Die unbekannte Opposition in der DDR

Die unbekannte Opposition in der DDR

Beitragvon manudave » 18. Juni 2010, 19:55

Damit mich der Edelknabe auch mal lobt...

In den bundesdeutschen Massenmedien, in Presse, Rundfunk und Fernsehen, in
Büchern, Aufsätzen und wissenschaftlichen Publikationen wurde und wird nur
über eine Form der Opposition in der DDR, über die Opposition von bekannten
Schriftstellern, Liedermachern und Wissenschaftlern berichtet. Über eine andere
Form der Opposition, die der Arbeiter, der "kleinen Leute", kurz der Masse der
DDR-Bürger, gibt es nur wenige Informationen. Eine Opposition, die getragen
wurde von Kommunistinnen und Kommunisten, von Arbeitern, Angestellten,
Intellektuellen, von Schülern und Studenten, Menschen, denen der sogenannte
Sozialismus in der DDR keine Perspektive zu weiterem gesellschaftlichen
Fortschritt mehr bot, die gegen das herrschende SED-Regime kämpften, weil sie
für wirklichen Sozialismus eintraten - über sie herrscht weitgehend Schweigen.
Kommunisten, die im Widerstand zur DDR-Führung standen - die soll es einfach
nicht gegeben haben. Schon gar nicht eine organisierte, illegale Kommunistische
Partei. Über den Widerstand und Kampf von Marxisten-Leninisten in der DDR
wurde weitgehend geschwiegen.

http://www.kpd-ml.org/doc/partei/opposition_ddr.pdf
Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
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Re: Die unbekannte Opposition in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 18. Juni 2010, 21:44

Ein Klasse Artikel, sehr lesenswert. Mal ein Auszug:

Dresden, den 9.9.81
Werte Genossen der KPD!
Durch Tausende von Händen gelang Eure Zeitung zu uns. Was man darin
schwarz auf weiß lesen konnte ließ unsere Herzen höher schlagen, denn von all
diesen triftigen Wahrheiten kommt hier wenig ans Tageslicht. (...) dieser Staat hat
mit Demokratie nichts zu tun, da das Schmarotzertum und die Cliquenwirtschaft
der Bonzen für den allgemeinen Arbeiter unerträglich wird. Wir fühlen uns deshalb
mit den Genossen der KPD sehr verbunden und bitten Euch so weiterzumachen
wie bisher damit noch viele Menschen des Volkes der DDR (die dafür
Interesse zeigen) die Wahrheit über ihre Staatsführung erfahren und bestätigt
bekommen.
Mit frdl. Gruß Fam. König, Dresden

[shocked]

oder auch:

Ins Visier des MfS kam nicht nur die KPD in Ost und West. Unter dem Titel
"Bearbeitung der ‚linksextremistischen' Organisationen in der BRD" heißt es:
"In der BRD und Westberlin existieren linksextremistische und trotzkistische
Organisationen, Gruppen und Kräfte, darunter
"Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD)
"Kommunistischer Bund Westdeutschlands" (KBW)
"Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands" (KABD) (MLPD)
"Kommunistischer Bund" (KB)
"Gruppe Internationaler Marxisten" (GIM)
"Spartacusbund" (SB)
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Re: Die unbekannte Opposition in der DDR

Beitragvon CaptnDelta » 19. Juni 2010, 06:14

Interessantes Dokument, vor allem die Akten-Auszuege.

Allerdings, entaeuschend dann auch Seite 107. Natuerlich war dies 1998, und Deutschland hat inzwischen ein eigenes FOIA/IFG, seit 2005.

Mich wuerde interessieren ob der Verfasser seit dem die Einsicht noch einmal probiert hat, und was dabei herausgekommen ist. Bis jetzt tut man sich dabei in Deutschland eher hart - vielleicht deswegen weil das Amtsgeheimnis und generell das Beamtentum in Deutschland schon laenger eine besondere Rolle gespielt haben. Da ist man anderswo weiter.

Danke fuers reinstellen, Manudave
-Th
..Totalitarianism does not mean that such regimes in fact exercise total control over their people, it means rather that such control is in their aspiration.
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Re: Die unbekannte Opposition in der DDR

Beitragvon Interessierter » 1. Februar 2016, 12:31

Der Kampf der KPD/ML gegen das sozialfaschistische Honecker-Regime, gegen den Terror des Stasi und der Klassenjustiz

Flugblatt:

8 Jahre Gefängnis für kommunistische Regime-Kritiker in der DDR

(1982)


Mitte Juni und Anfang Juli 1982 in Ostberlin: Zwei Häftlinge aus dem Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit werden dem Stadtgericht Berlin vorgeführt. Der Arbeiter Manfred Wilhelm, 31 Jahre alt, Betriebsschlosse beim „Neuen Deutschland“; der Mathematiker Andreas Bortfeldt, 29 Jahre, verheiratet, Vater von zwei kleinen Kindern. Im März 1981, also 15 Monate zuvor, hatten Offiziere des Staatssicherheitsdienstes Manfred Wilhelm und Andreas Bortfeldt in ihren Wohungen verhaftet. Seitdem sind sie in Untersuchungshaft.

Kurzer Prozess hinter verschlossenen Türen

Auch jetzt im Gerichtssaal steht jeder von ihnen allein vor dem Gericht und dem Staatsanwalt. Denn politische Justiz in der DDR ist Geheimjustiz. Die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen. Selbst die Ehefrau von Andreas Bortfeldt darf nur für die zwei, drei Minuten in den Gerichtssaal, in denen der Richter das Urteil verkündet ...

Die Angeklagten brauchen nicht lange auf die Urteile zu warten. Richter in der DDR sind es gewöhnt, innerhalb weniger Stunden vernichtende Urteile über die Zukunft politisch unliebsamer Angeklagter zu sprechen. Und im Fall von Manfred Wilhelm und Andreas Bortfeldt steht das Urteil sowieso längst fest. Die Richter am Stadtgericht Berlin brauchen nur noch zu verkünden, was höhere Instanzen der Staatssicherheit lange zuvor beschlossen haben. Sie tun es, ohne mit der Wimper zu zucken: Manfred Wilhelm und Andreas Bortfeldt werden zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.

Irgendeine ernst zu nehmende Möglichkeit der Verteidigung hatten die Angeklagten nicht. Zwar gab es Anwälte, aber was nützen Anwälte, wenn man sie erst ein paar Tage vor dem Prozess sprechen darf ? Wie soll man sich verteidigen, wenn die Anklageschrift geheim ist (auch für den Anwalt) und man sie erst im Prozess selbst kennenlernt, wie im Fall von Manfred Wilhelm und Andreas Bortfeldt geschehen ?

Gesinnungsjustiz

Warum diese hohen Gefängnisstrafen ? Warum dieser kurze Prozess hinter verschlossenen Türen, über den die Öffentlichkeit der DDR mit keinem Wort informiert wurde ? Einzig und allein deshalb, weil Manfred Wilhelm und Andreas Bortfeldt ihre eigene, kritische Meinung über den SED-Staat hatten; weil sie diese auch mit Hilfe von illegalen Flugblättern und mit der illegalen Zeitschrift „Roter Morgen“/Ausgabe DDR verbreitet haben sollen; weil sie der illegal in der DDR tätigen KPD angehören und für ihre politischen Ziele aktiv gewesen sein sollen:

Zum Beispiel in der Solidarität mit den Streiks der polnischen Arbeiterklasse. Die KPD in der DDR verteilte dazu bereits im Herbst 1980 Flugblätter, klebte Plakate und sammelte Geld. Bereits im Januar 1981 warnt der „ROTE MORGEN“ / Ausgabe DDR vor einem „Putsch der polnischen Armee“, der ein Jahr später bittere Wirklichkeit wird ...

Zum Beispiel im Kampf für die Erhaltung des Friedens. Die KPD in der DDR hat seit ihrer Gründung im Jahre 1976 immer wieder die Großmachtpolitik der Sowjetunion und ihre Unterstützung durch das Honecker-Regime angegriffen. Es wurden illegale Flugblätter gegen den Einmarsch der sowjetischen Truppen in Afghanistan und gegen die Einführung des Wehrkundeunterrichts in der DDR verteilt. Die KPD in der DDR fordert den Austritt der DDR aus dem Warschauer Pakt, den Abzug der sowjetischen Truppen von deutschem Boden u.ä. und unterstützt gleichzeitig den Kampf gegen die NATO im Westen Deutschlands.

Zum Beispiel im Kampf für Sozialismus und Demokratie. Die KPD in der DDR hat sich gegründet, weil die DDR in den 70er Jahren schon längst kein sozialistischer Staat mehr war; die SED schon längst keine Arbeiterpartei mehr; der sogenannte „Freie“ Deutsche Gewerkschaftsbund schon längst keine Interessenvertretung der Arbeiter mehr, sondern der verlängerte Arm des Politbüros, der Bonzen, der SED. Der Unterschied zwischen der DDR und Polen ist so groß nicht. Beides sind staatskapitalistische Staaten. Auch in der DDR verdienen Parteibonzen und Technikraten das Zigfache eines Arbeiterlohnes. Auch in der DDR würde die herrschende Clique nicht zögern, Panzer gegen die Arbeiterklasse auffahren zu lassen, wenn sie für die wirtschaftlichen Verbesserungen und für demokratische Rechte streiken und demonstrieren würde. Deshalb kämpft die KPD in der DDR für den Sturz der Herrschenden Clique in der DDR, für die Errichtung eines wahren Sozialismus, in dem die Arbeiterklasse tatsächlich die wirtschaftliche und politische Macht in Händen hält.

Einzig und allein auf Grund dieser politischen Ansichten wurden Manfred Wilhelm und Andreas Bortfeldt zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Andere, die in den Augen des Staatssicherheitsdienstes ebenfalls der Unterstützung der KPD verdächtig waren, wurden zu drei Jahren und zehn Monaten, vier Jahren und zehn Monaten und zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Und das alles selbstverständlich „im Namen des Volkes“ !

Das wahre Gesicht des „realen Sozialismus“


Wer Verwandte in der DDR hat, kann in etwa beurteilen, wie das Volk tatsächlich urteilen würde, wenn man es nur ließe. Viele Arbeiter, Jugendliche usw. sind unzufrieden mit dem Honecker-Regime. Und diejenigen von ihnen, die den Mund aufmachen – sei es auch nur im privaten Kreis – müssen ebenfalls mit drakonischen Strafen rechnen. So wurde im letzten Jahr der Berliner Maurer Detlef Abromson, 24 Jahre alt, zu zehn Monaten Haft verurteilt, weil er in einem Gespräch mit Bekannten erklärt hatte: „Wir müssen das Gleiche machen wie in Polen.“ Im Juli und im August letzten Jahres wurden in verschiedenen Betrieben Thüringens sieben Arbeiter verhaftet, weil sie in Betriebsdiskussionen eine Demokratisierung des „Freien“ Deutschen Gewerkschaftsbundes gefordert und dabei auf die Bewegung in Polen verwiesen hatten. Die Liste ließe sich noch endlos lange fortsetzen. Die Zahl von 5 000 politischen Gefangenen in der DDR ist bestimmt nicht übertrieben.


Die überwältigende Mehrheit dieser politischen Gefangenen sind kleine Leute wir der Betriebsschlosser Manfred Wilhelm, wie der Berliner Maurer Abramson, wie die thüringer Arbeiter. Kein Wunder, dass politische Prozesse heute, im Gegensatz zur Zeit der sozialistischen Anfangsjahre der DDR, hinter verschloseeenen Türen stattfinden, dass Erich Honecker immer wieder die Existenz von politischen Gefangenen in der DDR aufs Hefstigste bestreitet. Denn ein Staat, in dem Arbeiter zu Tausenden eingesperrt werden, weil sie ihre Meinung sagen, Misswirtschaft und Korruption kritisieren und mehr Rechte für die Arbeiter fordern, kann niemals ein sozialistischer Staat sein.

Sozialismus ohne umfassende Demokratie für die Arbeiterklasse bis hin zum Streikrecht ist Betrug, ist genauso eine Klassenherrschaft, wie wir sie heute in der Bundesrepublik haben. Wie heißt es doch in einem beliebten Witz in der DDR ? „Frage: Worin besteht der Unterschied zwischen der BRD und der DDR ? - Antwort: In der DDR wird der Mensch durch den Menschen ausgebeutet. In der DDR ist es genau umgekehrt.“ So zeigen gerade die politischen Prozesse, die politischen Gefangenen in der DDR in aller Deutlichkeit das wahre Gesicht des sogenannten „realen Sozialismus“: Es ist das Gesicht einer Diktatur !

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