Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Edelknabe » 9. November 2012, 08:18

Irgendwo hier in einem Fred kam das hoch, in Texten von Usern das man doch damals als geborener DDR-Bürger über die ganzen Unzulänglichkeiten des Staates ständig in der Opposition gewesen sein müsste? Mauertote, Tote an der grünen Grenze und noch X andere Sachen mehr, man musste wohl irgendwie blind gewesen sein, das man nicht alles gesehen hätte...oder hatte doch?

Man bewertet also das ganze Drumherum um solche damaligen Oppositionssachen irgendwie heute zu hoch, tut so als drehte sich da alles drum und dabei war das garnicht so, lief eher alles außerhalb der tagtäglichen Wahrnehmung des Normalo ab,war wohl eher das Betätigungsfeld von MfS und anderen Institutionen zum Schutze des Staates so meine ich doch als ehemaliger Werktätiger.

Ich persönlich meine heute weiter, das hatte doch den Normalo garnicht interessiert weil der ganz andere Probleme im Staate DDR hatte. Ich schrieb das bereits, weil einfach der gefüllte Einkaufsbeutel und wie fülle ich ihn und wo, die tagtägliche Arbeit, Zeit mit der Familie, Freunden und Verwandten oder sonstwelche Hobbys und Freizeitangebote bis hin zum Sport und Kultur soviel Zeit in Anspruch nahmen, das für Oppostionskram gar keine Zeit mehr blieb, das oder besser solcher Kram einfach unwichtig war.

Gesehen hatte man wohl, ohne Frage,enorm viel Westfernsehen, war wohl bestens informiert über Bruder und Schwester West und den Verfall der eigenen Städte und Dörfchen sah mal auch ganz deutlich und noch zig andere Umweltprobleme mehr roch man sehr deutlich mit der Nase aber sonst, also ich weiß nicht so recht, war doch Alltag Alltag und nun nicht der große wie es heute immer ...aber siehe oben im Anfangstext.

Rainer-Maria was meint ihr, war das nun ein damaliger gewichtiger Luftballon oder eher der heutige Aufreiser um zu sagen"Seht her, wer da alles gekämpft hatte im Widerstand und hoch leben sie heute die Helden der damaligen Opposition?
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon SkinnyTrucky » 9. November 2012, 08:32

Die Opposition war schon enorm wichtig Rainer Maria....denn wenn alle so wie du weiterhin Business As Usual betrieben hätten, dann hätt sich nüscht geändert....

....das Volk war so dermassen eingeschüchtert, das es Jahrzehnte gebraucht hat, bis mal wieder auf die Strasse gegangen wurde....und genau das wurde zuerst wieder durch Oppositionsbewegungen getan, worauf sich dann erst vereinzelt, nachher immer mehr angeschlossen haben....

groetjes

Mara
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Rüganer » 9. November 2012, 08:55

RMR, ich gebe Dir mal Recht, ich habe in den Jahren von 1976 bis 1986 nichts von einer Opposition in Neuruppin bemerkt, mir ist als ein Punkt in Erinnerung, dass man damals im Westfernsehen etwas über Robert Havemann gezeigt hat und dass vor seiner Tür Polizisten standen und der Zugang zur Straße abgesperrt war, aber dies war das Einzige, was ich zur Opposition wahrgenommen habe.
Ab 1986 hier auf Rügen – da war nun nicht mal mehr Westfernsehen, da habe ich gar nichts gemerkt. Hier hat offensichtlich auch keiner opponiert, jedenfalls nicht so, dass man es bemerkt hätte.
Die Probleme waren andere, man hatte mit sich selbst zu tun und damit, dass man mit dem Rücken an die Wand kam.
Ich jedenfalls hätte niemals gedacht, dass so etwas wie die Wende gekommen wäre und schon deswegen habe ich mich damals eingerichtet, damit ich bis in das hohe Alter auch klarkommen würde, mit dem System DDR.
Zum Glück war ich in der Lage, ebenso schnell umzudenken und mich wieder einzurichten,
was an der guten Ausbildung gelegen haben muss und der Fähigkeit, Chancen zu sehen und zu nutzen. Aber dies musste man ja auch schon im „Staat der Arbeiter und Bauern“, wenn man einen Tick besser leben wollte.
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon verbindungsoffizier » 9. November 2012, 09:30

Ich habe nur individuelle Bemerkungen und Beobachtungen zu machen.

Sommer 1986. Ich war noerdlich Naumburg. Dort konnte man ueber den Fluss in die russiche Kaserne beobachten, 1000m entfernt. Am Waldrand befinden sich alte, kleine Bergarbeiten (Kalk oder so was) und eine moderne Elektro-Einrichtung, mit Graffiti daran.

DDR = Druck Durch Russland.
DDR = groesstes Gefaengnis der Welt. (Ich habe noch ein Foto irgendwo)

Da war eine Frau mit jungen Kindern und wir haben uns kurz unterhalten. Im Westen wuerde ich sie als liberale Gruene hippy Typin beschreiben.
Natuerlich habe ich erklaert, dass es Schade sei, ich wegen des Sperrgebietes den beruehmten Dom nicht besuchen koennte. Sie hat was ironisch ueber Kasernen gesagt und auch was ueber Gorbatschow. Sie meinte, vielleicht endlich gaebe es eine Chance politischer Befreiung und Verbesserung.

Zweite Geschichte auch im Sommer 86. Ich war an einem Bauernhof, Bezirk Erfurt. Auf dem Lande hatte ich oft mit Leuten gesprochen, aber es war immer weg von den Stasischatten. An diesem Tag stand der Stasi Team ( Lada, 2 Mann, Lederjacke, usw) 80m entfernt und uns beobachetete.
Zwei Bauern sind zu mir gekommen, um zu sprechen. Ich habe sie gewarnt, vorsichtig zu sein. Der Aeltere hat gesagt, etwa wie, 'Sie (die Stasi) koennen sich selbst ficken. Genug ist genug'.

Ich glaube, dass zwischen 85 und 86 kam eine Grundschwelle Hoffnung wegen Gorbatschow und ein Ausdrueck jahrzehntelanger Frustation. (Mag sein natuerlich, dass dies nur wegen mein eigenes Lernungsprozess war.)

Auf Englisch gibt's einen Ausdrueck 'Winds of change' (ueber Unabhaengigkeit in Afrika in den 60er). Ich meinte, so was in der DDR gefuehlt zu haben.
Zuletzt geändert von verbindungsoffizier am 9. November 2012, 09:48, insgesamt 2-mal geändert.
Es ist schon fast vor 30 Jahren, seitdem ich Deutsch studierte und fast vor 20, seitdem ich Deutsch regelmaessig sprach. Falls Sie keine Ahnung, worueber ich rede, dann versuche ich es anders zu erklaeren.
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Hamiota » 9. November 2012, 09:33

Wie definiert man "überbewerten"? Die Opposition in der DDR kann man nicht überbewerten, sie war wichtig, richtig und moralisch gerechtfertigt. Letztendlich geboren aus dem allumfassenden Machtanspruch der "Herrschenden Kraft" in dieser DDR.
Bei einem vernünftigen Umgang mit dieser Opposition hätte es diese bald nicht mehr gegeben. Aber selbst diese Oposition war kein homogenes zusammenhängendes Gebilde sondern nach Ursachen, Zielen und Mitteln total zersplittert. Als wichtigste Säule kann man wohl Kreise der Evangelischen Kirche ansehen!

Stellt man die Frage nach den Einfluß der Oposition auf das reale Leben in der DDR und nach der Wahrnehmung im Volk, so muss man konstatieren das dies in der Tat heute falsch dargestellt, zu hoch eingeschätzt, glorifiziert, idealisiert, zu viel Wichtigkeit beigelegt -"überbewertet"- wird! Das ist für viele ehemaligen Bürgerrechtler bitter, entspricht aber leider der Wahrheit! Es liegt in der Natur des Menschen dass er dazu neigt seine Vergangenheit in ein besseres, idealisiertes Licht zu setzen. Um so mehr weil in der heutigen Gesellschaft das "blenden", sich "vorteilhaft darstellen" zur Grundvoraussetzung gehört um im Berufsleben, Wirtschaft, Medien und speziell der Politik erfolgreich bestehen zu können!

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„Die sogenannten ‘whataboutists’ stellen das bisher nicht in Frage Gestellte infrage und bringen Widersprüche, Doppelstandards und Heuchelei ans Tageslicht. […], es ist die Herausforderung, kritisch über die (manchmal schmerzhafte) Wahrheit unserer Stellung in der Welt kritisch nachzudenken." (Christian Christensen, Professor für Journalismus in Stockholm)
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Interessierter » 9. November 2012, 09:51

Edelknabe, meinst Du wirklich der Normalbürger der DDR - Bürger hätte damals so gedacht wenn er erfuhr, daß seine Landsleute an der Grenze erschossen wurden ?

Ich zitiere Dich:
Also mich im ganz normalen DDR-Alltag haben damals die Toten an der Grenze nicht interessiert, nicht die Bohne Wolfgang. Das Thema war so weit weg wie der Mond, weiter noch, wahrscheinlich wie der Mars oder Jupiter, sowas wäre mir nie in den Sinn gekommen. Dies Denke heute, die Beschäftigung damit ist doch was ganz, völlig anderes wie zu damaliger Zeit.

Man könnte fast meinen, wir hatten wirklich im ganz normalen Alltag besseres zu tun als uns nun ausgerechnet mit den Toten an der innerdeutschen Grenze zu beschäftigen. Mensch da gab es tagtäglich soviel was du berücksichtigen musstest, also was gingen mich den unzufriedene Landleutchen an, die hätten mich doch nur gestört in meinem Weg auf der Jäger-und Sammlertour und die war nicht ohne, die nahm Zeit in Anspruch das glaubst du nicht.


Ich finde, Deine Meinung ist an Kaltherzigkeit einfach nicht zu überbieten und ich kann mir nicht vorstellen, daß der Normalbürger damals so dachte, auch wenn er zusehen mußte " das er mit dem Arsch an die Wand kommt ".

Damit nicht gleich wieder der Einwand kommt, ich wolle Dir Dein Leben in der DDR erklären, habe ich bewußt meinen Eingangssatz in Frageform gestellt.

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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Rüganer » 9. November 2012, 10:15

@Interessierter

meinst Du nicht, der Normalbürger der DDR hat nicht gewusst, dass er da an der Mauer erschossen werden könnte, wenn er da hingeht und nicht stehenbleibt? Er hat spätestens dann gewusst, als massiv die Forderung kam, die Selbstschussanlagen abzubauen, oder seit Gartenschläger, dass an der Grünen Grenze solche Dinger hängen und dass es dort auch Minen in der Erde gibt.
Gewusst haben die Normalbürger diese Dinge durchaus schon.
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Hamiota » 9. November 2012, 10:40

Um ehrlich zu sein kann ich mir nicht vorstellen dass es DDR-Bürger gab welche nicht wussten was an der Grenze los war.
Die Grenztruppen waren keine kleine Truppe und jeder kannte mindestens einen der dort gedient hat! Die Angehörigen der Grenztruppen kamen aus der Mitte der Gesellschaft und nach dem Dienst gingen sie da auch wieder hin!
Zu behaupten der Durchschnitts DDR Bürger hätte nicht gewusst dass dort geschossen wird und Minen lagen ist einfach falsch!
Es war allgemein bekannt!

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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon verbindungsoffizier » 9. November 2012, 10:53

Hamiota,

Noch eine kleine 'Oppositionsgeschichte'. Ich hoffe, ich nicht langweilig werde.

Sommer 1986. Bezirk Magdeburg, neue PRA Karte. Ich war tief im Wald oestlich der Stadt. Dort 200m entfernt war in Uebung eine russische Verbindungseinheit (Ural 375, Zil 131, Zelten usw). Ich sprach mit zwei Forstmeistern (mag sein Jahrgang 1935 oder so was).

Die Russen waren fast bereit weiterzumarschieren und bald haben sie angefangen, in meine Richtung vorbeizufahren. Die Forstmeister sind beide schnell vor meinen Wagen gegangen, um mich mit ihren Koerpern etwas zu tarnen.

Nachher hat einer gesagt, 'Dieser Forst gehoert dem Bischhof Magdeburg. Er ist christlicher Forst'.
Es ist schon fast vor 30 Jahren, seitdem ich Deutsch studierte und fast vor 20, seitdem ich Deutsch regelmaessig sprach. Falls Sie keine Ahnung, worueber ich rede, dann versuche ich es anders zu erklaeren.
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Interessierter » 9. November 2012, 11:11

Neuer Beitragvon Rüganer » 9. November 2012, 10:15
@Interessierter

meinst Du nicht, der Normalbürger der DDR hat nicht gewusst, dass er da an der Mauer erschossen werden könnte, wenn er da hingeht und nicht stehenbleibt?


Rüganer, daß der Normalbürger davon wußte, damit stimme ich mit Dir überein. Meine Frage war aber, ob der Normalbürger der DDR wohl ebenso teilnahmslose und ungerührte Empfindungen hegte, wie es der Edelknabe in dem von mir Zitierten, empfand ?
Zumal ja auch nicht nur Erwachsene sondern auch Kinder und Jugendliche ums Leben kamen.

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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Sirius » 9. November 2012, 11:16

verbindungsoffizier hat geschrieben:Hamiota,

Noch eine kleine 'Oppositionsgeschichte'. Ich hoffe, ich nicht langweilig werde.

Sommer 1986. Bezirk Magdeburg, neue PRA Karte. Ich war tief im Wald oestlich der Stadt. Dort 200m entfernt war in Uebung eine russische Verbindungseinheit (Ural 375, Zil 131, Zelten usw). Ich sprach mit zwei Forstmeistern (mag sein Jahrgang 1935 oder so was).

Die Russen waren fast bereit weiterzumarschieren und bald haben sie angefangen, in meine Richtung vorbeizufahren. Die Forstmeister sind beide schnell vor meinen Wagen gegangen, um mich mit ihren Koerpern etwas zu tarnen.

Nachher hat einer gesagt, 'Dieser Forst gehoert dem Bischhof Magdeburg. Er ist christlicher Forst'.


Deine Geschichten sind interessant! Aufgrund Deiner letzten Geschichte habe ich eine Frage an die Runde. Waren die Kirchengüter und Wälder nicht alle verstaatlicht? Gab es tatsächlich noch Forstbesitz der Kirche, der nicht enteignet worden war? Wie sah es mit anderen landwirtschaftlichen Flächen wie Äckern aus, die vor 1945 im Kirchenbesitz waren? Weiss das hier zufällig jemand?
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Rüganer » 9. November 2012, 11:24

Nein Sirius,
die Kirche ist nicht enteignet worden, jedenfalls meines Wissens nach. Als sich hier eine GmbH gründete und sie den Grund und Boden kaufen wollte, stellte sich heraus - Kirchenland und die Kirche verkauft nicht, generell wohl nicht. Also galt es eine Austauschfläche zu suchen.

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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Rüganer » 9. November 2012, 11:32

Interessierter hat geschrieben:[

Rüganer, daß der Normalbürger davon wußte, damit stimme ich mit Dir überein. Meine Frage war aber, ob der Normalbürger der DDR wohl ebenso teilnahmslose und ungerührte Empfindungen hegte, wie es der Edelknabe in dem von mir Zitierten, empfand ?
Zumal ja auch nicht nur Erwachsene sondern auch Kinder und Jugendliche ums Leben kamen.

" Der Interessierte "


Interessierter,

wer hat schon die Meinung von Normalbürgern ( Mehrzahl ) erfahren? Das MfS vielleicht, möglicherweise gibt es da ja Auswertungen, was die da gehört haben.
Aber, wer außer Verwandten und die auch nur bedingt, hat jemanden schon seine Meinung zu so einem Thema gesagt? Na nun aber, wo doch der dritte, der zuhörte, schon einer sein konnte, der irgendwo berichtete?
Ich habe jedenfalls nur die Meinung gehört, dass man da besser nicht hingehen sollte. Von Kindern und Jugendlichen, bzw. konkrete Fälle, die waren wohl nun nicht so bekannt.
Solche Themen sind doch niemals im Angelverein oder bei den Kegelbrüdern besprochen worden, auch in den Arbeitskollektiven nicht. Deswegen kann eigentlich keiner sagen, was der Normalbürger dachte.
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Rüganer » 9. November 2012, 11:50

verbindungsoffizier hat geschrieben:Hamiota,

Noch eine kleine 'Oppositionsgeschichte'. Ich hoffe, ich nicht langweilig werde.

Sommer 1986. Bezirk Magdeburg, neue PRA Karte. Ich war tief im Wald oestlich der Stadt. Dort 200m entfernt war in Uebung eine russische Verbindungseinheit (Ural 375, Zil 131, Zelten usw). Ich sprach mit zwei Forstmeistern (mag sein Jahrgang 1935 oder so was).

Die Russen waren fast bereit weiterzumarschieren und bald haben sie angefangen, in meine Richtung vorbeizufahren. Die Forstmeister sind beide schnell vor meinen Wagen gegangen, um mich mit ihren Koerpern etwas zu tarnen.

Nachher hat einer gesagt, 'Dieser Forst gehoert dem Bischhof Magdeburg. Er ist christlicher Forst'.


Siehst Du, es waren nicht alle fanatische Kommunisten, die sofort jeden angeschi..en haben, der nicht in die politische Linie passte.
Nein, Du hast Dich mit den beiden Forstleuten unterhalten, die haben gesehen, oh, ein deutsch sprechender Engländer, haben gesehen - es geht gegen die Russen und schon hattest Du die großen Chancen, zumal ihr da alleine im Wald gewesen seit.
Dem Russen wollten alle zumindest bisschen einen Streich spielen, es war kein Zeuge da, der den beiden Waldarbeitern hätte gefährlich werden können und ihr hattet zumindest durch das Reden eine Beziehung hergestellt.
Wenn dies schon Opposition sein soll, dann allerdings gibt es viele...
Ich würde es als eine Anständigkeit Dir gegenüber bezeichnen und bei dem Jahrgang der Forstleute, da spielte mit großer Sicherheit auch die Abneigung gegen die Russen mit rein.
Rüganer
 

Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon verbindungsoffizier » 9. November 2012, 12:10

Rueganer,

Die Russen haben uns gar nicht gesehen. Ich erzaehle einfach die Geschichte und lasse es dem Leser, seine eigene Schlusserfolgerungen zu machen. Was ich bemerkt habe, war ihre Hilfsbereitigkeit und das christliche Aspekt.

Wenn die Russen uns gesehen haetten, haette die Lage ganz schnell sich veraendern koennen. Blockierung, moegliche Gewalt, die Forstarbeiter auch eingeschlossen. Ich betrachte ihre Aktion als tapfer auch.

Ich habe 'Opposition', in ' ' geschrieben, weil es viele solche kleine, individuelle Ausdruecke und Taetigkeiten gaben.
Zuletzt geändert von verbindungsoffizier am 9. November 2012, 12:33, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist schon fast vor 30 Jahren, seitdem ich Deutsch studierte und fast vor 20, seitdem ich Deutsch regelmaessig sprach. Falls Sie keine Ahnung, worueber ich rede, dann versuche ich es anders zu erklaeren.
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Neun » 9. November 2012, 12:31

Die meisten haben es als Randnotiz zur Kenntnis genommen, in etwa so wenn heute mal wieder ein Flüchtlingsboot im Mittelmeer versinkt, und das war es. Es betraf einen nicht und interessierte einen auch nicht weiter, je nach Standpunkt kam höchstens noch der Gedanke "Sauerei" oder "Selbst Schuld" dazu und dann ging das Leben auch schon wieder weiter.
Neun
 

Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Interessierter » 9. November 2012, 13:14

Nur das eben, daß das Flüchtlingsboot nicht im eigenen Land versinkt und auf dem Boot keine Landsleute ums Leben kommen. Ein wenig intelligenter Vergleich und ob die Bürger der DDR Mitarbeitern des MfS nun unbedingt ihre wahren Empfindungen schilderten, könnten da nicht Zweifel angebracht sein ?
Interessierter
 

Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Neun » 9. November 2012, 14:22

Ein wenig intelligenter Vergleich? Ich dachte immer ein Leben ist ein Leben! Trotzdem von erfrischender Offenheit und gut zu wissen, dass Demokraten da scheinbar Unterschiede machen aus welchem Land es stammt!

Ändert aber nichts daran, dass man mit dem Einen wie dem Anderen im Normalfall eher nicht zu tun hatte. Sicher hat Dir nicht jeder gesagt was er denkt, das wäre ja heute noch dumm, aber im Kreis Freunde von Jugend an wurde schon eine Offenheit gepflegt dass man schon mal einwarf sag das in der Form bloß nicht öffentlich. Eben aus z.B. diesem Kreis war zwar durchaus handfeste Kritik an einigen Verhältnissen in der DDR zu hören. Nur da ging es eher um Reisefreiheit und um die "Mauer" an sich, über einzelne Tote wurde sich nie beklagt. Die Form der Grenzsicherung war allgemein bekannt und wer die Gefahr sucht kann darin umkommen.

Das bezieht sich jetzt auf meine Erfahrungen, Edelknabe, Rüganer und andere haben aber scheinbar die gleichen gemacht.
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Edelknabe » 9. November 2012, 17:56

Der vorstehende Text von Neun und auch Hamiota mit diesem seinem Absatz in einem Vortext:

Stellt man die Frage nach den Einfluß der Opposition auf das reale Leben in der DDR und nach der Wahrnehmung im Volk, so muss man konstatieren das dies in der Tat heute falsch dargestellt, zu hoch eingeschätzt, glorifiziert, idealisiert, zu viel Wichtigkeit beigelegt -"überbewertet"- wird! Das ist für viele ehemaligen Bürgerrechtler bitter, entspricht aber leider der Wahrheit!
Textauszug Ende.

Und auch Rüganer, da wollte ich hin, was also der Einzelne überhaupt über gewisse Zeiträume wahrgenommen hatte oder besser, wie er sich zu bestimmten Sachen verhalten hatte siehe wieder die schönen Beispiele von Verbindungsoffizier.Aber das Ende, die letzten Jahre der DDR muss man da irgendwie abtrennen weil einfach eine explosive Mischung, eine Zuspitzung entstand die dann...siehe die Wende eskalierte, sich entlud.

Hin zu Interessierter und ich meine, das hatte doch nichts mit Kaltherzigkeit zu tun, wenn eben Tote an der Grenze nicht die gebührende Aufmerksamkeit erhielten, die ihnen heute zu teil wird. Aber dazu eine kleine Geschichte im kommenden Text.

Rainer-Maria hat mich echt gefreut, das im Laufe des Tages allerhand Texte beigetragen wurden. So macht das Forum Sinn.
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Edelknabe » 9. November 2012, 19:07

Mal hin zu der Geschichte:

Als ich Ende der 70er Jahre (nach meinem Wehrdienst an der Grenze) wieder im zivilen Leben aufschlug, früh also zum Frühstück in meinem "VEB staatsnah und Landesverteidigung" im Kreise meiner Kollegen saß wollte ich ihnen so bissel erzählen, von der Grenze. Ich junger Vollidiot holte doch die kleinen Guss-Splitter der Splittermine SM70 aus der Brieftasche...man muss das mal für den Schüler etwas erklären, das war so ne Macke bei den Gefreiten/Heimgängern etwas mitzunehmen, mit was man an der Grenze zu tun hatte...und legte diese doch auf den Tisch.

Alles schaute bissel unverständlich,stellte schonmal ne Frage aber tiefer ging es irgendwie nicht, dann war das Thema erledigt, die jungen technischen Zeichnerinnen aus unserem Bereich Projektierung wichtiger die früh immer in ihren furzkurzen Miniröcken die belegten Brötchen holen kamen. Ich schrieb die schöne Geschichte schonmal im Boizenburgtrefffred.

Nicht Einer wollte wissen was da nun und warum und Grenze und Schießen und Flüchtlinge und und und, es interessierte einfach Keinen? An dem Morgen dachte ich so bei mir...halt einfach das Maul, das Leben geht weiter und ich vergass aber auch gut 20 Jahre völlig den ganzen Grenzkram, der ganz normale Alltag hatte mich einfach wieder.

Rainer-Maria so vor der Jahrhundertwende muss das gewesen sein, ich schrieb das schonmal hatte ich beruflich bei Hamburg auf einer Montagebaustelle zu tun, Abends viel Zeit, der Wessikollege bißchen tariflich faul ging schon 16.00Uhr in seinen Feierabend, ich also los nach Boizenburg und bumms...war alles wieder da, als wenn man den Schalter umgelegt hätte.
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 9. November 2012, 19:53

Interessierter hat geschrieben:Nur das eben, daß das Flüchtlingsboot nicht im eigenen Land versinkt und auf dem Boot keine Landsleute ums Leben kommen. Ein wenig intelligenter Vergleich und ob die Bürger der DDR Mitarbeitern des MfS nun unbedingt ihre wahren Empfindungen schilderten, könnten da nicht Zweifel angebracht sein ?


Ich finde, Deine Meinung ist an Kaltherzigkeit einfach nicht zu überbieten und ich kann mir nicht vorstellen, daß der Normalbürger [damals] so [dachte] denkt.

Zitat von @Interessierter, heute gegen Mittag, passt doch zur eigenen Äußerung von Dir wie die berühmte Faust auf's Auge Interessierter, oder?

Der "Normalbürger" der "deutsches" Leben für wertvoller hält, nur weil es "Deutsch" ist. Sachen werden hier geschrieben......

Thoth
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Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 9. November 2012, 20:09

Hamiota hat geschrieben:Wie definiert man "überbewerten"? Die Opposition in der DDR kann man nicht überbewerten, sie war wichtig, richtig und moralisch gerechtfertigt. Letztendlich geboren aus dem allumfassenden Machtanspruch der "Herrschenden Kraft" in dieser DDR.
Bei einem vernünftigen Umgang mit dieser Opposition hätte es diese bald nicht mehr gegeben. Aber selbst diese Oposition war kein homogenes zusammenhängendes Gebilde sondern nach Ursachen, Zielen und Mitteln total zersplittert. Als wichtigste Säule kann man wohl Kreise der Evangelischen Kirche ansehen!

Stellt man die Frage nach den Einfluß der Oposition auf das reale Leben in der DDR und nach der Wahrnehmung im Volk, so muss man konstatieren das dies in der Tat heute falsch dargestellt, zu hoch eingeschätzt, glorifiziert, idealisiert, zu viel Wichtigkeit beigelegt -"überbewertet"- wird! Das ist für viele ehemaligen Bürgerrechtler bitter, entspricht aber leider der Wahrheit! Es liegt in der Natur des Menschen dass er dazu neigt seine Vergangenheit in ein besseres, idealisiertes Licht zu setzen. Um so mehr weil in der heutigen Gesellschaft das "blenden", sich "vorteilhaft darstellen" zur Grundvoraussetzung gehört um im Berufsleben, Wirtschaft, Medien und speziell der Politik erfolgreich bestehen zu können!

Gruß [hallo]
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Guter Beitrag @Hamiota,

keiner stellt hier die Frage wieviel waren es denn überhaupt? Wieviel Oppositionelle gab es denn in der DDR die Veränderungen wollten, nicht die DDR abschaffen.
Jens Reich sprach von ein paar Hundert und das glaube ich auch.
Sie "wirkten" in abgeschlossenen, abgeschotteten (nicht durch die Stasi) selbstgewählter Isolation und träumten von einer besseren DDR.......
Außen oder Breitenwirkung hatten sie nicht.
Sie waren, in einer anderen Art, genauso Realitätsfremd wie die die sie bespitzeln ließen........
Das zeigte sich doch nach dem 9.November.
Bestes Beispiel für mich wie B. Bohley in Leipzig im Dezember 89 gnadenlos ausgebuht wurde.

Die angeblichen Hunderttausenden Oppositionellen und "Regimegegner" die es gegeben haben soll, sind in Wahrheit nur wie überall die Unzufriedenen, Meckerköppe und Nörgler. Gibt es in jeder Gesellschaft, die die es schon immer besser wußten, es besser gemacht hätten aber über markige Worte nicht hinauskommen. Besonders hinterher oder wenn es nicht mehr gefährlich ist.

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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Affi976 » 9. November 2012, 20:12

@Thoth,

unser aller Eppelmann hat mal in einem Interview verflötet...."wenn überhaupt, gab es 1000 ( Tausend ) sog. Oppositionelle"
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Interessierter » 9. November 2012, 20:16

Thoth, das mag ja im alten Ägypten so gewesen sein und " Thoth " der Gott der " Magie und Weisheit ", dessen Namen Du Dir ja als Nick ausgesucht hast, mag das von sich gegeben haben, aber du hast nur seinen Nicknamen und bei Magie und Weisheit anscheinend vergessen laut " HIER " zu rufen.

Meine Anteilnahme ist zum einen jedenfalls für Angehörige ein Stückchen größer, als für Menschen die im Mittelmeer ertrinken und noch ein Stückchen größer wenn unbewaffnete Kinder, Jugendliche und Erwachsene meines Heimatlandes von Grenzsoldaten des gleichen Landes erschossen werden.

Wenn bei Dir überall der Schmerz gleich groß ist, dann müssen Deine Tränensäcke ja konstant leergeweint sein. Du hast mein tief empfundenes Mitgefühl.

[hallo]
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 9. November 2012, 20:43

Interessierter hat geschrieben: unbewaffnete Kinder, Jugendliche und Erwachsene meines Heimatlandes von Grenzsoldaten des gleichen Landes erschossen werden.


Der BGS hat damals an der Ostgrenze "unbewaffnete Kinder, Jugendliche und Erwachsene" erschossen?
Das ist ein Ding! Wußte ich nicht.

Da Du, wie ich gelesen habe, in den Altbundesländern gebürtig und aufgewachsen bist, willst Du mir nicht ernsthaft erklären wollen das Du vor 89 die DDR als Teil Deines Heimatlandes betrachtet hast.
Es sei denn Du bist so Einer der die unter "polnischer" und "sowjetischer" Verwaltung stehenden Ostgebiete ebenfalls als legitime Heimat betrachtet?

Das deutsche Kaiserreich vor 1914, das Heilige Römische Reich deutscher Nation im Hochmittelalter, alles Heimat?

Die Altbundesbürger, jedenfalls die Normalen, die ich nach 89 kennenlernte interessierten sich vor 89 für die DDR überhaupt nicht. Das war so was von weit hinterm Mond.....
Auch heute hält sich das Interesse in Grenzen so mein Eindruck. Es hat sie damals nicht berührt was sollen sie sich heutzutage damit beschäftigen.

Thoth
Zuletzt geändert von Nostalgiker am 9. November 2012, 21:12, insgesamt 1-mal geändert.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Edelknabe » 9. November 2012, 20:57

Ist zwar OT aber eine kleine Geschichte noch zum Kirchenland in der DDR:

Ich hatte mal ne Firma, gegründet um die Wendezeit, allerhand Beschäftigte und Lehrlinge(hatte ich schonmal getextet) und kam in die Ecke wo ich jetzt wohne, der dumme Zufall wollte es so, ein Kundenauftrag. Da war ein alter Mann,neben der Baustelle, der bewirtschaftete landwirtschaftlich ne Fläche von so 4500 Quatratmetern und erzählte mir, das sei Kirchenland, war es immer schon.

Ich, Unternehmerluft geschnuppert und die Kirche angebaggert mir doch das Land zu verkaufen, für eine bauliche Maßnahme, so ne Art Niederlassung vor Leipzig als Sprungbrett in die Torgauer Richtung, in die Lausitz.Der alte Mann kam vor Angst zu mir und meinte..."ich wolle ihn da seiner Arbeit berauben"..ich beruhigte ihn, das hätte alles Zeit, ich bin Einer, der langfristig denkt.

Die Kirche schreibt(der Pfarrer)....Ja, das ginge wohl in Ordnung, ich solle schonmal ein Preisangebot machen, er wolle mit seiner Kirchenoberentscheidungsbehörde reden, er wisse wohl, die brauchen Geld, wollen die Kirche im Ort sanieren, würden sich von den Fleckchen Erde/Acker trennen wollen. Ich Vollidiot ließ doch das kostbare Schreiben irgendwie liegen, hatte Baustellen ohne Ende,einfach keine Zeit, dachte, das klappt später auch noch.

Später fehlte dem "Hans im Glück" also mir das nötige Kleingeld für die Extrainvestition, ich baute das aus was ich schon vorher schon in der Ecke erworben hatte. Kirchenland Ade. Sonst wäre ich heute..."aber hätte und wäre und hätte nicht."

Rainer-Maria sehe ich den alten Mann heute dann quatschen wir, lachen über die alten Zeiten, er ist längst im Ruhestand, ich wohl balde auch.Das Land ist immer noch Kirchenland, die Kirche verfällt weiter. Gewinne ich im Lotto kauf ich das Teil, für meine Büchersammlung, so wie der Sodan in SAnhalt, damit ich endlich mal Platz in der Bude bekomme denn meine Frau meckert schon, ich solle mich nun endlich mal von den tausenden Büchern...Niemals, nur über meine Leiche...he, lacht doch mal mit denn solche schönen Geschichten schreibt einfach und ehrlich das Leben.
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Wosch » 9. November 2012, 21:20

Für Die die nicht zu meinen "Fan´s zählen ein paar Worte in besserwissender Weisheit: "Wer als Erwachsender von den "Ermordeten an der innerdeutschen nichts mitbekommen haben wollte, hatte entweder kein Westfernsehen, kein Westrundfunk,keine Westverwandschaft, keinen großen Bekanntenkreis,oder auch nur kein Interesse sich mit seiner eigenen eingemauerten Lage zu beschäftigen. Es kann natürlich auch sein, daß er den Nachrichten der BRD Sendeanstalten weniger Glauben schenkte als den eigenen Medien, die ja immer nur von einer friedlibenden DDR berichteten. Ich sag es mal deutlich, Jeder hätte es wissen müssen oder können, allerdings mußte man es auch wollen. Daß man über dieses Wissen nicht öffentlich hausieren ging ist der Tatsache zu verdanken, daß Jederman auch wußte daß er sich mit dem Thema "Erschossen weil er einfach nur weg wollte" selber in allergrößte Bedrängnis bringen würde und da haben wir auch gleich die Parallele zum 3. Reich: "Nichts gesehen, nichts gehört und deswegen auch nichts gesagt." Vielleicht ist das etwas zu scharf ausgefallen, aber in der Sache doch nicht unbedingt verkehrt, oder?
Nein Du "Neun(malkluger), über einzelne Tote an der Mauer wurde nicht geklagt, über die wurde geweint und oft auch nur im stillen Kämmerchen, weil Ihr von der Firma dafür gesorgt hattet daß die Hinterbliebenden nicht klagen durften, nach dem ihr über die Todesursachen Stillschweigen verordnet hattet."
Zur Opposition: "So unbedeutend wie man sie gerne hinzustellen versucht war sie mit Sicherheit nicht, zumindestens das MfS hat dieser "unbedeutenden" Opposition allergrößter Aufmerksamkeit gewidmet und in ihren Bemühungen ihrer habhaft zu werden selbst vor den miesesten Praktiken nicht zurückgeschreckt. Ich denke mal daß man die sich bildenden Bürgerbewegungen Landein und Landab zur Gorbatschow-Ära durchaus als Opposition bezeichnen kann und das zu Recht, denn die waren es doch, Die die Anderen mitgerissen haben und somit den Sturz des Regime´s mit vorbreiteten. Nun ja, im Nachhinein sind es immer mehr gewesen Die schon immer dagegen waren, mag auch sein, aber pauschalisieren sollte man das nicht, man täte Vielen damit unrecht."
Übrigens wenn man die über 3 Millionen Republikflüchtlinge zu den Oppositionellen zurechnen würde, ach nein Wosch das waren doch keine Politischen, die wollten doch nur wegen der Bananen!
Schönen Gruß aus Kassel. [hallo]
Ich bin stolz darauf, noch nie den "Melde-Button" benutzt zu haben!
Mecklenburger sind nicht nachtragend, aber vergessen tun sie auch nicht!
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Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon Interessierter » 9. November 2012, 21:38

Thoth, die Menschen in der DDR waren, wie bei vielen Bürgern in der alten BRD, immer meine Landsleute und ich habe immer an ein wieder vereinigtes Deutschland geglaubt. Ob Dir das nun passt oder nicht.

Die Altbundesbürger, jedenfalls die Normalen, die ich nach 89 kennenlernte interessierten sich vor 89 für die DDR überhaupt nicht. Das war so was von weit hinterm Mond....


Das mit weit hinter dem Mond schrieb erst kürzlich ein anderer User in Bezug auf die Erschossenen an der Grenze. Wie ich schon schrieb, genügt der Nick eines Gottes der Weisheit nicht, wenn nur der Name und nicht die entsprechende Weisheit vorhanden ist.
Auch wenn gerade die Bilder des 9.11. Deine Aussage des Desinteresses widerlegen, bleibt Dir selbstverständlich Deine Meinung unbenommen.

Übrigens, die vielen Bekannten, Freunde und ehemalige Kollegen aus der Ex - DDR, zu denen ich auch heute noch ein herzliches Verhältnis pflege, lassen mich auch Exoten und Paradiesvögel der politischen Meinungsfreiheit locker und gelassen ertragen.

In diesem Sinne ein schönes Wochenende mein ägyptischer Gott " Thoth "

[grins]
Interessierter
 

Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon vs1400 » 9. November 2012, 23:55

Rüganer hat geschrieben:@Interessierter

meinst Du nicht, der Normalbürger der DDR hat nicht gewusst, dass er da an der Mauer erschossen werden könnte, wenn er da hingeht und nicht stehenbleibt? Er hat spätestens dann gewusst, als massiv die Forderung kam, die Selbstschussanlagen abzubauen, oder seit Gartenschläger, dass an der Grünen Grenze solche Dinger hängen und dass es dort auch Minen in der Erde gibt.
Gewusst haben die Normalbürger diese Dinge durchaus schon.


und waren demnach selber schuld?

gruß vs
vs1400
 

Re: Heutige Überbewertung der Opposition in der DDR

Beitragvon vs1400 » 10. November 2012, 00:39

Edelknabe hat geschrieben:Mal hin zu der Geschichte:

Als ich Ende der 70er Jahre (nach meinem Wehrdienst an der Grenze) wieder im zivilen Leben aufschlug, früh also zum Frühstück in meinem "VEB staatsnah und Landesverteidigung" im Kreise meiner Kollegen saß wollte ich ihnen so bissel erzählen, von der Grenze. Ich junger Vollidiot holte doch die kleinen Guss-Splitter der Splittermine SM70 aus der Brieftasche...man muss das mal für den Schüler etwas erklären, das war so ne Macke bei den Gefreiten/Heimgängern etwas mitzunehmen, mit was man an der Grenze zu tun hatte...und legte diese doch auf den Tisch.

Alles schaute bissel unverständlich,stellte schonmal ne Frage aber tiefer ging es irgendwie nicht, dann war das Thema erledigt, die jungen technischen Zeichnerinnen aus unserem Bereich Projektierung wichtiger die früh immer in ihren furzkurzen Miniröcken die belegten Brötchen holen kamen. Ich schrieb die schöne Geschichte schonmal im Boizenburgtrefffred.

Nicht Einer wollte wissen was da nun und warum und Grenze und Schießen und Flüchtlinge und und und, es interessierte einfach Keinen? An dem Morgen dachte ich so bei mir...halt einfach das Maul, das Leben geht weiter und ich vergass aber auch gut 20 Jahre völlig den ganzen Grenzkram, der ganz normale Alltag hatte mich einfach wieder.

Rainer-Maria so vor der Jahrhundertwende muss das gewesen sein, ich schrieb das schonmal hatte ich beruflich bei Hamburg auf einer Montagebaustelle zu tun, Abends viel Zeit, der Wessikollege bißchen tariflich faul ging schon 16.00Uhr in seinen Feierabend, ich also los nach Boizenburg und bumms...war alles wieder da, als wenn man den Schalter umgelegt hätte.



rainer, warum du nun dieses fragezeichen setztes?
egal, ich schreibe nur etwas zu deiner aussage.

man Rainer, berichtest uns so oft von dir und deiner hingabe den menschen zu studieren, was du schon damals recht gut konntest.
ist es dir echt nicht in den sinn gekommen, dass sich deine kollegen fragten ... heee, was soll das denn jetzt?
etwas, in der damaligen zeit und aus damaliger sicht, derart offen zu präsentieren, sei bitte nicht sauer, war schon leicht naiv.
frag deine kollegen doch heute nochmal und hör genau hin.

im verhalten deiner kollegen zeigt sich doch eindeutig, wie weit es das damalige system gebracht hat, ne offene meinung zu unterdrücken.
daher gab es auch nie eine offene opposition, die vergleichbar wäre mit der heutigen.
offene opposition war doch nur möglich, indem man einen antrag stellte oder zum republikflüchtling wurde. beides jedoch waren zwangsmaßnahmen, zu denen menschen getrieben wurden.
wenn man sie einfach gelassen hätte, hätte es fast keiner bemerkt, nur waren es eben keine einzelfälle und es schien einigen wohl einfacher gesetze zu verfassen, als nach lösungen zu suchen.
doch man sollte nie vergessen, ohne opposition wäre es nie zu dem gekommen, was wir erleben durften.

gruß vs
vs1400
 

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