Haft, Verrat und Widerstand. Ein „Agent“ berichtet

Haft, Verrat und Widerstand. Ein „Agent“ berichtet

Beitragvon Interessierter » 5. November 2020, 11:39

Das hier erstmals publizierte Dokument wirft ein Schlaglicht auf den sozialdemokratischen Widerstand in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Gleichzeitig illustriert es eindrück-lich die Repressionspraxis der sozialistischen Besatzungsmacht in Deutschland. Der Autor des Rapports, Karl Heinz Quade, wurde am 10. Juli 1927 in Memel geboren. Nach Ausweisung durch die Litauer im Januar 1934 kam er mit seiner Familie nach Dresden. Dort besuchte Quade die Volksschule und später das Wettiner Gymnasium.

Nach dem Dienst als Luftwaffenhelfer und beim Reichsarbeitsdienst 1944 beendete er seinen kurzzeitigen Fronteinsatz durch „Entfernung von der Truppe“ Ende April 1945 in der Tschechoslowakei. Wegen seiner Jugend und einer hochgradigen Dystrophie blieb ihm eine jahrelange Kriegs-gefangenschaft erspart. Aus einem Lager in Frankfurt (Oder) entlassen, traf er am 20. August 1945 wieder in Dresden ein, wo er in die neu gegründete SPD eintrat.1In der zweiten Hälfte der vierziger Jahre gehörte Quade zu einem Widerstandskreis von sächsischen Sozialdemokraten um Arno Haufe,2 Arno Wend3 und Werner Uhlig,4 die sich nach der zum Teil unter massivem Druck erfolgten Vereinigung von SPD und KPD mit den Studien und ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die Bolschewisierung der SED und die So-wjetisierung der SBZ zur Wehr setzten.

Aktive Unterstützung erhielten sie dabei von dem auf Initiative von Kurt Schumacher beim Parteivorstand der SPD im April 1946 in Hannover gebildeten Ostbüro der Partei.6 Mit Werner Uhlig und Walter Ramm7 waren dort bis bzw. ab 1948 zwei ehemalige Dresdener für die Betreuung des Landes Sachsen verantwortlich. Die Kuriere des Büros schleusten z.B. Schriften und Zeitungen in die SBZ ein und knüpften Verbindungen zu den illegal wirkenden sozialdemokratischen Gruppen. Diese wiederum informierten ihre westdeutschen Genossen über wichtige Vorgänge und Personalentschei-dungen in den lokalen und zentralen Verwaltungsorganen, in der SED sowie über das Vor-gehen in der SMAD und Truppenbewegungen der sowjetischen Besatzungsstreitkräfte.

Der Dresdener SPD-Widerstandskreis, einer der aktivsten in der SBZ, gab außerdem eine illegale Zeitung heraus.8 Karl Heinz Quade reichten all diese Aktivitäten offenbar nicht aus. Er beabsichtigte, die für den Uranbergbau der Wismut AG zuständige Arbeitsvermittlung in Aue in die Luft zu sprengen.9 Durch die geringe Erfahrung in der illegalen Arbeit und hauptsächlich durch das leichtsinnige Verhalten der Kuriere aus Hannover10 blieb das Agieren der oppositionellen Sozialdemokraten den Abwehrstrukturen der SED, den politischen Dezer-naten (K5) der Volkspolizei und dem sowjetischen Geheimdienst (MGB) nicht verborgen.

https://www.stiftung-hsh.de/assets/Uplo ... rstand.pdf

Ein interessanter Bericht, der auch detailliert über die damaligen Haftbedingungen und Verhörmethoden informiert.
Interessierter
 

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