Früher Widerstand schon in der Zone

Früher Widerstand schon in der Zone

Beitragvon Interessierter » 6. November 2016, 11:48

Schüler im Widerstand

Ab 1947/48 bilden sich an Oberschulen in der Sowjetischen Besatzungszone immer neue Widerstandsgruppen, besonders in den kleineren Städten Sachsens und Thüringens. Mit großem Mut bieten teils sehr junge Menschen der SED-Diktatur die Stirn. Damit gehen sie bewusst Risiken ein: Wer auffliegt, geht ins Gefängnis. Im schlimmsten Fall droht die Todesstrafe.

Die Methoden des Widerstands sind sehr einfach. Die Gruppen malen nachts mit Pinsel und Farbe Parolen an Wände, drucken oder schreiben Flugblätter und zünden Stinkbomben bei Veranstaltungen der SED (Bildergalerie). Eine Gruppe in Altenburg bastelt einen Radiosender und kommentiert die Festrede des Präsidenten Wilhelm Pieck zum 70. Geburtstag von Stalin kritisch. Viel Aufsehen erregt der Schüler Hermann Joseph Flade aus Olbernhau, der beim Verteilen von Flugblättern gefasst wird: Er wehrt sich bei seiner Festnahme mit einem Taschenmesser. Eine Widerstandsgruppe in Eisenberg zündet den Schießstand der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) an.

In einigen Fällen bestehen Kontakte zur Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU), die von West-Berlin aus den Widerstand gegen die SED-Herrschaft unterstützt. Flugblätter, Plakate und Zeitschriften kommen überwiegend aus West-Berlin (Bildergalerie). Doch in keinem bekannten Fall kann die Rede davon sein, dass die Widerstandsgruppen aus West-Berlin geleitet werden.

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In der Nacht vom 2. auf den 3. November 1956 wird diese Losung gegen die Besatzungsmacht an einer Hauswand in der thüringischen Gemeinde Loberschütz, unweit der Stadt Eisenberg, angebracht.
Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft (BStU-Kopie)

Hier der vollständige Beitrag:
http://www.jugendopposition.de/index.php?id=2853

Ein Beleg dafür, dass es auch hier junge Menschen schon sehr früh erkannten, dass sie gleich wieder in eine Diktatur geraten waren.
Interessierter
 

Re: Früher Widerstand schon in der Zone

Beitragvon Interessierter » 7. November 2016, 14:58

Studentenräte

Anfang Februar 1947 finden in Berlin und an den Universitäten der SBZ freie und geheime Studentenratswahlen statt. Ausnahme: die Universität Rostock, die wegen Kohlemangels geschlossen ist. Die Wahlbeteiligung liegt bei 70 bis 90 Prozent. Zugelassen sind Vertreter der SED, CDU, LDP und parteilose Kandidaten (Bildergalerie). Die SPD ist nach der Zwangsfusion mit der KPD nur in Berlin zugelassen. Hier erringt sie mit 17,9 Prozent fünf von 28 Mandaten und liegt damit als stärkste Partei vor der SED und der CDU, die jeweils nur 10,7 Prozent erhalten.

In Leipzig, Jena und Greifswald wird die SED zwar stärkste Partei, erhält aber nicht die absolute Mehrheit. Lediglich in Halle geht die SED mit 52,4 Prozent als klarer Sieger hervor. So existiert nach den Studentenratswahlen an fast allen Universitäten der Sowjetzone eine nichtkommunistische Mehrheit. Zu Vorsitzenden der Studentenräte werden, außer in Halle, erklärte Gegner der SED gewählt.



Auf politisches Engagement stehen 25 Jahre Zwangsarbeit

Diese politischen Mehrheiten an den Universitäten kann die machtbewusste SED nicht akzeptieren. Im März 1947 verhaften die sowjetischen Behörden Georg Wrazidlo und Manfred Klein, zwei christdemokratische Studentenvertreter der Berliner Universität, sowie die parteilose Studentin Gerda Rösch, die im Zulassungsbüro arbeitet (Bildergalerie). Der Studentenrat protestiert, kann aber nichts erreichen. Selbst ein ordentliches Gerichtsverfahren bleibt den drei Beschuldigten versagt. Sie werden im Dezember 1947 vom Sowjetischen Militärtribunal Berlin-Lichtenberg zu jeweils 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Der absurde Vorwurf lautet „Bildung einer faschistischen Untergrundorganisation an der Universität Berlin“ und „Spionage“. Rösch, Klein und Wrazidlo kommen erst 1956 wieder frei.


„Freiheit für die Universitäten!“

Nach den ersten Studentenratswahlen am 6. Februar 1947 wird Wolfgang Natonek Vorsitzender des studentischen Selbstverwaltungsgremiums. Der SED ist der rhetorisch begabte und unter den Studenten beliebte Natonek ein Dorn im Auge (Bildergalerie). Im Vorfeld der zweiten Studentenratswahlen beginnt die SED-Presse eine Hetzkampagne gegen ihn. Sie kann es dennoch nicht verhindern, dass Natonek auch vom zweiten Studentenrat im Dezember 1947 zum Vorsitzenden gewählt wird. Auf dem Wartburgfest der deutschen Studenten zu Pfingsten 1948 hält er eine viel beachtete Rede. Auch auf Parteitagen der LDP tritt Natonek für die Freiheit der Universitäten ein.

Die Besatzungsmacht und die SED wollen um jeden Preis eine dritte Wiederwahl Natoneks bei den im Dezember 1948 anstehenden Neuwahlen verhindern. Am 11. November 1948 verhaften ihn die sowjetischen Behörden. Ein Militärtribunal verurteilt Wolfgang Natonek zu 25 Jahren Zwangsarbeit. Mit ihm werden mindestens zehn weitere Mitglieder der bürgerlichen Hochschulgruppen festgenommen und teilweise zu hohen Haftstrafen verurteilt. Wie zuvor in Halle geschehen, wird die LDP-Hochschulgruppe in Leipzig verboten. Den 600 Mitgliedern wird das Stipendium, das allen Studierenden entsprechend ihrer sozialen Situation zusteht, willkürlich entzogen.

Bei den dritten Studentenratswahlen 1948/49 kann die SED durch vorherige Verhaftungen, Relegationen, Stipendienentzug, Drohungen und andere Repressionen die absolute Mehrheit für sich durchsetzen. Die gleichgeschalteten Studentenräte führen fortan ein Schattendasein und werden 1952 endgültig aufgelöst.

Den vollständigen Beitrag kann man hier lesen:
http://www.jugendopposition.de/index.php?id=2854

Was wieder einmal beweist, dass von Beginn an das Volk dieses Regime und seine Besatzer nicht wollte. Nur mit Gewalt und Terrorurteilen von 25 Jahren Zwangsarbeit, konnte man die Existenz dieser unmenschlichen Diktatur aufrecht erhalten. So ganz nebenbei entzog man andersdenkenden Studenten willkürlich das Stipendium und zerstörte dabei wissentlich die Zukunft junger Menschen.

Aber es gibt ja immer noch Menschen, die meinen, so schlimm war es doch gar nicht. Immerhin war Brot so günstig, dass man es an seine Schweine verfüttern konnte.... [denken]
Interessierter
 

Re: Früher Widerstand schon in der Zone

Beitragvon Interessierter » 10. November 2016, 09:58

Studenten im Widerstand

An den Universitäten der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) ist der Widerstand gegen die Vorherrschaft der SED besonders stark. Die Kommunisten stehen vor keiner leichten Aufgabe. Sie können nicht einfach über Nacht die alten Strukturen zerschlagen. Die Institutionen und insbesondere das Fachwissen der bürgerlichen Wissenschaftler sind unverzichtbar. An den Universitäten will die SED die neue Elite ihres Staates ausbilden. Die künftigen Kader sollen aber nicht nur über Fachkenntnisse, sondern vor allem über einen festen ideologischen Standpunkt verfügen. Deswegen kann die SED an den Universitäten keine Überreste bürgerlicher Gesinnung dulden.

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Prozess gegen drei 21-jährige Studenten aus Ilmenau, die beschuldigt werden, im Auftrag der Westberliner Falken, einer SPD-nahen Jugendorganisation, 1956 eine Hetzkampagne gegen die DDR geführt zu haben. Quelle: „Die Spur führt von Ilmenau nach West-Berlin“, Hrsg.: Bezirksleitung Suhl der SED, Abteilung Agitation und Propaganda


Zum Beginn des Wintersemesters 1946/47 finden überall in der SBZ und in Berlin Wahlen zu den Studentenvertretungen statt. Es werden bis 1989 die letzten freien Wahlen an ostdeutschen Universitäten sein. Die CDU und die LDP verfügen über eigene Hochschulgruppen und Listen. Trotz Behinderungen durch die sowjetische Besatzungsmacht und die SED-Instanzen werden an fast allen Universitäten und Hochschulen nichtkommunistische Mehrheiten gewählt. An der Berliner Universität – zu dieser Zeit die einzige der Stadt und im sowjetischen Sektor beheimatet – erhalten die SED-Vertreter lediglich zehn Prozent der Stimmen. Stattdessen erringt die in ganz Berlin zugelassene SPD einen großen Erfolg.

http://www.jugendopposition.de/index.php?id=2855

Für mich immer wieder interessante Details aus den Nachkriegsjahren.
Interessierter
 


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