DDR - Oppositionelle

DDR - Oppositionelle

Beitragvon Interessierter » 3. September 2012, 14:56

Viele DDR-Oppositionelle verneinen die Frage, ob die Ausreisebewegung auch Opposition gewesen sei. Ich meine, ein Ausreiseantrag oder eine Flucht, häufig gekoppelt mit Inhaftierung, waren eine konsequente Verweigerung gegenüber diesem System. Eine Verweigerungshaltung einer zunehmenden Masse, die letztlich das System zum Einsturz brachten. Ohne die Ausreisebewegung und die Fluchtwelle wären die Massendemonstrationen ab Herbst 1989 nicht möglich gewesen. Der DDR-Führung gelang es nicht, die Ausreisebewegung in den Griff zu bekommen. Die marginale Opposition, die für sich den Anspruch erhob, Opposition zu sein, was man auch diskutieren könnte, hätte der DDR-Führung niemals bedrohlich werden können. Nur Massenbewegungen haben eine gesellschaftsverändernde Kraft, nicht ein Häuflein marginalisierter Linker. Allerdings so mancher Oppositionelle war nicht links, wie sich nach der „Wende" herausstellte. Heute bezeichnen diese die Alternative eines wirklichen Sozialismus als Utopie von Spinnern.

Wo ist die Mehrheit der ehemaligen DDR-Oppositionellen heute in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu finden?

Ich finde das ist eine berechtigte Frage, meine aber auch, daß sicher nicht alle ehemaligen Oppositionelle die Alternative eines wirklichen Sozialismus aufgegeben haben.
Vielleicht ist es ja auch noch zu früh, nach den Horrorerlebnissen der Menschen im Sozialismus, schon wieder an diese Alternative zu glauben?

Grotesk daran finde ich nur, daß Verklärer und Schönredner dieses gelebten Sozialismus, wie sie noch in vielen Foren zu finden sind, erheblich dazu beitragen, daß Gedanken geschweige Verwirklichung eines alternativen Sozialismus, nicht die geringste Chance haben.

Wer damals nicht einmal den wirtschaftlichen Untergang und die Pervertierung des Sozialismus bemerkte, der spürt sicher auch nicht die Wirkung seiner Verklärung und Schönrederei.

Die oberen Zeilen sind ein Zitat aus:
http://www.freiheitpur.i-networx.de/ausreise.html
Interessierter
 

Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Rainman2 » 3. September 2012, 16:19

Hallo Interessierter,

danke für den Artikel.

Mein Problem mit Anne Seeck ist hier wieder einmal die beliebige und oft nur provokative Nutzung von Begriffen. Nun gut, ich kann die Bewegung von Bürgern eines Staates in eine geografische Richtung gern als politische Bewegung ansehen. Dass sich diese gegen den Staat DDR richtete ist ziemlich offensichtlich. Aber, wenn ich soweit gehe, kann sich heute auch jeder Faulpelz zum Oppositionellen krönen. Es ist ja auch irgendwie gegen den Staat. Das kurze "Hinüberhuschen" über die "offiziellen" DDR-Oppositionellen macht mir den Artikel schon fast zum Brechmittel. Ich weiß nicht, wie sich die seinerzeit aktive kirchliche Opposition der DDR zu der Bezeichnung "ein Häuflein marginalisierter Linker" stellt. Aber die Auseinandersetzung soll Anne Seeck gefälligst selber führen. Und dann kommt die Überraschung: "Allerdings so mancher Oppositionelle war nicht links, wie sich nach der „Wende" herausstellte." Na das überrascht nun auch wirklich nur noch die Autorin. Schade, dass gute Ansätze und fleißige Recherche im Endeffekt durch diese Art von Schwadroniererei wieder entwertet werden.

Einen Satz von Dir, Interessierter, unterschreibe ich aber sofort: "Grotesk daran finde ich nur, daß Verklärer und Schönredner dieses gelebten Sozialismus, wie sie noch in vielen Foren zu finden sind, erheblich dazu beitragen, daß Gedanken geschweige Verwirklichung eines alternativen Sozialismus, nicht die geringste Chance haben." Die sind nicht nur in Foren zu finden. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit der heutigen Gesellschaft kann von einer linken Position aus nur stattfinden, wenn die Vergangenheit des Sozialismus auch in der DDR kritisch aufgearbeitet wird. Das ist nun wieder der Ansatz, den ich bei Anne Seeck gut nachvollziehen kann, denn genau das versucht sie gegen die etablierten linken Kräfte. Aber jenseits des Ansatzes finde ich zuwenig Genauigkeit und zu viel Polemik ... Schade.

ciao Rainman
Rainman2
 

Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Interessierter » 3. September 2012, 16:33

Hallo Rainmann,
Deiner Einschätzung betreffs Anne Seek kann ich durchaus folgen, aber für mich gibt sie einfach gute Denkanstöße.
Die Polemik schreibe ich einfach einmal auch ihrer persönlichen großen Enttäuschung zu.

Gruß
" Der Interessierte "
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Janko » 3. September 2012, 17:59

@Interessierter...........Ich finde das ist eine berechtigte Frage, meine aber auch, daß sicher nicht alle ehemaligen Oppositionelle die Alternative eines wirklichen Sozialismus aufgegeben haben.


Warum sollte man diese Alternative aufgeben ? ...nur weil etwas, auch unter völlig anderen Vorzeichen, nicht geklappt hat, muß doch die Vision nicht schlecht sein. Dieser Gedanke ist nicht von mir. Darüber sollte man schon nachdenken und sich äußern dürfen. Das hat weder mit Schönfärberei oder Verklären was zu tun, sondern schlichtweg mit analysieren.
Keinesfalls bin ich der Meinung, dass die gegenwärtige Gesellschaftsordnung, die sich längst von ihrem Anspruch einer sozialen Marktwirtschaft verabschiedet hat der Weisheit letzter Schluß ist / sein kann. Hat man denn heut überhaut Visionen ? Gut, der eigentlich von mir geschätzte Bundeskanzler a.D. Schmidt sagte...."wer Visionen hat sollte zum Arzt gehen...", aber evtl. hatte er da bissl viel geschnupft oder gequalmt.
Welche Rolle spielt denn der Staat ?...oder hab nur ich den Eindruck, daß man einer Entwicklung hinterherhechelt und dieser als Feuerwehrmann auftaucht,....es brennt und man löscht mit falschen Mitteln.
Warum muß ich heute in der Zeitung lesen, daß sich die Bundesarbeitsministerin mit der absehbaren akuten Altersarmut beschäftigt, explizit bei Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben und das in einen der reichsten Ländern der Erde ??...und über diese Ursachen darf ich mir keine Gedanken machen und meine Meinung äußern ???

Zurück zu dem Ausgangsartikel. Bei allem "Kauderwelsch" der in diesem Artikel steht, um was gehts denn der Schreiberin wirklich ?
Vorsicht,.... da haben/machen sich welche Gedanken, ja die Schönfärber und Verklärer haben nun wirklich nichts bemerkt ?
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Nostalgiker » 3. September 2012, 18:37

Ausreiser waren keine Opposition!
Die versuchten nur ihre Schäfchen ins trockene zu bringen.

Was sind 15 Monate Haft mit garantierte Abschiebung in den Westen gegen jahrelange Repressionen, Bespitzelung, Verrat
ohnedie Möglichkeit abzuhauen bzw. auszureisen?

Von den VIP Oppositionellen will ich garnicht reden.
Dauervisum für den Westen, jederzeit die Möglichkeit Ein- und wieder auszureisen.
Das waren in meinen Augen weder Oppositionelle und auch keine Dissidenten. die haben einfach nur den Hals nicht voll genug bekommen.

Wer ist den von denn sogenannten Oppositionellen in der sogenannten DDR verbannt worden?, wer durfte die Stadt in die er Verbannt wurde nicht verlassen?
Havemann hatte Hausarrest! EINER! von angeblich Tausenden.
Das ich nicht lache.

Schriftsteller und Künstler durften reisen, das gemeine Volk blieb eingesperrt aber die Künstler und Schriftsteller klagten am Medienwirksamsten über die verletzung ihrer! Menschenrechte.
Für mich waren das nur Heuchler, im Osten alles mitnehmen was sie bekamen und als von da nichts mehr kam zum nächsten gegangen um dort abzukassieren.....

Thoth
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon augenzeuge » 3. September 2012, 18:57

Thoth hat geschrieben:Ausreiser waren keine Opposition!
Die versuchten nur ihre Schäfchen ins trockene zu bringen.
Thoth


Keine Opposition? Das sehen einige aber anders.....und ich denke, mit Recht!

Dr. phil. Wolfgang Mayer: Waren es nicht die Ausreisewilligen, die oppositionelle Verhaltensweisen in einem Umfang entwickelten, der es rechtfertigt, von einer tatsächlich politischen Kraft zu sprechen, welche ausreichte, das System zu verändern oder gar zu stürzen? Muss die Ausreisebewegung nicht auch als Bürgerrechtsbewegung gewertet werden? Schließlich zählte das Recht auf Ausreise zu den unveräußerlichen Grundrechten der Menschen in der DDR.

Und:

"Die effizienteste Form des Dokumentierens von Ausreisebegehren war", so Mayer, "nach Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki die Festsetzung in diplomatischen Missionen westlicher Staaten". Diese Festsetzungen verliefen allesamt friedlich. Nach Gandhi'schem Vorbild ist gewaltfreier Widerstand der restriktiven Politik eines totalitären Regimes entgegengesetzt worden.

AZ
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon SkinnyTrucky » 3. September 2012, 21:43

augenzeuge hat geschrieben:Keine Opposition? Das sehen einige aber anders.....und ich denke, mit Recht!


War nich auch grad die Grenze ein Instrument, die Abstimmung mit den Füssen entgegen zu wirken....ein Übriges taten die wohl absolut unfreien Wahlen und ein Haufen Gummiparagraphen um Opposition zu ersticken....

....eigendlich hat die DDR die Ausreisewilligen selber als Opposition gesehen, warum wohl wurden se denn so kriminalisiert, getreten und als Feinde gesehen....????

Also, die Frage geht jetzt nich an dich Jörg....das war nur ergänzend, aber dat hatteste wohl eh schon verstanden, hè....

groetjes uit Forli

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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Rainman2 » 4. September 2012, 10:30

augenzeuge hat geschrieben:... Keine Opposition? Das sehen einige aber anders.....und ich denke, mit Recht!

Dr. phil. Wolfgang Mayer: Waren es nicht die Ausreisewilligen, die oppositionelle Verhaltensweisen in einem Umfang entwickelten, der es rechtfertigt, von einer tatsächlich politischen Kraft zu sprechen, welche ausreichte, das System zu verändern oder gar zu stürzen? Muss die Ausreisebewegung nicht auch als Bürgerrechtsbewegung gewertet werden? Schließlich zählte das Recht auf Ausreise zu den unveräußerlichen Grundrechten der Menschen in der DDR.
...

Hallo Augenzeuge,

bitte genau lesen: "oppoitionelle Verhaltensweisen" und "politische Kraft" und "Bürgerrechtsbewegung". Das steht da. Und da gehe ich auch durchaus mit.
Aber eine politische Opposition im Sinne dieses Begriffs ist es tatsächlich nicht, da hier keine politische Organisation zugrunde lag.
Ein Teil des Widerstands in der DDR war es definitiv.

ciao Rainman
Rainman2
 

Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon EK 78/1 » 4. September 2012, 10:56

Thoth hat geschrieben:Ausreiser waren keine Opposition!
Die versuchten nur ihre Schäfchen ins trockene zu bringen.

Was sind 15 Monate Haft mit garantierte Abschiebung in den Westen gegen jahrelange Repressionen, Bespitzelung, Verrat
ohnedie Möglichkeit abzuhauen bzw. auszureisen?

Von den VIP Oppositionellen will ich garnicht reden.
Dauervisum für den Westen, jederzeit die Möglichkeit Ein- und wieder auszureisen.
Das waren in meinen Augen weder Oppositionelle und auch keine Dissidenten. die haben einfach nur den Hals nicht voll genug bekommen.

Wer ist den von denn sogenannten Oppositionellen in der sogenannten DDR verbannt worden?, wer durfte die Stadt in die er Verbannt wurde nicht verlassen?
Havemann hatte Hausarrest! EINER! von angeblich Tausenden.
Das ich nicht lache.

Schriftsteller und Künstler durften reisen, das gemeine Volk blieb eingesperrt aber die Künstler und Schriftsteller klagten am Medienwirksamsten über die verletzung ihrer! Menschenrechte.
Für mich waren das nur Heuchler, im Osten alles mitnehmen was sie bekamen und als von da nichts mehr kam zum nächsten gegangen um dort abzukassieren.....

Klasse Beitrag. [super] [freu] [super]

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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Dille » 4. September 2012, 14:09

Interessierter hat geschrieben: Ich meine, ein Ausreiseantrag oder eine Flucht, häufig gekoppelt mit Inhaftierung, waren eine konsequente Verweigerung gegenüber diesem System.


Zum Rotmarkierten kann ich aus meiner Sicht auch etwas sagen : ja, meine Flucht war mit Sicherheit eine Verweigerung gegenüber dem System ! Allerdings habe ich mich zu keiner Zeit als "Opposition" gefühlt -- ich war nach den Ereignissen in Prag 1968 eher desillusioniert, habe resigniert, habe in diesem System keine Zukunft oder Perspektive gesehen (weder für mich, noch gesamt).
Ich schrieb ja schon mal, daß ich nach meiner Flucht auch lange mit mir gehadert habe, ob dies der richtige Schritt war, oder ob es nicht "mutiger" gewesen wäre, für eine Veränderung im Inneren still und beharrlich "zu wirken" statt abzuhauen -- aber ich hatt's einfach nur satt.

Eine Wirkung der Flüchtlinge zurück sollte man aber in diesem Zusammenhang aber auch erwähnen : wir waren ja nicht einfach "weg", sondern haben Kontakte gehalten, ich habe die Verbindungen zur Familie (natürlich), aber auch und gerade zu Freundschaften gepflegt, und das nicht nur durch hie und da mal ein Päckchen, sondern durch Informationen, ich lange Berichte aus meinem Leben geschrieben, fotokopiert und mit persönlichen Kommentaren (soviel hätte ich sonst nie an einen Einzelnen schreiben können !), regelmäßig verschickt. Das war sehr beliebt, ich hab' ja 3 1/2 Jahre u.a. in USA gearbeitet, mein tägliches Leben geschildert, Reisetagebücher geführt etc.
Mit dem Glücksumstand, daß ich nach dem Grundlagenvertrag ab 1973 auch wieder rüberfahren konnte, hatte ich nie gerechnet -- aber unsere Treffen bei Bordeaux oder Frankenwein sind legendär, lange Klönabende/ -nächte über Gott und die Welt, Information in beide Richtungen.

Gerade diese Verbindungen haben auch Wirkung gezeigt, wir hatten das Thema hier schon mal. Aber ich betrachte auch dies nicht als "Opposition", ich hab' keine Kopierer rübergeschmuggelt o.ä., immer 'nen Spiegel oder mal 'nen Wagenbach mit Biermann- Texten, also nichts wirklich "staatsfeindliches", aber ich denke schon auch, destabilisierend ist es natürlich für ein autoritär (und extrem rechthaberisch) angelegtes System schon, wenn immer mal ein Loch "gekratzt" wird, durch das etwas frische Luft in den Mief dringt.

Nun muß ich aber @Toth noch widersprechen -- "..Schäfchen in's Trockene gebracht..." -- da verkennst Du glaub' ich die Motivation von Ausreisewilligen und Flüchtlingen gewaltig -- für mich kann ich ganz klar sagen, daß materielle Motive eine untergeordnete Rolle gespielt haben, ich schrieb schon mal, ich hab' 1971 in der DDR 1120,- Mark verdient, das war auskömmlich -- daß es mir hier dann auch materiell noch besser ging, war ein angenehmer Nebeneffekt. Diese Abwertung mit den materiellen Motiven wird immer wieder versucht, selbst von meiner Schwester muß ich mir sowas anhören --- das ist falsch, zwar nicht immer, aber greift viel zu kurz ! Und dann @Toth, ich würde es schön finden, wenn Du auch mal die Zeit finden würdest zu Deiner Geschichte in der DDR etwas mehr "preiszugeben", um auch manche Aussage einordnen zu können.

Gruß, Dille
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon dein1945 » 4. September 2012, 14:45

Hallo Dille,

deine Motivation will ich nicht in Abrede stellen. Ich wohne seit fast vierzig Jahren nicht weit vom ehemaligen Notaufnahmelager Marienfelde entfernt, einige Jahre habe ich sogar nur eine Querstrasse weiter meinen Arbeitsplatz gehabt. Da es in der "Marienfelder" nicht allzu viele Kneipen gab hat man den Einen oder Anderen "Ausgereisten bzw. Flüchtling" kennengelernt. Was ich da teilweise zu hören bekam hat mir die wenigen Haare zu Berge stehen lassen. Ich kann sie nicht mehr zählen, aber sicher jeder Zweite dachte, hier kommen gleich gebratene Tauben angeflogen.

Von denjenigen "Knastis" die man uns untergejubelt hat beim "Freikauf" ganz zu schweigen, da saßen gegenüber vom Lager in einem Imbiss bestimmt einige Jahre Zuchthaus beisamen, vovon nicht auch nur Einer Politisch gessen hatte. Es ging querbeet durch das gesamte Strafgesetzbuch, ich meine damit nicht das der DDR !

Gruß aus Berlin
Man(n) muß wissen wenn Schluß ist !
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon S51 » 4. September 2012, 15:42

Ich weiß nicht so genau, wie man das festmachen soll.
Mit Oppositionellen, also Leuten, die gegen den Staat in dieser Form aktiv waren, hatte ich eher nicht zu tun. Ja schon, es gab immer mal Leute, die dies und jenes nicht gut fanden. Geschimpft haben auch viele aber sich dann doch wie ich auch immer arrangiert. Da waren nur wenige Ausnahmen. Das ging durch alle Schichten. Lehrer, Lektoren, Soldaten, Polizisten... wer hat denn nicht irgendwann so richtig Grund zum Schimpfen gehabt?
Grenzwertig war jemand in Karlshorst, der aber erst durch den Ausreiseantrag wegen einer Familiensache dann ein Problem mit dem Staat bekam. Weil er als Handwerker aus der Werkstatt eines öffentlichen Betriebes raus musste und sich dann mit Schiebereien auch geklauter Gegenstände den alten Lebensstandart finanzierte. So gerieten wir dann aneinander.
Mit Leuten, die Ausreiseanträge gestellt hatten, hatte ich schon öfter zu tun. Einmal bei GT die Beiden am Tor der 7. GK und später auch. Das war einfach so, weil bei Fahrzeugkontrollen oder später beim K-Dienst die Leute, die man gegenüber bekam, meist ganz von selber auf das Thema kamen. Als ob wir davon wüßten oder es eine Rolle gespielt hätte. Anders, als es aus den Zeilen vom Interessierten, Wosch oder AZ durchklingt, ging es dann jedoch eben meist um sehr persönliche Dinge in den Familien oder schlicht um das Geld. Nicht um Politik und ehrlich gesagt, es war mir immer herzlich egal. Schließlich hatte es mit dem Anlaß meiner Aktionen, irgendwelchen Verstößen oder dass dort eingebrochen wurde, meist gar nichts zu tun.
So richtige Opposition habe ich erst erlebt, als der Oktober 1989 durch war, da waren sie alle dagegen.
Witze oder meckern, das war für mich keine Opposition. Da hätte ich mich selbst am allerlängsten wegsperren müssen.
S51
 

Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon seaman » 4. September 2012, 15:51

dein1945 hat geschrieben:
Von denjenigen "Knastis" die man uns untergejubelt hat beim "Freikauf" ganz zu schweigen, da saßen gegenüber vom Lager in einem Imbiss bestimmt einige Jahre Zuchthaus beisamen, vovon nicht auch nur Einer Politisch gessen hatte. Es ging querbeet durch das gesamte Strafgesetzbuch, ich meine damit nicht das der DDR !

Gruß aus Berlin


Mein Eindruck war auch,dass bei diesen Fluechtlingsbewegungen Ost-West(auch ohne Freikauf) bzw. West-Ost,immer ein gewisser Prozentsatz Uebersiedler dabei war,
der in beiden Gesellschaftsordnungen nicht klar kam.
seaman
 

Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon augenzeuge » 4. September 2012, 16:44

Rainman2 hat geschrieben:Hallo Augenzeuge,

bitte genau lesen: "oppoitionelle Verhaltensweisen" und "politische Kraft" und "Bürgerrechtsbewegung". Das steht da. Und da gehe ich auch durchaus mit.
Aber eine politische Opposition im Sinne dieses Begriffs ist es tatsächlich nicht, da hier keine politische Organisation zugrunde lag.
Ein Teil des Widerstands in der DDR war es definitiv.

ciao Rainman


Nun ja, Rainman, so genau differenzieren wollte ich gar nicht. Anfangs sprach man auch nur von Opposition. Also von einer Gruppe, die der herrschenden Politik Widerstand und Ablehnung entgegenbringt. Das waren die Ausreisenden allemal. Und du bestätigst es, in dem du sagst: Ein Teil des Widerstands in der DDR war es definitiv. Damit stimmen wir doch überein. Natürlich war das keine organisierte politische Kraft, nur selten in kleinen Teilen.

Aber ich bin davon überzeugt, dass es diese "Gruppe" war, die erst einmal dazu indirekt führte, dass eine Montagsdemo wie in Leipzig stattfinden konnte, aus der der Untergang der DDR letztlich eingeleitet wurde.
Ohne diese Gruppe gäbe es die Züge von Prag nicht, keine Gewaltdemo in Dresden, aus denen sich die gewaltlosen Demos in Plauen und Leipzig entwickeln konnten oder mussten....
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon SkinnyTrucky » 4. September 2012, 17:03

Ist es nicht so gewesen, das man von Anfang an *Opposition* versucht hat nicht zuzulassen....mit Opposition zulassen hätte sich das doch alles anders entwickelt....

....es gab doch die bekannten Massnahmen um diesem Staat überhaupt am Leben zu halten....Grenze, Gesetzgebung, Unterdrückungsapparat und Wahlen, die keine im Sinne des Wortes waren....und und und....

Also, das wäre jetzt meine Sicht....jemand anders mag es ja anders sehen, ich hätte damit kein Problem....

groetjes uit Fiumicino

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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Interessierter » 4. September 2012, 18:19

Trotz der interessanten Diskussion ob die Ausreisebewegung Opposition war, bitte ich die Kernfrage des Beitrags nicht zu vergessen:

Wo ist die Mehrheit der ehemaligen DDR-Oppositionellen heute in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu finden?

[hallo]
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Janko » 4. September 2012, 18:40

@Interessierter.........Wo ist die Mehrheit der ehemaligen DDR-Oppositionellen heute in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu finden?


Gut , wo die Mehrheit zu finden ist, daß weis ich auch nicht.
Ich kenn nur unseren BP und der hats doch geschafft. Als erster im Staat darf er jetzt sogar den Krieg befürworten. Na wennn das nichts ist
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon manudave » 4. September 2012, 18:56

Oppositionelle wie Freya Klier gehen auch heute noch für ihre Sache auf die Straße und kritisieren ständig das System. Das Problem ist doch, dass heute ein Gysi vor einem Millionenpublikum bei Jauch, Kerner u. Co. sitzen und deren leeres Gesülz überall verbreitet wird. Aber diejenigen, welche bereits in einer Diktatur den Mund aufmachten, werden heute nicht mehr beachtet - sind nicht mainstream - im Westen kennt die eh keine Sau.

Hier liegt doch der Hase im Pfeffer - der Deutsche will doch gar keine richtige Opposition.
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Merkur » 4. September 2012, 20:33

manudave hat geschrieben: Aber diejenigen, welche bereits in einer Diktatur den Mund aufmachten, werden heute nicht mehr beachtet - sind nicht mainstream - im Westen kennt die eh keine Sau.


Ich brauche diese Leute und "Einjahreshobbypolitiker"nicht, mit Ausnahme von F. Schorlemmer. Was Tante Vera regelmäßig von sich gibt, habe ich nun schon ein paar mal erleben können und wundere mich daher nicht, dass sie und ihresgleichen in der Versenkung verschwunden sind. Der Westen hat sie für einen kurzen Zeitraum gebraucht und dann abserviert. Damit kann ich gut leben.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon augenzeuge » 4. September 2012, 20:46

Janko hat geschrieben:@Interessierter.........Wo ist die Mehrheit der ehemaligen DDR-Oppositionellen heute in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu finden?


Gut , wo die Mehrheit zu finden ist, daß weis ich auch nicht.
Ich kenn nur unseren BP und der hats doch geschafft. Als erster im Staat darf er jetzt sogar den Krieg befürworten. Na wennn das nichts ist


Janko, du siehst Gauck als ehemaligen Oppositionellen? [shocked]

Können wir und darauf einigen, dass er nur ein "oppositioneller Geistlicher" war? Und dies erst am Ende der DDR...
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Janko » 5. September 2012, 14:56

Nei mein lieber @augenzeuge darauf können wir uns nicht einigen.
Nach eigenen Aussagen (nachzulesen auch in seinen Büchern)....das schloss auch die kleinste Form der Fraternisierung mit dem System aus.
Und das seit frühster Jugend. Das war Codex im Hause Gauck.
Was bitteschön soll dann Opposition sein ??....na gut mal abgesehen davon, daß er dann auch mal bissl mit der Sdaaaasi gemauschelt hat. Ja gut da war er dann nun auch wieder nicht Einzigste.
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Interessierter » 30. Juli 2015, 08:08

Kein Sozialismus ohne Freiheit?

Robert Havemann, Physiker, von den Nazis zum Tode verurteilter Kommunist, bekanntester Regimekritiker der DDR, gab mit seinem „Berliner Appell“ den entscheidenden Anstoß zur Entstehung der „Unabhängigen Friedens- Umwelt und Menschenrechtsbewegung“ der DDR der achtziger Jahre. Er blieb auch nach seinem Tod seinem Tod im April 1982 für viele Oppositionelle die Orientierungsfigur.

Das große Teile der Bürgerrechtsbewegung gedanklich dem Sozialismus verhaftet blieben, war zum erheblichen Teil Havemanns Einfluss zu verdanken. Da lohnt es sich, mal nachzuschlagen, welchen Sozialismus Havemann wollte. Ich tat es. Anlässlich einer Generalrevision meiner Bücherregale, beschloss ich, „Fragen, Antworten, Fragen- Aus der Biographie eines Deutschen Marxisten“ nach über dreißig Jahren noch einmal zu lesen. Mit großem Gewinn. Manche Sätze scheinen für die heutige Situation geschrieben zu sein: „Unsere Verfassung garantiert ja das Recht der freien Meinungsäußerung. Das Unglück ist nur, dass es so wenige in Anspruch nehmen.“ Gemeint ist die DDR-Verfassung, nicht das Grundgesetz, dessen Wortlaut heute weitgehend unbekannt zu sein scheint.

Was Havemann zur Meinungsbildung in der sozialistischen DDR analysierte, ist von beklemmender Aktualität:

„Eine demokratische Meinungsbildung von unten ist absolut ausgeschlossen. Zwar bilden sich zu allen wichtigen Fragen die verschiedenartigsten Meinungen innerhalb der Bevölkerung. Aber diese Meinungen des Mannes auf der Straße sind fast immer gegen die offizielle Meinung, die von oben dekretiert wird, gerichtet. In der Presse, im Rundfunk und Fernsehen wird diese offizielle Meinung zwar unaufhörlich und unisono verkündet, aber trotzdem gelingt es nicht, die Ansichten und das Denken der Volksmassen mit Hilfe dieses staatlichen Informationsmonopols zu manipulieren. Auch innerhalb der strukturellen Fasern des Machtapparats bleibt das Denken der Staats- und Parteifunktionäre völlig schizophren. Sie wissen, was sie zu denken haben. Die wahren Ansichten dieser Leute kann man nur unter vier Augen erfahren....“

Der vollständige Beitrag hier:
http://www.freiewelt.net/blog/kein-sozi ... -10062921/
Interessierter
 

Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon augenzeuge » 30. Juli 2015, 11:12

Oh, ein Beitrag von Thoths Liebling.... [grins]

Aber den muss er dieses Mal gut finden. [denken]

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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Nostalgiker » 30. Juli 2015, 11:17

Warum ? [ich auch]

Naja, manchmal hat auch Sie lichte Momente und offenbar das richtige Buch gegriffen .....
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon manudave » 5. August 2015, 17:01

Als Kenner einiger Politiker unter Alkoholeinfluss kann ich besonders den letzten Satz nur unterstreichen.
Manch so ein Hansel vergisst wohl, dass Handy heutzutage Aufnahmefunktion haben...
Zum Glück bin ich da meist zu besoffen dazu...
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Interessierter » 18. September 2015, 09:43

Manfred Klein (* 20. Juli 1925 in Berlin; † 15. Januar 1981 in Sankt Augustin), war als katholischer Jugendvertreter Mitglied im Zentralrat der FDJ. Weil er sich gegen die Gleichschaltungsbestrebungen engagierte, wurde er 1947 verhaftet und mit weiteren Studenten zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt.

Nach dem Krieg nahm er sein in Breslau begonnenes Studium der Germanistik an der Universität Berlin wieder auf und trat der CDU bei. Zudem war er Mitglied der Jungen Union sowie der Katholischen Jugend. Im Rahmen seines Studiums engagierte er sich in der Studentenvertretung und zog als Mitglied der CDU-Gruppe in den Studentenrat der Universität ein. Ab dem 23. September 1945 war er als Vertreter der katholischen Jugend Mitglied im zentralen Jugendausschuss der Sowjetischen Besatzungszone. Am 26. Februar 1946 unterzeichnete er zusammen mit Theo Wichert, Erich Honecker und Emil Ampft den Lizenzantrag für die Gründung der FDJ.[1] Aus Fotos zu dieser Veranstaltung wurde er später wegretuschiert.[2] Als Sekretär und Kulturreferent war er fortan im Zentralrat der FDJ tätig und knüpfte darüber hinaus Kontakte mit dem amerikanischen Jugendoffizier. 1946 besuchte er eine Veranstaltung der Westzonen-CDU in Hannover und traf dort auch auf Konrad Adenauer. Seine christdemokratischen Aktivitäten widersprachen jedoch dem totalitären Machtanspruch der Kommunisten und ließen die sowjetische Besatzungsmacht auf ihn aufmerksam werden. So versuchte er beispielsweise, den Zentralrat der FDJ zur Unterzeichnung einer Resolution gegen jegliche Gewalt zu bewegen, was jedoch auf Ablehnung stieß und Klein innerhalb der FDJ zusehends isolierte.

Bild
In den offiziellen Darstellungen der DDR verwendetes Foto desselben Vorganges wenige Augenblicke zuvor: Theo Wiechert unterschreibt, Erich Honecker schaut zu und hinter den Papieren auf dem Tisch ist Manfred Klein wegretuschiert worden.

Am 13. März 1947 wurde Klein mit 15 weiteren CDU-nahen Studenten und Jugendvertretern vom sowjetischen NKWD unter dem Vorwurf der Spionage verhaftet. Die Untersuchungshaft verbrachte er in Berlin-Prenzlauer Berg, Berlin-Hohenschönhausen, sowie in Potsdam. In einer nichtöffentlichen Sitzung wurde er am 13. Dezember 1948 vom sowjetischen Militärtribunal Berlin-Lichtenberg zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt. Klein wurde in das „Gelbe Elend“ nach Bautzen verlegt. Dort beteiligte er sich 1950 an Unruhen und Hungerstreiks von Häftlingen gegen die unmenschlichen Haftbedingungen, bis diese brutal niedergeschlagen wurden. Als vermeintlicher Rädelsführer wurde Klein anschließend nach Torgau verlegt und mit verschärften Haftbedingungen wie Einzelhaft und Zuchthaus belegt. Obwohl sein Urteil am 27. Juni 1955 durch die zuständigen sowjetischen Organe nochmals bestätigt wurde, erreichte der evangelische Probst Heinrich Grüber die Reduzierung des Strafmaßes auf 15 Jahre. Im Zuge der einsetzenden Entstalinisierung wurde Klein am 19. Oktober 1956 vorzeitig aus der Haft entlassen. Im Gegenzug begnadigte die Bundesrepublik Deutschland den kommunistischen Funktionär Jupp Angenfurth. Nach seiner Freilassung siedelte Klein im November 1956 nach West-Berlin über und nahm dort ein Jura-Studium auf. Für die CDU war er von 1959 bis 1963 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Als führender Funktionär der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) sowie der „Arbeitsgemeinschaft ehemaliger politischer Häftlinge“ blieb er auch im Westen Zielobjekt des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Bis zu seinem Tod am 15. Januar 1981 war Klein Abteilungsleiter der Bundeszentrale für politische Bildung. Er hinterließ seine Frau und fünf Kinder. Am 29. September 1994 wurde er postum vom russischen Militärstaatsanwalt rehabilitiert.

http://www.linkfang.de/wiki/Manfred_Kle ... r,_1925%29
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Interessierter » 21. September 2015, 12:36

Georg Wrazidlo

Georg Wrazidlo (1917–1959) wird in christlichem und humanistischem Geist erzogen. Anfang November 1944 wird er als Anführer einer studentischen Widerstandsgruppe verhaftet und in das KZ Groß-Rosen überstellt.
Nach der Befreiung setzt er Ende Oktober 1945 sein Studium in Berlin fort. Er tritt der CDU bei und ist Mitbegründer und Leiter der "Studentischen Arbeitsgemeinschaft", in der Studenten aus allen damals zugelassenen Parteien vertreten waren und die von der damaligen Zentralverwaltung für Volksbildung in der Sowjetzone als vorläufige Studentenvertretung anerkannt wurde. In dieser Eigenschaft als Sprecher der Studentenschaft legt er bei der Wiedereröffnung der Universität zu Berlin 1946 das "Gelöbnis der Studentenschaft" ab.

Bild


Am 5. Mai 1946 initiiert Georg Wrazidlo gemeinsam mit insgesamt dreißig Studenten, "ohne Ausnahme anerkannte Opfer des Faschismus bzw. nachweislich aktive Anti-Faschisten", einen ersten öffentlichen Protest gegen die Sowjetisierungstendenzen an den Universitäten. Sie protestieren gegen die Hissung von Fahnen der SED an der Universität: "Die Universität dient der Wissenschaft und Bildung und ist keine Parteiinstitution". Die Zentralverwaltung für Volksbildung enthebt Wrazidlo daraufhin unverzüglich seiner Funktion als Vorsitzender der "Studentischen Arbeitsgemeinschaft".

Am 13. März 1947 wird er von Großberliner Polizei verhaftet und der sowjetischen Geheimpolizei übergeben. Am 12. Dezember 1948 wird Wrazidlo wegen angeblicher Spionage und antisowjetischer Bestrebungen vom sowjetischen Militärtribunal in Berlin-Lichtenberg zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Bis zum Juli 1950 ist er in der Haftanstalt Bautzen inhaftiert und wird nach dem Häftlingsaufstand vom 31. März 1950 in das Zuchthaus Brandenburg-Görden verlegt. Am 13. Oktober 1956 wird ihm eine "bedingte Strafaussetzung unter Auferlegung einer zweijährigen Bewährungsfrist" zugesprochen.

Er siedelt nach Westberlin über und beendet sein Medizinstudium an der Freien Universität. Sein Leben endet auf tragische Weise durch einen Verkehrsunfall in der Nacht vom 2. zum 3. August 1959, dessen Hintergründe nie völlig aufgeklärt werden können.

http://www.gegen-diktatur.de/beispiel.p ... 19&thema=#
Interessierter
 

Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Beethoven » 22. September 2015, 08:39

Interessierter hat geschrieben:[size=150]

Er siedelt nach Westberlin über und beendet sein Medizinstudium an der Freien Universität. Sein Leben endet auf tragische Weise durch einen Verkehrsunfall in der Nacht vom 2. zum 3. August 1959, dessen Hintergründe nie völlig aufgeklärt werden können.


DAS WAR DIE STASiiiiii !!! [zunge]

Ist doch klar. Oder?

Trennung

Es wird ganz sicher die unterschiedlichsten Gründe gegeben haben um sein Heimatland zu verlassen.

Ein reines Verlassen der DDR aus politischen Gründen wird, so denke ich in den wenigsten Fällen der Grund gewesen sein. Denn durch das Verlassen konnte dieser Mensch nichts mehr gegen diese Politik unternehmen. Bestes Beispiel dazu erscheint mir Herr Biermann. Ihn konnte man vermutlich nicht mehr den Mund verbieten und verweigerte ihm die Einreise (ich muss ehrlich sagen, dass mir der Name "Biermann" bis dahin gar nicht bekannt war) um ihn "kalt" zu stellen.
Wer also wirklich in Opposition war und auch etwas für seine Meinung tun wollte, konnte dies doch eigentlich am Besten, wenn er im Lande blieb.
Die meisten Anderen, so meine Meinung, gingen aus familiären oder wirtschaftlichen Gründen. Oder aber um einer Strafverfolgung zu entgehen oder keine Alimente mehr zahlen zu müssen oder wegen solcher Dinge.

In diesem Sinne - Deckt sich das Interesse des Kapitals nicht mehr mit den Interessen der Nation, das heißt der Menschen, so möge es einer anderen Struktur Platz machen. Antoine de Saint-Exupéry
Die größten Vorteile im Leben überhaupt wie in der Gesellschaft hat ein gebildeter Soldat. J. W. v. Goethe

Das Gesetz ändert sich, die Gesinnung nicht.
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Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Kumpel » 22. September 2015, 08:43

"................Die meisten Anderen, so meine Meinung, gingen aus familiären oder wirtschaftlichen Gründen.........................."

Allerdings wurde auch diese Personengruppe durch die DDR kriminalisiert , politisiert und verfolgt um abschreckend auf Nachahmer zu wirken.
Kumpel
 

Re: DDR - Oppositionelle

Beitragvon Volker Zottmann » 22. September 2015, 09:07

Frage an @beethoven:

Wann hat Georg Wrazidlo sein Heimatland verlassen? Laut Artikel niemals. Er ist doch nur in Berlin umgezogen, ob erlaubt oder nicht, ist Schnuppe. Was hat das mit "Verlassen" des Heimatlandes zu tun? Was ziehst Du für seltsame Schlüsse? Er blieb in Deutschland, sogar in der selben Stadt!

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

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