Die »Friedenswerkstatt« wurde getragen von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und dem Ostberliner Stadtjugendpfarramt.
Wie kam es zu diesem Unternehmen, das der DDR von Anfang an ein Dorn im Auge war und das dennoch bis zu ihrem Ende bestand?
1979 hatte die DDR nach eigenen Angaben über 13 Millionen Bürger des Landes dazu gebracht, ihre Unterschrift unter einen Appell gegen weitere Aufrüstung im Westen zu setzen. Das waren damals so gut wie alle Menschen des Landes über 14 Jahre; auch die meisten Christen hatten unterschrieben, schon damit sie die lästigen Unterschriftensammler loswurden.
Nach dieser staatlichen Aktion fanden Kirchenleute, an der Spitze wie an der Basis, für Frieden sei doch zuallererst die Kirche zuständig, denn Gewaltlosigkeit, Feindesliebe und Vertrauen sind wesentliche Bestandteile des kirchlichen Friedensbegriffs. In einer Erklärung des Bundes der Evangelischen Kirchen heißt es 1979, die Kirche habe »einen eigenen, unverwechselbaren Auftrag zum Frieden zu helfen.«
Die offizielle Staatsdoktrin der DDR war: »Sozialismus und Frieden sind wesenseins.« Doch klafften staatliches Reden über Frieden und friedliches Tun immer weiter auseinander: Die DDR war ein Land, in dem man sich nur ein paar Kilometer bewegen musste, um auf militärische Sperrgebiete zu stoßen; 1978 wurde der Wehrkundeunterricht für die Klassen 9 und 10 obligat. Staatlich organisierte Kinderfeste boten Fahren in Panzern aus Pappmaché als besondere Attraktion. In Geschäften wurde Kriegsspielzeug nie knapp. In der Schule lernten Kinder Lesen, Schreiben und Rechnen mit Beispielen aus dem Militäralltag. Es gab keinen Wehrersatzdienst, nur die Möglichkeit, »Bausoldat« zu werden, also unter militärischer Anleitung in militärischen Anlagen ohne Waffe zu arbeiten.
Die Kirche begab sich mit einem verstärkten Friedenszeugnis, einer eigenen Erziehung zum Frieden auf gefährliches Eis. Denn die Jugend und deren Bildung sah die SED als ihr ureigenes Feld; schließlich war die »sozialistische Persönlichkeit« Staatsziel. Da konnte schon das Stichwort »Erziehung zum Frieden« das Verhältnis Staat-Kirche schwer belasten. Von einem Sozialen Friedensdienst anstelle der Wehrpflicht oder dem Bausoldatendasein etwa, öffentlich am Rande der ÖRK-Tagung thematisiert, wollte die DDR nichts wissen.
Wie wichtig die jährliche Friedenswerkstatt war – und ebenso das Dresdener Friedensforum im Februar und die Friedensdekade im November – zeigte sich im revolutionären DDR-Herbst 1989. Da wurde deutlich, dass jene, die zu Beginn der achtziger Jahre aus Furcht vor atomarer Vernichtung aktiv wurden, sich längst zur Opposition entwickelt hatten. Genau Opposition hatten sie aber zu Beginn ihrer Aktivitäten gar nicht sein wollen. Veranstaltungen wie die Friedenswerkstatt, die Friedensdekade, das Dresdener Friedensforum, die Demonstrationen in Jena oder die Aktion des Wittenberger Pfarrers Friedrich Schorlemmer, auf dem Kirchentag 1983 ein Schwert in eine Pflugschar umzuschmieden, waren ziemlich waghalsige, aber auch sehr konkrete Schritte in Richtung Freiheit und im Grunde ein Stück vorweggenommene Freiheit.
Die Akteure dieser Revolution wie Marianne Birthler, Bärbel Bohley, Rainer Eppelmann, Roland Jahn, Thomas Krüger, Vera Lengsfeld, Heiko Lietz, Markus Meckel, Gerd Poppe, Ulrike Poppe, Edelbert Richter, Reinhard Schult, Wolfgang Templin, Christoph Wonneberger – um einige zu nennen – stehen fast alle in den Stasi-Papieren über diese Veranstaltungen. Die Aktivitäten, die damals die atomare Gefahr bannen sollten, waren eine Schule für Freiheit und Demokratie und haben wohl auch dafür gesorgt, dass diese Revolution so friedlich und zugleich erfolgreich verlief.
Mehr als diese Auszüge findet man hier:
http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... 5703-baum/