Opposition innerhalb der SED

Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 13. April 2012, 08:51

Was ist eigentlich darüber bekannt und wer erinnert sich an Beispiele aus der SED oder auch von ganz normalen Bürgern?
Hier das Beispiel um Wolfgang Harich und Walter Janka.

Neben den oppositionellen Organisationen und Bürgerrechtlern waren es immer wieder vor allem Kritiker aus den eigenen Reihen, die mindestens einzelne Aspekte der SED-Herrschaft infrage stellten. Das war vor allem in den Jahren nach den Unruhen des 17. Juni 1953 der Fall.

Harich verfasste nach diesem KPdSU-Parteitag ein Papier, das folgende Programmpunkte enthielt: die radikale Demokratisierung der SED, die Beseitigung der Privilegien für Spitzenfunktionäre, die Herstellung der Religions- und Geistesfreiheit, die Zulassung kleinerer und mittlerer Privatbetriebe, die Einführung von Arbeiterräten, die Unabhängigkeit der Gewerkschaften und Massenorganisationen, freie Wahlen und Rechtsstaatlichkeit sowie die Einheit für Deutschland.

Der ganze Bericht hier:
http://www.kas.de/wf/de/71.6624/
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 14. April 2012, 15:49

Ich würde gerne in diesem Thread an Männer und Frauen erinnern, die in Opposition zum DDR - Regime gelebt und gelitten haben und deren Namen zumindest mir als Wessi wenig geläufig sind und vielleicht auch bei so manchem Menschen in den alten Bundesländern unbekannt oder in Vergessenheit geraten sind.

Da war im Kampf gegen die Stalinisierung :

Ewald Ernst

Ewald Ernst zählt zu den mehreren Tausend Politikern, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Zuge der politischen Gleichschaltung in der sowjetischen Besatzungszone verhaftet wurden. 1921 geboren, wurde der technische Zeichner im Oktober 1945 Mitglied der neu gegründeten CDU. Ab März 1946 arbeitete er für diese als hauptamtlicher Jugendreferent des Landesverbandes in Provinzsachsen (heute: Sachsen-Anhalt). Im selben Jahr zog er über die CDU-Landesliste in den Landtag von Sachsen-Anhalt ein und wurde dort Fraktionsgeschäftsführer. Nach einem Empfang in der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) wurde er im März 1947 vor seiner Haustür in Halle verhaftet und nach Zwischenstationen in verschiedenen NKWD-Gefängnissen unter dem Vorwurf der Spionage in die zentrale sowjetische Untersuchungshaftanstalt in Berlin-Hohenschönhausen eingeliefert. Bis November 1948 saß er dort im so genannten U-Boot in völliger Isolation in Haft. In der fensterlosen Zelle befanden sich lediglich ein Kübel und eine Holzpritsche ohne Matratze, auf der zu liegen tagsüber verboten war. Als Decke stand ihm nur sein Mantel zur Verfügung. Zusätzlich zu der Einzelhaft wurde Ernst mit Stehkarzer, Vernehmungen im Stehen oder Sperrung von Verpflegung und Wäsche malträtiert. Im Dezember 1948 verurteilte ihn ein sowjetisches Militärtribunal schließlich zu 25 Jahren Arbeitslager. Anschließend kam er in die Haftanstalt Bautzen („Gelbes Elend“), aus der er nach fünfjähriger Haft im Rahmen einer Amnestie in den Westen entlassen wurde. Nach seiner Abschiebung in die Bundesrepublik im Januar 1954 begann er in Bonn eine Beamtenlaufbahn. Ernst starb im Juni 2001. Insgesamt wurden in Ostdeutschland zwischen 1946 und 1961 über 1500 Christdemokraten verurteilt.

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http://www.stiftung-hsh.de/page.php?cat ... l=0&html=0
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 14. April 2012, 22:20

Ebenfalls im Kampf gegen die Stalinisierung:

Benno von Heynitz ( verstarb 2010 )

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Für seine hervorragenden Verdienste um Demokratie und Menschenrechte verlieh ihm das Land Hessen 2007 die Wilhelm-Leuschner-Medaille, Bundespräsident Horst Köhler 2009 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

Benno von Heynitz, Jg. 1924, setzte sich seit frühester Jugend für Recht und Freiheit ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg kämpfte er gegen das stalinistische Regime in der sowjetischen Besatzungszone. Von Heynitz prangerte die Verletzung der Menschenrechte an, kritisierte die Zwangsvereinigung von SPD und KPD und beteiligte sich am Aufbau eines Widerstandsnetzes. 1947 wurde er von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Haft verurteilt. Für sein freiheitliches Engagement büßte er zehn Jahre als politischer Häftling in den Lagern und Gefängnissen der SBZ/DDR, unter anderem im „Gelben Elend“ in Bautzen.

Bereits unter den Nationalsozialisten musste die Familie von Heynitz schlimmes Leid erfahren. Benno von Heynitz’ älterer Bruder Wichard wurde als Behinderter seit 1937 in Heimen untergebracht. 1941 wurde er in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ermordet.

http://www.stsg.de/cms/node/1369
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 15. April 2012, 08:20

Oder auch:

Hermann Becker

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Als Fraktionssprecher der LDP forderte er nicht nur eine größere Beteiligung an der politischen Aufbauarbeit, sondern setzte sich gegen die in der sowjetisch besetzten Zone zunehmenden Repressionen gegen die bestehende Wirtschafts- und Eigentumsstruktur und für die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze ein. Der zunehmende Widerstand von Liberaldemokraten hatte schließlich massive Eingriffe der sowjetischen Besatzungsmacht, zur Folge, denen u.a. der Chefredakteur der demokratischen, von Hermann Becker herausgegebenen "Thüringischen Landeszeitung" zum Opfer fiel.

Ungeachtet starker Drohungen nahm Becker im Juli 1948 seine Wahl als zweiter Stellvertretender Landesvorsitzender an, bevor er selbst kurz darauf nach einer Landtagssitzung vom sowjetischen Geheimdienst festgenommen wurde. Die Verhaftung eines derart prominenten Vertreters der LDPD hatte fatale Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der Partei und führte zu einer weitreichenden Lähmung ihrer Mitglieder.

Becker selbst wurde wegen des Vorwurfs des Widerstandes, der Spionage und Verbreitung antisowjetischer Propaganda ohne ordentliches Verfahren zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach einer vierjährigen Haftzeit in einem Lager in Workuta und insgesamt siebenjähriger Verschleppung kam er 1955 frei und wurde nach West-Berlin entlassen, wo er 1981 starb.

http://www.politik-fuer-die-freiheit.de ... r-1/i.html
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 15. April 2012, 18:46

Da war auch noch:

Erich Nelhans

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Als Vorsitzender der Gemeinde hat er sich auch besonders um die sozialen Belange von ehemaligen KZ-Häftlingen gekümmert. Vielen von ihnen hat er zu einem Neuanfang in Palästina und den USA verholfen.

Nehlhans bearbeitete diese Übersiedlungsangelegenheiten hauptberuflich am Sitz der jüdischen Gemeinde im britischen Sektor. Zu den Auswanderungswilligen gehörten auch solche mit sowjetischer Staatsangehörigkeit, darunter mehrere Deserteure der Sowjetarmee. Im März 1948 verhaftete die sowjetische Geheimpolizei MGB Nehlhans, der sich keiner Unrechtshandlung bewusst war, in seiner Wohnung im sowjetischen Sektor und brachte ihn in ein Kellergefängnis in der Prenzlauer Allee. Am 4. August 1948 verurteilte ihn ein sowjetisches Militärtribunal wegen antisowjetischer Agitation und Unterstützung der Desertion von sowjetischen Soldaten jüdischen Glaubens zu 25 Jahren Arbeitslager. Nach Abschaffung der Todesstrafe im Jahre 1947 war dies nach sowjetischem Gesetz die Höchststrafe. Zunächst im Speziallager Sachsenhausen inhaftiert, wurde Nehlhans im Oktober 1948 in die Sowjetunion überstellt, wo er in einem unbekannten sowjetischen Zwangsarbeitslager starb.

Ein russisches Militärgericht hob am 24. September 1997 das Urteil auf und rehabilitiert Erich Nehlhans vollständig.

http://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Nehlhans
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 16. April 2012, 13:25

Da war auch noch:

Alfred Weiland

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Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann Weiland im Mai 1945, die Rätekommunisten in Berlin neu zu formieren. Aus taktischen Gründen traten ihre Mitglieder mehrheitlich in die KPD/SED ein. Doch so, wie sie vorher illegal gegen die NS-Diktatur gearbeitet hatten, organisierten sie nun den Widerstand gegen das sowjetische Regime. So baute Weiland in Ostdeutschland ein Netz konspirativer „Gruppen Internationaler Sozialisten“ auf. In der Zeitschrift „Neues Beginnen“, die seit 1947 illegal hektographiert wurde, trat er für einen freien Sozialismus ein. Weiland unterhielt auch Kontakte zu anti-kommunistischen Organisationen wie die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit und das Ostbüro der SPD.

Seit 1946 stand Weiland unter Beobachtung der sowjetischen Geheimpolizei. Am 11. November 1950 kidnappte ihn diese in West-Berlin und brachte ihn in ihre zentrale Untersuchungshaftanstalt nach Berlin-Hohenschönhausen; 1951 wurde er von dort nach Berlin-Karlshorst überführt. Vergeblich setzte sich der SPD-Politiker Herbert Wehner für seine Freilassung ein. Trotz monatelanger Verhöre kam die angestrebte Anklage wegen „Spionage“ nicht zustande, da er ein durch Folter erpresstes Geständnis widerrief – möglicherweise rettete ihm dies das Leben. Stattdessen wurde Weiland dem Ministerium für Staatssicherheit übergeben, das ihn im August 1952 wegen „Bildung einer trotzkistischen Gruppe“ vom Landgericht Greifswald zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilen ließ. Anschließend kam er in die Haftanstalt Bützow-Dreibergen, wo er sich an einem Häftlingsstreik beteiligte, und ins Zuchthaus Brandenburg-Görden.

Nach seiner vorzeitigen Entlassung kehrte Weiland 1958 nach West-Berlin zurück, wo er sich für politische Verfolgte in den sozialistischen Staaten engagierte. Als Mitglied der SPD kritisierte er Ende der 1960er Jahre die Außerparlamentarische Opposition (APO) und die Anerkennung der kommunistischen Regime durch die sozialdemokratische Ostpolitik. Gegen Ende seines Lebens stand er den linksradikalen Vorstellungen seiner Jugend zunehmend skeptisch gegenüber. Alfred Weiland starb 1978 in West-Berlin.

http://www.stiftung-hsh.de/page.php?cat ... l=0&html=0
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 17. April 2012, 08:28

Da war auch noch:

Günter Stempel

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25 Jahre Arbeitslager!" Gegen unzählige Angeklagte wurde dieses Strafmaß in der Sowjetischen Besatzungszone und in der frühen DDR verhängt. Die von den sowjetischen Militärtribunalen verfügten Strafen standen regelmäßig in keinem Verhältnis zu den vielfach konstruierten Straftaten.
25 Jahre wegen angeblicher Spionage und Sabotage bekam auch Günter Stempel. Der Funktionär der LDPD war 1950 frühmorgens verhaftet worden, weil er angekündigt hatte, in der "Provisorischen Volkskammer" gegen die Einführung der Einheitsliste zu plädieren.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/b ... 22482.html
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 18. April 2012, 21:34

Da war auch noch :

Helmut Brandt

Brandt gehörte als Fachmann für Rechtsfragen zu den Mitbegründern der CDU in Berlin. Als diese sich in Folge des gestiegenen politischen Drucks 1948 spaltete, schloss er sich dem pro-sowjetischen Landesverband im Ostteil der Stadt an. In West-Berlin bezichtigte man ihn daher der Spaltung der CDU. Noch im gleichen Jahr zog er für die CDU in den Ersten Deutschen Volksrat ein. Wegen seiner bürgerlich-konservativen Grundhaltung wurde er jedoch bald von den pro-kommunistischen Kräften um Arnold Gohr, der sein Nachfolger als Vorsitzender des Landesverbandes im sowjetischen Sektors Berlins wurde, verdrängt. Ab Oktober 1949 arbeitete er als Staatssekretär im DDR-Justizministerium. Im Mai 1950 forderte er vom Justizminister Max Fechner (SED) und vom CDU-Vorsitzenden Otto Nuschke eine Neuauflage der Waldheimer Prozesse, bei denen 3.324 ehemalige Insassen sowjetischer Speziallager in Schnellverfahren wegen angeblicher NS-Verbrechen abgeurteilt worden waren. Im September 1950 wurde er von Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) auf offener Straße festgenommen. Da trotz fast vierjähriger Untersuchungshaft (u.a. im Kellergefängnis der Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen) kein belastendes Material ermittelt werden konnte, ordnete das MfS Brandt willkürlich der angeblichen „Verschwörergruppe“ um Georg Dertinger zu. Im Juni 1954 verurteilte ihn das Oberste Gericht der DDR in einem Geheimprozess wegen angeblicher „staatsfeinlicher Arbeit“ zu zehn Jahren Zuchthaus.

Nach einem Gnadengesuch Otto Nuschkes wurde er Anfang September 1958 aus der Sonderhaftanstalt Bautzen II entlassen. Um einen Auftritt vor westlichen Journalisten zu verhindern, wurde er jedoch nur 36 Stunden später, beim Versuch nach West-Berlin zu gelangen, wieder festgenommen. Nach erneuter Untersuchungshaft in Hohenschönhausen verurteilte ihn das Bezirksgericht Frankfurt/Oder im März 1959 wegen angeblicher Spionage, Verleitung zur Republikflucht sowie staatsgefährdender Propaganda und Hetze noch einmal zu zehn Jahren Freiheitsentzug.

Nach 5.095 Tagen in Haft wurde Brandt als einer der ersten politischen Gefangenen im August 1964 durch die Bundesrepublik freigekauft. Er siedelte ins Rheinland über, arbeitete an verschiedenen Universitäten und war bis 1977 als wissenschaftlicher Gutachter für den Deutschen Bundestag tätig. Brandt, dem eine erneute politische Karriere bei der CDU verwehrt blieb, trat 1977 zur CSU über. Nach der Wiedervereinigung beteiligte er sich aktiv an der Aufarbeitung der Waldheimer Prozesse. 1998 starb er nach langer Krankheit in Königswinter bei Bonn.

http://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Brandt_%28DDR%29
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 19. April 2012, 08:25

Da waren auch:

Erwin und Charlotte Köhler

Potsdam ehrt hingerichteten Bürgermeister


POTSDAM. Der Name Erwin Köhler ist kaum geläufig in Potsdam. Dabei gehörte Köhler als Bürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg der ersten Stadtverwaltung an. Vier Jahre übte der CDU-Mann den Posten aus. Anfang der 50er-Jahre wurden er und seine Frau Charlotte vom sowjetischen Geheimdienst verhaftet, wegen antisowjetischer Hetze zum Tode verurteilt und in Moskau hingerichtet. Im Jahre 2009 wurde in der Landeshauptstadt ein Platz nach dem Ehepaar benannt. Der Zimmerplatz in der City wird dann Köhlerplatz heißen. Eine gute Entscheidung, meint der Potsdamer Historiker Thomas Wernicke. Köhler sei 1950 in die Mühlen einer SED-Kampagne geraten. Die erste Einheitswahl stand bevor und die Bildung der Nationalen Front, in der die Blockparteien zur Zusammenarbeit mit der SED genötigt wurden. "Köhler hat sich dagegen gewehrt", so Wernicke. Er sei ein frühes Beispiel dafür, wie sich die SED mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht des blanken Terrors bediente. Ein Mann aus den eigenen CDU-Reihen - ein Mann des sowjetischen Geheimdienstes - hatte Köhler denunziert. Paragraf 58 Am 2. März 1950 sah sich der Bürgermeister gezwungen, von seinem Amt zurückzutreten. Am Morgen des 28. März 1950 wurde er zusammen mit seiner damals 17-jährigen Tochter auf der Straße verhaftet. Wenig später holten der sowjetische Geheimdienst und Beamte des Kommissariats 5, einem Vorläufer der Staatssicherheit, Köhlers Frau. Die Tochter wurde wieder freigelassen. Sie und ihre drei Geschwister sahen ihre Eltern nie wieder. Erwin und Charlotte Köhler wurden nach ihrer Verhaftung in das Gefängnis in der Lindenstraße gebracht. Angeklagt wurden sie nach dem berüchtigten Artikel 58 des sowjetischen Strafgesetzbuches wegen "Spionage für den französischen Geheimdienst" und der "Konterrevolutionären Agitation und Propaganda". "Paragraf 58 war ein politischer Paragraf, nach dem missliebige Personen verurteilt wurden", sagt Wernicke. Erwin und Charlotte Köhler wurden zum Tode verurteilt, in die Sowjetunion deportiert und im Februar und März im berüchtigten Butyrka-Gefängnis erschossen. "Die Enthüllung des Straßenschildes mit den Namen des Ehepaares Erwin und Charlotte Köhler wird dazu beitragen, diesen mutigen Demokraten den Platz in der Stadtgeschichte zuzuweisen, der ihnen gebührt", sagt Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). 1992 gelang es Jürgen Köhler, dass seine Eltern durch die russische Staatsanwaltschaft rehabilitiert wurden. Der Sohn, der bei Pflegeeltern aufwuchs, wird nicht bei der heutigen Ehrung seiner Eltern dabei sein. Er starb vor Kurzem.

http://www.berliner-zeitung.de/archiv/e ... 85348.html
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 20. April 2012, 02:29

Da war auch:

Dieter Rieke


Krank kam im Herbst 1944 der neunzehnjährige Dieter Rieke von der Westfront zurück. In Gardelegen/Altmark erlebte er das Kriegsende, die amerikanische und dann die sowjetische Besatzung. In der neuen Kreisverwaltung fand er einen Broterwerb und in der jungen Ortsgruppe der SPD eine politische Heimat. Als die kommunistische Einheitskampagne einsetzte und der Politoffizier in der Militärkommandantur täglich Erfolgsmeldungen erwartete, suchten die Sozialdemokraten nach Information und Orientierung. Hannover lag näher als die Provinzhauptstadt Halle oder gar die Berliner Parteizentrale, und so fuhr man wiederholt über die „grüne Grenze”, um beim „Büro Schumacher” Rat und Zeitungen zu holen. Der monatelange Druck zermürbte die Sozialdemokraten an der Frage: „Mitmachen bei allem, was da kommt, oder Gegnerschaft bis zur Selbstaufgabe?” Da er sich zur Flucht in den Westen nicht entschließen konnte, machte Rieke die Zwangsvereinigung widerstrebend mit, hielt aber die geheimen Kontakte nach Hannover aufrecht.

Das im April 1946 gebildete „Ostbüro der SPD” setzte sich zunächst die Aufgabe, bedrohten Sozialdemokraten und deren Familien in der SBZ materiell zu helfen, und ging dann dazu über, Informationsmaterial einzuschleusen und Widerstandskreise zu betreuen. Damit geriet es ins Visier des sowjetischen Geheimdienstes NKWD/MWD und seiner Militärjustiz. Die Jagd nach den „Schumacher-Agenten” wurde erleichtert durch die Unbekümmertheit mancher „Ostbüro”-Kuriere. Rieke schildert einen solchen Vorfall, der ihm beinahe schon zum Verhängnis geworden wäre. Eines Nachts hielt ein Lkw vor seinem Wohnhaus in der Kleinstadt Gardelegen; während ein Kurier große Pakete mit Zeitungen und Schriften ablud, malte der andere mit weißer Farbe die Buchstaben „SPD” aufs Pflaster. Solch Dilettantismus, wohl aus mangelnder Erfahrung im konspirativen Kampf zwischen 1933 und 1945 resultierend, lieferte viele ans Messer. Zwischen Sommer 1947 und Frühjahr 1948 brachen die Sowjets mit äußerster Brutalität den sozialdemokratischen Widerstand in der SBZ.

Dieter Rieke wurde am 4. Mai 1948 in seinem Büro in der Kreisverwaltung Gardelegen von NKWD-Leuten verhaftet. Es begann ein qualvoller Leidensweg vom „Roten Ochsen” in Halle ins gefürchtete NKWD-Gefängnis von Berlin-Hohenschönhausen. Im April 1949 wurde er einem sowjetischen Militärtribunal vorgeführt, das ihm ein ungeheures Strafmaß zudiktierte: 25 Jahre Freiheitsentzug. Damals war Dieter Rieke gerade 23 Jahre alt. Zur Abbüßung der Strafe kam er ins „Gelbe Elend” von Bautzen. Er schildert die unmenschlichen Haftbedingungen, die sich nicht änderten, nachdem die Sowjets die Leitung der Anstalt den DDR-Justizorganen übergeben hatten. Im März/April 1950 kam es deshalb zu einer Gefangenenrevolte, zu einem „Aufstand der Verzweifelten”, der von der Volkspolizei mit großer Brutalität niedergeschlagen wurde.

Als Dieter Rieke im Dezember 1956 endlich freikam, ging er in die Bundesrepublik. Als Journalist arbeitete er hier für seine Partei. Seine bitteren Erfahrungen in der SBZ/DDR teilte er einer breiten Öffentlichkeit mit. Nach dem Ende der DDR erfuhr er bei der Einsicht in seine Akten, die heute in der Gauck-Behörde liegen, daß ihn die Stasi nach dem Motto: „Ein Schumacher-Agent bleibt immer gefährlich” all die Jahre in der BRD und erst recht bei Reisen in die DDR „operativ” beobachten ließ.

Am Ende seines Lebensberichtes fragt Dieter Rieke: Was bleibt von diesem dunklen Kapitel jüngster deutscher Geschichte unter kommunistischer Herrschaft, wenn die Erinnerungen mehr und mehr verblassen werden? Seine Antwort: „Ich mache mir keine Illusionen, wenn ich daran denke, daß der Gang der sich weiter vollziehenden Entwicklung die Narben verdecken und eines Tages niemand mehr danach fragen wird, auf welcher Seite er gestanden hat - als Täter oder Opfer, analog dem Abschnitt der Nazi-Zeit.” Deshalb drängte es ihn, das Erlebte und Ertragene niederzuschreiben, weil man es nicht vergessen darf. Sein „mit Herzblut geschriebenes” Buch ist ein wichtiger autobiographischer Beitrag zur Aufhellung der politischen Verfolgung in der SBZ/DDR.

http://www.luise-berlin.de/lesezei/blz00_04/text44.htm
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 21. April 2012, 12:38

Da war doch noch :

Arno Wend

Aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, engagierte sich Wend in Dresden beim Aufbau der SPD und hatte maßgeblichen Anteil an deren Aufstieg zur mitgliederstärksten Volkspartei in Sachsen.
Als grundsatztreuer Sozialdemokrat zählte er weit über Sachsen hinaus schnell zu den prominentesten Gegnern einer Einheitspartei mit den Kommunisten. Schmeitzner analysiert die Politik Wends in den Konflikten mit den Einheitsbefürwortern innerhalb der sächsischen SPD, zu deren wichtigsten Protagonisten der Landesvorsitzende Otto Buchwitz zu rechnen ist.

Gegen den übermächtigen Druck der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) waren Wend und die Mehrheit der Sozialdemokraten jedoch letztlich machtlos und fügten sich in die Zwangsvereinigung mit der KPD, soweit nicht die Flucht in den Westen als Ausweg gewählt wurde. Wend blieb, um innerhalb der SED weiter für seine Ideale einzutreten.

Im SED-Landessekretariat ging er keinem Konflikt mit den Kommunisten aus dem Weg. Partiell, wenn sich wie beim Volksentscheid 1946 die Interessen von Wend mit denen der Kommunisten deckten, war eine Zusammenarbeit noch möglich. Doch als er sich für eine bessere Platzierung ehemaliger SPD-Mitglieder auf den SED-Listen für die Wahlen im Herbst 1946 einsetzte und gegen die Oder-Neiße-Linie argumentierte, spitzten sich die Konflikte mit der Besatzungsmacht und den deutschen Kommunisten zu. So geriet er schnell in das Visier des sowjetischen Geheimdienstes und seiner von der KPD aufgebauten deutschen Ableger und gehörte bald zu den am intensivsten überwachten Persönlichkeiten der SBZ. Bereits 1946/47 wurde er aus seinen Positionen in der Führung der sächsischen SED gedrängt und politisch kalt gestellt.

Wend suchte engen Kontakt zum SPD-Ostbüro und zu Kurt Schumacher. Die Zusammenarbeit war recht intensiv. Besonders hervorzuheben ist Wends Beitrag „Ein Jahr SED. Ein Jahr der Enttäuschung für Sozialisten“, der als Flugblatt in der gesamten SBZ Verbreitung fand.

Nach seinem Hinauswurf aus der SED schloss sich Wend als Dresdener Stadtverordneter der CDU-Fraktion im Stadtrat an, die ihn als Hospitant aufnahm. Grundlage hierfür war das Beharren beider Seiten auf den Freiheitsrechten der Bürger und der Demokratie. Der auch seitens der CDU mutige Schritt belegt, dass diese alles andere als eine bereits gleichgeschaltete Blockpartei war.

Sein Widerstand führte schließlich 1948 zu seiner Inhaftierung, einer monatelangen Haft in Berlin-Hohenschönhausen sowie der Deportation nach Workuta. Von dort kehrte er erst Ende 1955 nach fünfjähriger Haft nach Dresden zurück.

Bereits kurze Zeit später floh er in den Westen.

http://www.h-net.org/reviews/showrev.php?id=25582
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 23. April 2012, 16:35

Da war auch noch:

Arno Wend

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Geboren 1906 in Zittau, arbeitete der gelernte Anwalts- und Notariatsangestellte bis 1933 beim Arbeitsamt Dresden. Frühzeitig engagierte er sich in der SPD und bei den Jungsozialisten. Von den Nationalsozialisten verfolgt, kehrte er nach dem Krieg in seine Heimatstadt Dresden zurück, wo er einer der führenden Köpfe der SPD in Sachsen wurde. Nach der erzwungenen Vereinigung von SPD und KPD wurde er 1946 Mitglied des SED-Landesvorstands und Leiter der Personalpolitischen Abteilung des Landessekretariats. Im September wurde er jedoch von allen Parteiämtern entbunden und im November 1947 aus der SED ausgeschlossen. Als illegales Mitglied der West-Berliner SPD organisierte er mit Unterstützung des Ostbüros der SPD Widerstandsaktionen gegen das DDR-Unrechtsregime.

Im Herbst 1948 verhaftete ihn das sowjetische Ministerium für Staatssicherheit in Dresden und brachte ihn in die zentrale Untersuchungshaftanstalt nach Berlin-Hohenschönhausen. Im April 1950 verurteilte ihn ein Militärtribunal wegen "illegaler Gruppenarbeit" und "antisowjetischer Propaganda" zu 25 Jahren Arbeitslager. Anschließend deportierte man ihn nach Workuta, eine sowjetische Straflagerregion nördlich des Polarkreises. Nach der von Konrad Adenauer ausgehandelten Freilassung aller deutschen Kriegs- und Zivilgefangenen konnte er im Dezember 1955 nach Dresden zurückkehren. Er siedelte in die Bundesrepublik über, wo er im hessischen Innenministerium tätig war. Arno Wend verstarb 1980.

http://www.stiftung-hsh.de/page.php?cat ... l=0&html=0
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Re: Opposition innerhalb der SED

Beitragvon Interessierter » 26. April 2012, 08:26

Da war auch noch:

Gerhard Weck

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Widerstand gegen die Zwangsvereinigung von KPD und SPD


Gerhard Weck (1913–1973) wird im sächsischen Werdau geboren. Nach 1933 wird der Sozialdemokrat im Konzentrationslager inhaftiert. Er erlebt das Kriegsende im Strafbataillon 999. Nach seiner Rückkehr wird er von der sowjetischen Besatzungsmacht in Werdau als Bürgermeister eingesetzt. Der Zwangsvereinigung widersetzt er sich. Illegal setzt er die Arbeit der SPD in seiner Region fort. An seiner Haltung orientieren sich wenige Monate später auch Werdauer Oberschüler. Kurz vor Weihnachten 1948 wird er verhaftet und von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. 1956 aus dem Zuchthaus Brandenburg entlassen, kann er in die Bundesrepublik fliehen.

http://www.gegen-diktatur.de/beispiel.p ... =18&thema=
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