Humanmedizin in Ost und West

Themen über die Gesundheitssysteme in beiden deutschen Staaten

Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 24. April 2010, 19:33

Das ist ein sehr weites Feld, weil die gefühlte Betreuung und Fürsorge von vielen Faktoren, besonders aber von subjektiven Eindrücken bestimmt werden.

Ich will so anfangen:
In der DDR war das Gesundheitswesen in allen Facetten gut aufgestellt. Man bedenke, dass kurz nach dem 2. WK Volkskrankheiten wie Tbc zu bekämpfen waren. Und das gelang nach meiner Erinnerung sehr erfolgreich.
Das Gesundheitswesen der DDR setzte sehr viel auf Früherkennung, Screening und Prophylaxe. (Röntgen-Züge, Impfwesen, RRU bei Kontaktpersonen zu Tbc-Kranken usw.)
Der Zugang zum Arzt, Krankenhaus u.a. war denkbar einfach. Jeder hatte einen Sozialversicherungsausweis, den er vorzeigte.
Es gab in den Fabriken ein gesondertes Betriebsgesundheitswesen, dass unter arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten fungierte. In großen Betrieben gab es Ambulanzen, Allgemeinarzt, Zahnarzt usw.
Kinder wurden durch Ärzte nach einem aufgelegten Programm je nach Alter untersucht, ähnlich den heutigen U- Untersuchungen.
Diese Vorgaben kostete den Staat immense Summen, die er auch aufbrachte.
Kurzum, wer krank war, wurde kostenfrei behandelt. Flächendeckend sorgten prophylaktische Maßnahmen für die Verhinderung von Erkrankungen.

Zu den Schattenseiten in meinem nächsten Beitrag.

Huf
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Heldrasteiner » 24. April 2010, 19:46

Huf, Du kannst mir als Spezialist bestimmt auch was über die Polikliniken erzählen
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Berliner » 24. April 2010, 19:47

hier ein Video, das zu diesem Thema beitragen koennte:




Huf, es ist sehr schoen Dich hier zu sehen. Gruss aus den Staaten ueber den Teich!
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Ausbildung kann es nicht - Die Welt ist voll von ausgebildeten Obdachlosen.


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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 24. April 2010, 20:12

Nun zu den Schattenseiten des Gesundheitswesens der DDR:

Ich erinnere mich, dass Anfang der 80er Jahre das Tempo des medizinischen Fortschritts weltweit zunahm, neue Medikamente, neue apparative Untersuchungsmethoden, neue Op.-Methoden mit erheblichem technischen Aufwand.
Das konnte man nun nicht mehr flächendeckend für alle Bürger realisieren.
Die Krankenhäuser wurden gemäß ihrer Größe und ihrer Bedeutung (Uniklinik) ausgestattet, den Zugang zur modernen Medizin blieb aber für alle erhalten. Wartezeiten! Lange Verlegungsfahrten mit dem Krankenwagen, ein flächendeckendes Flugrettungssystem gab es nicht.
Neue Medikamente, oft teure Westimporte waren über sog. Nomenklaturen nur nach besonderer (Funktionärs-)ärztlicher Sondergenehmigung erhältlich.
Teure importierte Medizintechnik, Beispiel CT, wurden in ausgesuchten Uni-Kliniken aufgebaut. Zu meiner Studienzeit 1980 bis 1986 gab es fünf CT´s in der DDR! Eins davon hatten wir in Magdeburg. (Eingerechnet sind hier allerdings nicht die Ausrüstungen im Regierungskrankenhaus Berlin usw.).
Wichtig: In begründeten medizinischen Fällen kam der Pat. ungeachtet seiner Person in den Genuß dieser High-tech-Medizin, aber eben über lange beschwerliche Wege und lange Wartezeiten.

In meinem nächsten Beitrag schreibe ich über Vorzüge und Nachteile von Polikliniken.
Huf
 

Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Luchs » 24. April 2010, 20:25

Huf hat geschrieben:...
In meinem nächsten Beitrag schreibe ich über Vorzüge und Nachteile von Polikliniken.


Ich freue mich schon über weitere informative Beiträge. Hoffentlich kommt noch ein Arzt, der in der alten Bundesrepublik praktiziert hatte, dass wir vergleichen können.
Viele Grüße
Micha
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 24. April 2010, 20:43

Ja, das wäre sehr gut! Wir hatten damals natürlich kaum eine Ahnung, was jenseits der Grenze geschah. Zwar hörte man auf großen Kongressen auch Beiträge von renommierten Ärzten aus Westdeutschland, Österreich und der Schweiz, das war aber immer fachlich.
Was weinige wissen: Unsere Bibliothek im Kreiskrankenhaus hatte auch bundesdeutsche Fachzeitschriften regelmäßig abbonniert. Je ein Exemplar, das der Hierarchie gemäß weitergereicht wurde.
Und wir hatten vorgedruckte Postkarten, die wir an die Autoren schickten, mit der Bitte, uns einen Sonderdruck des Artikels zuzusenden.
Das hat immer geklappt, und sehr häufig haben uns unsere westdeutschen Kollegen herzliche und mutmachende Bemerkungen auf diesen Blättern handschriftlich überlassen. Das war einfach super!
Denn, wir waren und sind Ein Volk!
Huf
 

Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon karl143 » 24. April 2010, 22:33

Hallo Huf,
das mit den vorgedruckten Postkarten höre ich zum erstenmal, kann es mir aber gut vorstellen. Als Nichtmediziner
hört man natürlich von solchen Geschichten nichts. Ist aber interessant. Ich bin schon gespannt auf weitere
Hinweise von dir. Was bei Erzählungen immer gut herauskam, waren die Polykliniken bzw. die Versorgung in der DDR.
Und da muß ja wohl was dran gewesen sein.
karl143
 

Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 25. April 2010, 09:51

Heute etwas zu den Polikliniken in der DDR:

Voranstellen möchte ich zunächst, dass in meinen Beiträgen nur eigene Erfahrungen und eigene Sichtweisen dominieren. Falls jemand andere Dinge erlebt hat, ich kann es nicht ausschließen.

In jeder größeren Stadt gab es sog. Polikliniken, unter deren Dach staatliche Haus- und Facharztpraxen die ambulante Versorgung der Bevölkerung abgesichert haben. Ärzte und Schwestern waren zu Festgehältern angestellt. Die Leitung hatte ein Ärztlicher Direktor inne.
Das gesamte Personal war fachlich versiert und motiviert. Das kommt auch in Berliners Beitrag zum Ausdruck.
Oft waren auch im Stadtgebiet staatliche Hausarzt- oder Facharztpraxen verteilt, die aber Bestandteil der Polikliniken waren.
Angeschlossen waren sog. Gemeindeschwestern, vergleichbar mit heutigen Krankenpflegediensten. Über die Polikliniken waren auch der ärztliche Bereitschaftsdienst und das sog. Rettungswesen organisiert.
Eigentlich funktionierte diese Versorgungsweise gut, begrenzender Schritt war auch hier zunehmende Finanznöte des Staates, was aber keine Abstriche am Engagement der Beschäftigten bedeutete.
Die Medizin war bei weitem nicht so kommerzialisiert.
Nur in Brandenburg wurden nach der Wende Polikliniken erhalten, um für über 50-jährige Ärzte den wirtschaftlich ungewissen Weg in die private Niederlassung zu vermeiden. Hier ist das Verdienst der damaligen SPD-Sozialministerin Regine Hildebrandt zu würdigen!

Im nächsten Beitrag etwas zu Polikliniken in Brandenburg und wie alles verkam.

Huf
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Zermatt » 25. April 2010, 14:22

Das Gesundheitssystem war gegenüber dem Westen nicht schlechter oder besser,es war anders. Die Unterschiede lagen in der
Ausstattung und Gerätschaften der Krankenhäuser und Praxen.Vom Engament des Personal war es gleich,das war auf
beiden Seiten hoch.Wobei es natürlich immer schwierig ist mit älteren Geräten eine hochwertige Versorgung am Patienten
vorzunehmen.
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Rostocker » 25. April 2010, 16:34

Zu den Thema möchte ich mal sagen. Wir hatten damals auf der Werft eine eigene Poliklinik,dort waren Fachgruppen von allen Ärzten fast intergriert mal so gesagt vom Allgemeinmediziner bis hin zum Zahnarzt.Und ich fand das garnicht so schlecht,so hatte ich dort meinen Arzt als Ansprechpartner.
Mal was zu den Namen Poliklink,heute nennt man es Ärztehaus und die Leute glauben das ist was Neues.Im Prinzip wurde nur ein neuer Name erfunden.Und was ich damals auch noch OK fand ist, man brauchte beim Arztbesuch keine 10 Mark Quartalsweise mitbringen.Zu Huf seinen Ausführungen möchte ich sagen,das mit den Röntgenzügen-wagen kenne ich auch noch.Das ging so viel ich weiß bis so ende der 60er Jahre.
Was mir auch heute nicht so recht zusagt ist, viele Kleinstädte die mal alles oder fast alles an medizinischen Einrichtungen hatten,es heute nicht mehr haben.Immer öfters kommt es vor,das man mit einer Überweisung vom Hausarzt fast 100km fahren muss zum anderen Facharzt.Nun kann man sagen das gab es damals auch schon,aber darauf will ich nicht hinaus.Mir geht darum,das es das in den Ort schon mal gab,aber Gesundheitspolitik ist halt schwer zu verstehen.Gruß Rostocker
Rostocker
 

Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 25. April 2010, 16:42

Wie Recht Du hast, Rostocker! [hallo]

Wenn ich heute einen Pat. zum Haut- oder Augenarzt überweise, fragt der mich, wo ist denn so ein Facharzt?
Oftmals sage ich dann zynisch, Pritzwalk, Ludwigslust, Moskau oder New York.
D.h., die Leute machen oft Tagesreisen! Und für viele ist das auch richtig teuer, ganz zu schweigen von der Beschwerlichkeit für alte oder behinderte Leute.

Falls ich meine Pläne durchhalte, werde ich mich in diesem Thread etwas später zur heutigen Situation äußern, natürlich nur, wenn gewünscht.

Huf [grins]
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Luchs » 25. April 2010, 17:10

Huf hat geschrieben:...
Falls ich meine Pläne durchhalte, werde ich mich in diesem Thread etwas später zur heutigen Situation äußern, natürlich nur, wenn gewünscht.

Huf [grins]

Und wie es gewünscht wird, Huf.
Viele Grüße [hallo]
Micha
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon karl143 » 25. April 2010, 22:37

@ Rostocker,
ich kann mir vorstellen, das es damals mit den Polykliniken eine nähere regionale Versorgung gab. Das war aber hier in der alten Bundesrepublik
zum Teil auch vor der Wiedervereinigung schon anders. Wurde bestimmte Untersuchungen wie CT oder ä. vom Arzt angeordnet, mußte der
Patient schon immer einen weiteren Weg auf sich nehmen. Gut CT ist nun etwas sehr spezielles. Aber bestimmte Fachbereiche oder Abteilungen
gab es in den Krankenhäusern des LK Nienburg auch nicht, und dann mußte der Patient eben nach Bremen, Hannover oder Minden.
Anderseits waren manche Krankenhäuser bis weit in die 80er Jahre aber auch von der Größe her unwirtschaftlich. Man kann sich vorstellen, was
zum Beispiel drei Krankenhäuser einem Landkreis im Jahr gekostet haben. Die Folge war, das es dort nicht mehr so toll war. Der Patient merkte das
auch, die Folge war Unzufriedenheit.
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon dein1945 » 29. April 2010, 10:55

Huf hat geschrieben:Nun zu den Schattenseiten des Gesundheitswesens der DDR:

Ich erinnere mich, dass Anfang der 80er Jahre das Tempo des medizinischen Fortschritts weltweit zunahm, neue Medikamente, neue apparative Untersuchungsmethoden, neue Op.-Methoden mit erheblichem technischen Aufwand.
Das konnte man nun nicht mehr flächendeckend für alle Bürger realisieren.
Die Krankenhäuser wurden gemäß ihrer Größe und ihrer Bedeutung (Uniklinik) ausgestattet, den Zugang zur modernen Medizin blieb aber für alle erhalten. Wartezeiten! Lange Verlegungsfahrten mit dem Krankenwagen, ein flächendeckendes Flugrettungssystem gab es nicht.
Neue Medikamente, oft teure Westimporte waren über sog. Nomenklaturen nur nach besonderer (Funktionärs-)ärztlicher Sondergenehmigung erhältlich.
Teure importierte Medizintechnik, Beispiel CT, wurden in ausgesuchten Uni-Kliniken aufgebaut. Zu meiner Studienzeit 1980 bis 1986 gab es fünf CT´s in der DDR! Eins davon hatten wir in Magdeburg. (Eingerechnet sind hier allerdings nicht die Ausrüstungen im Regierungskrankenhaus Berlin usw.).
Wichtig: In begründeten medizinischen Fällen kam der Pat. ungeachtet seiner Person in den Genuß dieser High-tech-Medizin, aber eben über lange beschwerliche Wege und lange Wartezeiten.

In meinem nächsten Beitrag schreibe ich über Vorzüge und Nachteile von Polikliniken.


Hallo Huf,
würde mich mal interessieren wo waren die 5 CT vorhanden, wenn möglich auch das Fabrikat, kenne mich da einigermaßen aus,auch MRT,
Gruß aus Berlin
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon l'ange de paix » 29. April 2010, 11:23

Rostocker hat geschrieben:... Zu Huf seinen Ausführungen möchte ich sagen,das mit den Röntgenzügen-wagen kenne ich auch noch.Das ging so viel ich weiß bis so ende der 60er Jahre.
...


So weit ich mich erinnern kann, habe ich meinen Opa noch Anfang oder gar Mitte der 80-er Jahre zu einem solchen "Röntgentzug" begleitet.
Und dieser Röntgenzug stand in unserer Stadt dann immer vor der --> Poliklinik. [crazy]

Wir lesen uns,
Thomas.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

Was keiner geglaubt haben wird,
was keiner gewusst haben wollte,
was keiner geahnt haben durfte,

das wird dann wieder das gewesen sein,
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(Erich Fried)
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Heldrasteiner » 29. April 2010, 11:35

Ähnliche Fahrzeuge kenne ich auch aus meiner Kindheit - die standen für einige Tage immer auf dem Schulhof zur Reihenuntersuchung der Lehrkräfte auf Tbc.
Heldrasteiner
 

Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon karl143 » 29. April 2010, 14:21

Das war in den ersten Jahren nach dem Krieg bis in die 60er Jahre hinein überall so. Es gab ja weit über 2 Mio. TBC Kranke,
überall wurden Pflegeheime eingerichtet. Die starke Zunahme der Krankheit erklärt sich aus der Kriegs- bzw. Nachkriegszeit.
Die Ausweitung der Krankheit versuchte man durch die regelmäßige Reihenuntersuchung zu verhindern. Wann bin ich jetzt
das letzte Mal auf TB untersucht worden? Ich kann mich garnicht mehr daran erinnern.
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon augenzeuge » 30. April 2010, 15:17

Hallo Huf,

ich habe mal ein paar Fragen an dich.

Ich weiß, dass so Ende der 70, Anfang der 80er Jahre viele Rentner zu einer Behandlung in den Westen gefahren sind.
Es ging um künstliche Hüften, OP's am Knie- oder auch nur um Behandlung von Augenerkrankungen.

Scheinbar war es so, dass dort die Möglichkeiten bereits besser waren. Wie war das mit der Bezahlung, und weißt du vielleicht, bei welchen Behandlungen du auch lieber in den Westen gefahren wärst?

Zumindest auf dem Land gab es ja in der DDR gravierende Engpässe, bei einem schweren Unfall meinerseits konnte ich mich 1973 davon leider überzeugen.

Zur heutigen Zeit. Bekommen die Ärzte wirklich vom Krankenhaus dafür Geld, wenn sie ihre Patienten dahin überweisen? Gilt das auch für Fachärzte?

Ich freue mich auf deinen Beitrag.

Gruss, AZ
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 1. Mai 2010, 22:40

Hallo AZ,

zunächst entschuldige ich mich wegen grober Vernachlässigung unseres Forums für die späte Antwort auf Deine Fragen.

1. Nein. Dem überweisenden bzw. einweisenden Arzt steht kein Geld zu, wenn er einen Pat. in ein KH einweist. Aber,... es gibt Regionen, in denen Zuweiser von Krankenhäusern geschmiert werden, ist unzulässig, kurzum fragwürdig. Wir machen sowas nicht.

2. Wenn Rentner auf Westreise erkrankten, wurden sie in der BRD bestens versorgt. Dafür gab es den Kostenträger AOK(Ausland).

3. Irgendwo in Westberlin, Nähe Friedrichstraße, gab es eine Apotheke, wo Ost-Rentner mit dem Rezept eines Ost-Arztes in der DDR nicht verfügbare Westmedikamente erhielten. Kostenträger: AOK(Ausland).

Das waren Zeiten!

Huf
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 1. Mai 2010, 22:44

Verspätete Info für dein1945:

Also in Magdeburg hatten wir ein "SOMATOM" der Fa. SIEMENS. Woher die anderen CT´s kamen, ist mir nicht bekannt.

Huf [hallo]
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon dein1945 » 2. Mai 2010, 10:04

Huf hat geschrieben:Verspätete Info für dein1945:

Also in Magdeburg hatten wir ein "SOMATOM" der Fa. SIEMENS. Woher die anderen CT´s kamen, ist mir nicht bekannt.

Huf [hallo]


Hallo Huf,
danke für deine Antwort, kenne natürlich auch die CT von Siemens, habe 25 Jahre für die Firma Picker-International, die Elektroanlagen vieler CT und MRT in Berlin-West und auch Ost angeschlossen, nur als Info in Westberlin gab es zur Wende 26 CT sowohl in Krankenhäusern als auch in Privat-Praxen, hatte allein 5 Kunden die CT und MRT betrieben, werde bei Gelegenheit mal eine Geschichte über den CT in der Charite einstellen, karl143 kennt sie schon aus einer PM im Grenzforum, gehe aber erst mal in Urlaub,
Gruß aus Berlin
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Affi976 » 2. Mai 2010, 12:09

@Huf,
die "Apotheke" für Ostler befand sich meiner Meinung nach am "Platz der Luftbrücke" in West Berlin.
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 2. Mai 2010, 17:06

Hallo dein1945,

ich nehme an, Dein Urlaub wurde ordnungsgemäß beantragt und genehmigt! Schönes Wetter, gute Reise und beste Erholung! [hallo] [hallo] [hallo]

Affi, danke für Deine Info bezüglich der Westberliner Apotheke!

Gruß!

Huf [wink]
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 7. Mai 2010, 18:37

Heute möchte ich Euch berichten, wie es nach der Wende mit den ehemaligen DDR-Polikliniken weiterging.

In allen ostdeutschen Bundesländern, außer Brandenburg, wurden die Polikliniken abgewickelt.
Die dort tätigen Ärzte gingen mit Fördermitteln in die eigene Niederlassung. Dies bedeutete, eigene Praxisräume zu finden, sie teuer anzumieten, zu sanieren und neu auszustatten. Damit kamen auf die Ärzte erhebliche finanzielle Risiken (Kredite) zu, denn Kapital war ja in der Regel in der DDR generell kaum vorhanden. Und welcher Arzt verstand anfangs etwas von BWL?
Das Praxispersonal wurde häufig, aber nur teilweise aus den Polikliniken übernommen.

In Brandenburg hat sich die von mir sehr verehrte Regine Hildebrandt eingesetzt, Polikliniken, unter welchem Namen auch immer, zu erhalten. Damit sollte brandenburger Ärzten, besonders älteren, der Sprung "ins kalte Wasser" erspart werden. Außerdem galt es ja, die ärztliche Versorgung in ländlichen Gebieten zu sichern.
Also waren Poliklinikärzte fest angestellt beim Landkreis (Träger), sie hatten Arbeitsverträge mit leistungsunabhängigen Festgehältern (und auch nicht üppig!). Leiter der Einrichtungen wurden nun Beamte der Kreisverwaltung, keine Ärzte!
Unter den neu herrschenden Bedingungen war es unerläßlich, betriebswirtschaftliche Grundprinzipien durchzusetzen. Das bedeutete in der Prxis, dass bei Neubeschaffung von Geräten, Einrichtung, PC-Technik u.ä. Zurückhaltung und Investitionsstau entstand.
Bei Verbrauchsmitteln (Verbandstoffe, Op-Instrumente, sterile Handschuhe, usw.) standen nicht mehr Gebrauchsfreundlichkeit im Mittelpunkt, sondern nur der Preis.
Andererseits gab es regelmäßige Zusammenkünfte aller Ärzte mit dem Geschäftsführer, bei denen alle auf noch auf mehr Ertrag einerseits und auf noch weniger Verbrauch andererseits eingeschworen wurde. Das erzeugte logischerweise Spannungen, die zu einem unakzeptablen Arbeitsklima führten.
Ich erinnere mich, dass wenn Kollegen in Rente gingen, deren Stellen nur schwer nachzubesetzen waren. Und wenn man ein bis zwei Jahre Fuß gefaßt hatte, gingen diese Ärzte mit ihrem Patientenstamm in die eigene Niederlassung.
Mit Erfolg, auch heute noch.

Das Ende der "Polikliniken" zeigt sich heute ab.

Demnächst mehr in diesem Forum.

Huf [hallo]
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon SanGefr » 24. Juni 2010, 10:54

An so einer Röntgen-Reihenuntersuchung kann ich mich auch noch erinnern. Unsere Eltern wurden per Postkarte dazu eingeladen, sich an einem bestimmten Datum zu einer bestimmten Uhrzeit zum röntgen einzufinden. Das war allerdings eine freiwillge, kostenlose Teilnahme. Es handelte sich um einen umgebauten Reisebus (MAN, Büssing oder Mercedes), der in Lindhorst auf dem Gelände des alten Sportplatzes stand, auf dem heute teils der Anbau der Magister-Nothold-Schule steht und teils der Platz für die Schülerbeförderung ist. Diese Reihenuntersuchung wurden in den 60er oder 70er Jahren irgendwann mal eingestellt.
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Berliner » 24. Juni 2010, 15:37

hier ein Clip, der die niedrigen Versicherungskosten belegt, die regelmaessigen Untersuchungen (Roentgen, wie SanGefr von der BRD erwaehnte) und, dass es in jedem Dorf eine Station gab mit Krankenschwester.

Berliner [hallo]


Das war die DDR, Kapitel 3: In Fuersorge fuer das Volk
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Talent kann es nicht - nichts ist verbreiteter als erfolglose Maenner mit Talent.
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 8. Oktober 2010, 16:18

Liebe Freunde, ich habe Euch und dieses Forum längere Zeit vernachlässigt.
Trotzdem möchte ich an dieser Stelle meine eigenen Erfahrungen aus unserem heutigen Gesundheitswesen fortsetzen. Noch eine kurze Denkpause, konzeptionell, und schon geht es weiter.

Euch allen ein schönes Wochenende! [hallo]

Euer Huf [laugh]
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon augenzeuge » 8. Oktober 2010, 16:41

Huf hat geschrieben:Liebe Freunde, ich habe Euch und dieses Forum längere Zeit vernachlässigt.
Trotzdem möchte ich an dieser Stelle meine eigenen Erfahrungen aus unserem heutigen Gesundheitswesen fortsetzen. Noch eine kurze Denkpause, konzeptionell, und schon geht es weiter.

Euch allen ein schönes Wochenende! [hallo]

Euer Huf [laugh]


Hallo Huf, Einsicht ist der beste Weg.....[grins]

Schön, wenn du weiter schreiben willst. Dann gebe ich dir mal ne Steilvorlage.... [wink]

Arzthonorare steigen um rund eine Milliarde Euro/ Eine Milliarde Euro sollen die deutschen Ärzte nach Berechnungen der Krankenkassen im kommenden Jahr mehr verdienen.
Boah? [shocked]

Huf, wenn es mit der ersten Million nicht geklappt hat, jetzt könnt es was werden......mit der zweiten. [wink]
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon Huf » 8. Oktober 2010, 16:48

Bevor ich über die heutige Situation im deutschen Gesundheitswesen berichte, lest bitte noch einmal die ersten Sätze meines Eingangsbeitrages! Vieles, so auch die medizinische Versorgung, wird von uns als Patienten oder Ärzten sehr subjektiv wahrgenommen.
Betrachtet man den heutigen Zustand unseres Gesundheitswesens, fallen gegensätzliche Entwicklungen ins Auge.
Einerseits werden immer bessere Behandlungsmethoden, Medikamente und Op.-Techniken eingeführt, andererseits wächst ein enormer Kostendruck auf die Krankenkassen.
In unserer Gesellschaft wird das Wort "Solidarität" immer mehr zum Fremdwort, politisch gewollt gerät das Solidarprinzip allmählich auf das Abstellgleis.
Politische Newcomer versuchen, sich auf Kosten der Gemeinschaft zu profilieren und verscherbeln wertvolle und bewährte Grundprinzipien unseres Zusammenlebens.
Grundsätzlich gilt auch heute: Wer krank ist, dem wird im erforderlichen Umfang geholfen.
Zwar steht bei bestehender Behandlungsnotwendigkeit gleich die Frage nach den Kosten auf dem Plan, jedoch bei medizinisch begründeter Notwendigkeit wird die jeweilige Krankenkasse diese Kosten übernehmen, ohne Ansehen der betroffenen Person.
Kliniken, Arztpraxen, Reha-Einrichtungen usw. sind mittlere und kleine Betriebe geworden, die nach den Prinzipien unserer Wirtschaftsordnung funktionieren. Die daraus resultierenden Konsequenzen erzeugen Zwangssituationen für die Leistungserbringer, die allgemein in der Bevölkerung nicht oder kaum bekannt sind, und die tunlichst auch kaum in den Medien Beachtung finden.
Ich werde Euch demnächst dazu Beispiele schreiben.

Huf [peinlich]
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Re: Humanmedizin in Ost und West

Beitragvon karl143 » 8. Oktober 2010, 17:37

Hallo Huf,
danke für den Artikel. Du bist aufgrund deines Berufes einer der Betroffenen dieser ganzen Orgie von Gesetzesänderungen. Du sprichst die Solidarität an. Unser jetziger Gesundheitsminister, der als Arzt selber Fachmann genug sein sollte, hat diese nach 60 Jahren aufgelöst. Indem jetzt der Beitrag für den Arbeitgeber nicht mehr steigt, sondern die Erhöhungen allein der Versicherte zu tragen hat. Und jeder weiß, das diese Erhöhungen kommen werden. Rösler, aber das hatte er ja schon vor Amtsantritt deutlich gemacht, wollte diesen Weg gehen.

Ein anderes Beispiel: Bei uns im Landkreis ist seit Montag das neue Modell des Notdienstes in Kraft getreten. Aufgestülpt wurde es den Ärzten und den Kranken von der Kassenärztlichen Vereinigung. Hatte sonst in einem Gebiet von ca. 4-5 Gemeinden immer ein Arzt Notdienst, so wird er jetzt in den zwei Rhön-Kliniken im Landkreis durchgeführt. Die Begründung, man will die Hausärzte entlasten. Jetzt hätten sie pro Quartal nur noch 4-5 Mal Notdienst. Zwei Ärzte, die den Anfang gemacht haben, sprechen von einem Bankrott dem Kranken gegenüber. Die Hausärzte müssen jetzt an die Rhönklinik die Miete für die zwei Behandlungsräume zahlen. Als Betrag weiß ich noch das es 80.000 Euro sind. Ich weiß nur nicht, pro Quartal oder Jahr. Es müßte aber wohl der Jahresbetrag sein. Die Ärzte bemängeln, das sich der Kranke bei einer Schwester der Klinik melden müßte. Diese entscheidet dann Notdienst oder Klinik. Und die Klinik spekuliert darauf, das der Hausarzt, wenn er sich nicht sicher bei der Diagnose ist, den Patienten gleich ins Nebenzimmer zur Rhön Klink weiterleitet.

Was beide Ärzte bemängeln, und sie waren beide alte Hasen als Hausarzt, der eine macht seinen Job seit 30 Jahren auf dem Lande: Was macht eine Mutter, die Hartz IV hat, wo eines der Kinder krank ist um in die Stadt zu kommen? Teilweise sind die Anfahrtswege innerhalb des LK ca. 40 km. Sicher, bei Notfällen, wie zum Beispiel Herzinfarkt oder Schlaganfall kommt der Notarztwagen. Aber was ist bei Fieber bei dem Kind, wo man, wenn es hoch, bei einem Kind auch den Arzt aufsucht. Und weil die Anfahrtswege so schlecht zu manipulieren sind, wurde in den Notdienst des LK Nienburg gleich das Krankenhaus in Sulingen, Landkreis Diepholz mit einbezogen. Wir Liebenauer sollen da jetzt hin.

Ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung, oder ist es eine Rechnungsstelle, die das durchgedrückt hat, meinte aber, die Patienten werden mit der Zeit die Vorteile erkennen. Es ist alles zum Wohle des Patienten. Außerdem hofft man, das durch die geringere Anzahl der Notdienste der Zuzug von allgem. Ärzten auf dem Land zunehmen werde. Das ist wirklich alles Super, alles zum Wohle von uns Menschen. Im Grunde sind wir alle Gefangene unserer eigenen Politker die wir uns wählen.

Viele Grüße rüber nach Brandenburg
karl143
 

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