Interessierter hat geschrieben:
Im Unterschied zur amerikanischen Besatzungsmacht, die auf jahrelange Vorarbeiten diverser Planungsstäbe zurückgreifen konnte .....
Die Stasi war Salzborn zufolge bestens in die interne Struktur der rechten Terrorgruppe eingeweiht, deren Ziele primär im Kampf gegen die USA, für einen NATO-Austritt der Bundesrepublik sowie die Schaffung eines neutralen Gesamtdeutschlands lagen. Dabei wusste die Stasi auch, dass sich die "Hepp-Kexel-Gruppe" am Vorbild der PLO orientierte und teilweise mit arabischen Decknamen arbeitete: Walther Kexel (alias Nabil), Dieter Sporleder (Gundolf), Odfried Hepp (Jussuf), Hans-Peter Fraas (Achmed), Ulrich Tillmann (Nidal), Helge Blasche (Mahmond). Hepp verwendete seinen Decknamen auch später weiter, als er mit Unterstützung der Stasi für die PLO arbeitete.
Die "Hepp-Kexel-Gruppe" hatte demnach aber nicht nur Sympathien für die PLO, sondern auch für die Rote Armee Fraktion (RAF), die man - vermutlich wegen der gemeinsamen antiamerikanischen und antisemitisch-antizionistischen Grundhaltung - als Verbündete betrachtete. So versuchte Hepps Mitstreiter Walter Kexel Kontakte zur Führungsebene der RAF aufzunehmen, um eine Zusammenarbeit zu beginnen. Eine ideologische "Querfront", die vor allem auf dem gemeinsamen Nenner des Antizionismus und des Antiamerikanismus basierte.
Salzborn stellt dazu fest, dass auch die Stasi "keinerlei substanzielle Differenzen" mehr zu erkennen vermochte "zwischen Hepps anti-imperialistischem Neonazismus, dem antisemitischen Antizionismus der PLO und PLF und dem eigenen Realsozialismus".
Die Auschwitz-Prozesse in der DDR
Horst Fischer wurde nach einem kurzen Prozess zum Tode verurteilt. Danach wurden in der DDR keine Verfahren gegen weitere NS-Verbrecher eröffnet.
Nicht nur in Westdeutschland gab es Auschwitz-Prozesse, sondern auch in der DDR. Aber die unbequemen Wahrheiten dahinter wurden geheim gehalten.
"Herr Präsident, Oberstes Gericht der Deutschen Demokratischen Republik. Den Arzt Dr. med. Horst Fischer klage ich an, als SS-Lagerarzt im Konzentrationslager Auschwitz Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen und dadurch das Leben Zehntausender Menschen vernichtet zu haben."
10. März 1966: eine Sensation für die Weltpresse. In Ost-Berlin eröffnet das Oberste Gericht der DDR einen Prozess, in dem es um Verbrechen in Auschwitz geht. Angeklagt ist Horst Fischer, Lagerarzt in Auschwitz. Ankläger ist Josef Streit, Generalstaatsanwalt der DDR.
"Der Angeklagte hat während der von ihm eigenverantwortlich durchgeführten Selektionen nach seinen eigenen Schätzungen etwa 55.000 bis 75.000 Menschen zur Vernichtung ausgesondert, die dann in den Gaskammern getötet und anschließend verbrannt wurden."
1966 hatte die DDR eigentlich schon aufgehört, Prozesse gegen Nazi-Verbrecher zu führen. Das Kapitel NS-Vergangenheit schien abgeschlossen zu sein.
"Die DDR wollte damit einen Schnitt ziehen und die neue Gesellschaftsordnung aufbauen und gleichzeitig verlagerte die SED-Führung das NS-Täter-Problem in Richtung Bundesrepublik und behauptete kurzerhand, alle Verantwortlichen seien geflohen aus der DDR und die DDR hätte kein Problem mehr."
Henry Leide erforscht in der Behörde des Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen die Verfolgung von NS-Verbrechen durch die ostdeutsche Justiz. Für Ermittlungen zu diesem Tatkomplex war unmittelbar nach dem Krieg die Kriminalpolizei zuständig, unter der Aufsicht der sowjetischen Besatzungsbehörden. Nach der Republik-Gründung 1949 zog das Ministerium für Staatssicherheit bald alle Verfahren an sich.
"Bis 1950 waren bereits 13.000 Personen wegen NS-Delikten verurteilt worden. Das Interessante ist, dass von dieser Vielzahl von Personen 1956 nur noch 34 Personen in den Gefängnissen der DDR befindlich waren, der Rest war amnestiert worden."
Die SED hatte ein ähnliches Problem wie die Bundesrepublik
Es gab zu viele ehemalige Nazis und Mitläufer, um ein Staatswesen ohne sie aufzubauen. Schon 1951 hatte die Partei anlässlich einer internen Untersuchung selbst in ihren eigenen Reihen etwa 200.000 Alt-Nazis gezählt. Darunter auch Ernst Melsheimer, bis 1945 im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund, ab 1945 in der KPD und ab 1949 Generalstaatsanwalt der DDR. 1960 starb er, dekoriert mit dem Vaterländischen Verdienstorden. Nach NS-Tätern wurde zu dieser Zeit kaum mehr gefahndet. Es galt die Linie, die Erich Honecker am 16. April 1963 in der Parteizeitung "Neues Deutschland" so beschrieb:
"Entscheidend für die Beurteilung eines Parteimitgliedes sind seine ehrlichen, aktiven Taten für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft und sein Verhältnis zur Partei als Ergebnis richtiger Schlussfolgerungen aus der Vergangenheit."
Angesichts solcher Verlautbarungen konnte auch der ehemalige KZ-Arzt Horst Fischer ruhig schlafen. Er war zwar nie der SED beigetreten. Aber zwanzig Jahre nach Kriegsende schien es für ihn selbstverständlich, dass man ihn in seiner Praxis in Spreenhagen bei Berlin unbehelligt am Aufbau des Gesundheitswesens mitwirken ließ, erzählte er in seiner Vernehmung vor dem Obersten Gericht der DDR.
Die NATO schätzte sich "glücklich, solche Soldaten in ihren reihen zu wissen".
augenzeuge hat geschrieben:Die NATO schätzte sich "glücklich, solche Soldaten in ihren reihen zu wissen".
Und auf der anderen Seite tat man das sicher auch, aber verheimlichte es.
AZ
augenzeuge hat geschrieben:Ich meinte es anders. Der eine Staat sagte, wen man in den Reihen hat, war sogar dankbar, der andere Staat verheimlichte es, dass er auch "solche" in seinen Reihen hat. Ist schon korrekt. Oder hast du je in der DDR gehört, dass man sich positiv über Ex Nazis in der Armee äußerte?
AZ
augenzeuge hat geschrieben:Vielleicht ist Nazi missverständlich. Ich orientiere mich am Begriff „Nationalsozialistischer Führungsoffizier“. Also, wer in der NSDAP war und in Führungsverantwortung beim Militär, war ein Nazi.
AZ
augenzeuge hat geschrieben:Vielleicht ist Nazi missverständlich. Ich orientiere mich am Begriff „Nationalsozialistischer Führungsoffizier“. Also, wer in der NSDAP war und in Führungsverantwortung beim Militär, war ein Nazi.
AZ
Dann habe ich im 4-Familienhaus mit 2 Nazis zusammengewohnt.
augenzeuge hat geschrieben:Dann habe ich im 4-Familienhaus mit 2 Nazis zusammengewohnt.
Da wirst du nicht der Einzige gewesen sein.
AZ
augenzeuge hat geschrieben:Ich orientiere mich am Begriff „Nationalsozialistischer Führungsoffizier“. Also, wer in der NSDAP war und in Führungsverantwortung beim Militär, war ein Nazi.
AZ
Volker Zottmann hat geschrieben:
ich denke, die beiden waren soviel Nazi, wie ein Beethoven ein echter Kommunist war.
(Wenn echter Kommunist, dann wäre letzterer niemals Makler geworden!)
Gruß Volker
Merkur hat geschrieben:augenzeuge hat geschrieben:Ich orientiere mich am Begriff „Nationalsozialistischer Führungsoffizier“. Also, wer in der NSDAP war und in Führungsverantwortung beim Militär, war ein Nazi.
AZ
Da habe ich mal zwei Fragen an Dich:
1. Durften Soldaten der Wehrmacht parteipolitisch aktiv bzw. Mitglied einer Partei sein?
2. Setzte die Tätigkeit eines NSFO die Mitgliedschaft in der NSDAP voraus oder anders gefragt, gab es NSFO, die nicht in der NSDAP waren?
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