialeinheiten leisten".

https://www.spiegel.de/politik/kleiner- ... text=issue

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Re: Ein Mann für viele Gelegenheiten

Beitragvon augenzeuge » 5. November 2022, 16:26

Knapp 4 Wochen nach dem Mauerfall....1989.

...sitzt Schalck zitternd und schluchzend an seinem Schreibtisch, vor ihm liegt eine Pistole:

"Wenn du das Mandat nicht übernimmst, erschieße ich mich", sagt er zu Anwalt Vogel, den er abends 22 Uhr noch angerufen hatte. Er muss stündlich mit seiner Festnahme rechnen.

Aber auch Vogel ist nicht mehr sicher....

Quelle: Mission Freiheit...Wolfgang Vogel

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Re: Ein Mann für viele Gelegenheiten

Beitragvon pentium » 5. November 2022, 16:47

Und was will der Beitrag mitteilen?
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther

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Re: Ein Mann für viele Gelegenheiten

Beitragvon augenzeuge » 5. November 2022, 17:07

pentium hat geschrieben:Und was will der Beitrag mitteilen?


Ich dachte, es könnte von Interesse sein, wie der letzte Tag des Mannes für viele Gelegenheiten in der DDR ablief. [wink]

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