Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Themen über die Gesundheitssysteme in beiden deutschen Staaten

„Disziplinierung durch Medizin“

Beitragvon Interessierter » 13. September 2014, 12:03

Misshandelt in einer halleschen Poliklinik

Die ungeheuerlichen Vorgänge in der ehemaligen Poliklinik Mitte in Halle in den 60er und 70er Jahren sind wissenschaftlich untersucht worden. Es geht um den Vorwurf der Misshandlung und Zwangseinweisung von jungen Mädchen.


Halle (Saale).

Brutale Gewalt bei gynäkologischen Untersuchungen, Bestrafung der weiblichen Patienten mit Kahlscheren des Kopfes, zwangsweise Tätowierung und Nachtruhe auf einem Hocker statt in einem Bett - das war in den 60er und 70er Jahren Realität in einer geschlossenen Krankenhausabteilung für Geschlechtskrankheiten in Halle. Frauen, die dem DDR-System widersprachen, sollten hier durch Gewalt und Medikamente gefügig gemacht werden. Viele von ihnen waren überhaupt nicht geschlechtskrank.

Was in der geschlossenen Abteilung in der ehemaligen Poliklinik Mitte vor sich ging, ist ungeheuerlich und blieb lange im Dunkeln. Bekannt war die Einrichtung dennoch - unter dem abwertenden Namen „Tripperburg“. Jetzt haben erstmals Wissenschaftler das Geschehen aufgearbeitet: In einer Pressekonferenz stellten die Autoren Florian Steger, Direktor des halleschen Uni-Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin, und sein Mitarbeiter Maximilian Schochow sowie die Landesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Birgit Neumann-Becker, am Donnerstag die Studie „Disziplinierung durch Medizin“ vor. Das Buch ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen.

"Hierarchisches Terrorsystem"


Für Steger steht fest: In der geschlossenen Abteilung herrschte ein „hierarchisches Terrorsystem“, in dem Frauen gegen ihren Willen untersucht und mit Medikamenten behandelt wurden. „Hier wurde geltendes DDR-Recht mit Füßen getreten“, sagte Steger, der von den Forschungsergebnissen „tief erschüttert“ ist. Die jetzt vorgestellte Untersuchung sei aber nur der Anfang: Steger will ähnliche Einrichtungen aus der DDR-Zeit untersuchen, das Thema soll nun auch im Landtag behandelt werden.

Weiter hier:
http://www.mz-web.de/halle-saalekreis/z ... 77872.html
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Re: „Disziplinierung durch Medizin“

Beitragvon pentium » 13. September 2014, 12:08

Die Zustände in der in der geschlossenen Abteilung in der ehemaligen Poliklinik Mitte in Halle wurden hier:

Re: Geschlechtskrankheiten vor 1989 hüben und drüben

schon abgehandelt!

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Re: „Disziplinierung durch Medizin“

Beitragvon Interessierter » 13. September 2014, 13:16

Der Artikel der Zeitung stammt vom 11.9.2014 und er berichtet über eine kürzlich erst vorgelegte Studie. Mir war die Studie nicht bekannt und ja vielleicht anderen auch nicht.

Jedenfalls war diese Studie anscheinend der Presse auch nicht bekannt. Wenn Du über Quellen verfügst, die den Inhalt von Studien schon vor ihrer Veröffentlichung
preisgeben, da könnte man ja beinahe neidisch werden.

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Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon andr.k » 15. September 2014, 11:30

Poliklinik Mitte in Halle Disziplinierung in der „Tripperburg“

Nach außen war es eine geschlossene Station für Geschlechtskranke. Doch in der Poliklinik Mitte in Halle wurden zu DDR-Zeiten auch gesunde junge Frauen eingesperrt und misshandelt.

Von Stefan Locke

Das gedrungene zweistöckige Gebäude in der Kleinen Klausstraße 16 liegt nur wenige Schritte vom Markt entfernt im Zentrum Halles. Es ist ein verlassener Altbau, zu dem der heutige Eigentümer keinen Zutritt gestattet. Zu DDR-Zeiten dagegen war hier Begängnis; Patienten, Krankenschwestern, Ärzte wuselten über die Gänge der Poliklinik Mitte, die hier und in den angrenzenden Gebäuden untergebracht war. Die wenigsten allerdings wussten, was hinter den verschlossenen Türen im zweiten Stock vor sich ging. Nur ab und an waren die Frauen von dort zu sehen, manchmal mit kurzgeschorenen Haaren, immer in grau-blauen Arbeitskitteln. Dann wurde viel getuschelt.

Auch Bettina Weben war ahnungslos, als sie 1968 hierherkam oder vielmehr gebracht wurde. Sie war 17 Jahre alt und lernte in Halle Handelskauffrau. Es war Sommer, das Leben lag vor ihr. Gemeinsam mit einer Freundin ging sie aus, beide freundeten sich mit zwei jungen Ungarn an, die als Vertragsarbeiter in die DDR gekommen waren und einen Hauch Exotik in das seit sieben Jahren abgeriegelte Land brachten. „Nach einigen Treffen haben sie uns eingeladen und für uns ungarisch gekocht“, erzählt Bettina Weben. „Und dann sind wir über Nacht bei ihnen im Wohnheim geblieben.“

Am nächsten Morgen trauten sie sich nicht zurück, ihr Lehrlingswohnheim erlaubte Ausgang nur bis 19 Uhr, jetzt fürchteten sie Konsequenzen - und blieben einfach bei den Ungarn. „Sicher war das naiv“, sagt Weben. Denn nun schwänzten sie auch die Lehre, und das fiel doppelt auf. Am dritten Tag stand die Polizei vor der Tür und nahm sie mit. Doch statt zurück ins Wohnheim brachten die Polizisten sie in die Poliklinik Mitte. „Da war eine Glastür, eine Schwester öffnete und schloss hinter uns wieder zu“, sagt Bettina Weben. „Wir waren perplex, wussten nicht, wo wir sind.“

Alles sah nach Knast aus

Sie mussten sich ausziehen und alle Sachen abgeben; eine Schwester reichte ihnen graublaue Kittel. Fragen beantwortete sie keine, auch nicht im Behandlungszimmer. „Wir wurden rasiert mit stumpfen Klingen, es tat weh und brannte fürchterlich“, erinnert sich Weben. Und noch immer wussten sie nicht, wo sie waren. „Wir fühlten uns schuldig, klar, weil wir weggeblieben waren. Aber wir haben nicht verstanden, was wir sonst noch falsch gemacht haben, dass sie uns hierherbrachten und so behandelten.“

Beide wurden in getrennten Schlafräumen untergebracht, in denen bereits andere Mädchen und Frauen auf ihren Betten saßen. Dreißig Plätze hatte die Station, die Zimmer waren spartanisch eingerichtet, einfache Metallbetten, gestreifte Krankenhaus-Bettwäsche, je ein Tisch, grünes Linoleum - und vergitterte Fenster. „Wo sind wir hier?“, fragte Weben ihre Mitpatienten. Oder waren es Mitgefangene? „Alles sah eher nach Knast aus als nach Krankenhaus“, erinnert sie sich. „Willkommen in der Tripperburg“, sagten die anderen. Bettina Weben hörte das Wort zum ersten Mal.

"Kurbeldora" nahm immer das dickste Glasrohr

Offiziell firmierte die Einrichtung als „Geschlossene venerologische Station der Poliklinik Mitte“. Hier wurden Geschlechtskrankheiten behandelt. Nichts Ungewöhnliches für die damalige Zeit. Nicht nur die Medizin war damals aber anders. Das Thema Geschlechtskrankheiten war gesellschaftlich tabu. Auch die Bundesrepublik und andere Länder isolierten Geschlechtskranke, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. In Hamburg und Bremen etwa gab es ähnliche Stationen zur Behandlung von erkrankten Prostituierten.

Und doch war Halle ganz anders. „Die Verhältnisse hier waren außergewöhnlich - im negativen Sinne“, sagt Florian Steger. Der Vierzigjährige ist Professor für Geschichte und Ethik der Medizin an der Universität Halle-Wittenberg und hat die Ereignisse im zweiten Stock der „Poli Mitte“ erforscht sowie mit ehemaligen Patientinnen und auch mit ehemaligem Personal gesprochen. Sein Fazit: „Auf dieser Station mussten Frauen bereits ab dem zwölften Lebensjahr gegen ihre Willen und teilweise ohne medizinische Indikation Eingriffe in ihre körperliche Integrität ertragen.“

Die Eingriffe hat Bettina Weben nie vergessen. Jeden Morgen um 6 Uhr hatte sie mit ihren Mitinsassinnen vor dem Behandlungszimmer anzutreten. Untersucht wurde im Fünf-Minuten-Takt meist persönlich vom ärztlichen Direktor der Poliklinik, Doktor Gerd Münx, der zugleich Leiter der geschlossenen venerologischen Station war, sowie von Schwester Dora, die von den Patientinnen „Kurbeldora“ genannt wurde. „Sie nahm für die Abstriche nur das dickste Glasrohr“, erzählt Bettina Weben. „Ich hatte extreme Schmerzen, blutete, schrie, und da hat sie mir noch auf den Oberschenkel gehauen und gesagt, ich solle mich nicht so anstellen.“

Verstoß gegen DDR-Gesetze

Weben war kerngesund - und musste dennoch bleiben. Erklärungen bekam sie keine, stattdessen habe ihr Doktor Münx eine Spritze in den Arm gegeben. „Warum?“, fragte sie. „Darum!“, antwortete er. Die „Fieberspritze“ sei ein gängiges Hilfsmittel gewesen, um schlummernde Infektionen zu „triggern“, sagt Steger. „Die Nebenwirkungen waren heftig“, erinnert sich Weben. Je nach Dosis litten die Frauen unter extremem Schüttelfrost, Fieber, Krämpfen, Kopfschmerzen, Übelkeit. „Soweit wir wissen, war die Mehrzahl der Frauen auf dieser Station nicht krank“, sagt Steger. Sie hatten also gar keine Infektion. Abstriche und Spritzen seien als abschreckende und disziplinierende Maßnahme eingesetzt worden.

Die Behandlung von Geschlechtskranken war in der DDR per Gesetz klar geregelt. Die zwangsweise Einweisung in eine geschlossene venerologische Station sollte nur möglich sein, wenn sich Personen ärztlichen Untersuchungen und Anweisungen, beispielsweise zur Enthaltsamkeit, widersetzten, mehrfach geschlechtskrank waren oder im Verdacht standen, häufig wechselnde Partner zu haben. Doch an diese Voraussetzungen hielt sich in Halle offenbar niemand. Die Station war primär keine Heilanstalt, sondern eine Art Auffangbecken für vermeintliche oder tatsächliche sogenannte Problemkinder, Asoziale, Arbeitsscheue, die willkürlich eingeliefert wurden.

Die Strafanzeigen blieben ohne Wirkung

Steger schildert Fälle, in denen Frauen wegen Prostitution oder „hwG“, des häufig wechselnden Geschlechtsverkehrs, denunziert wurden, besonders nachdem 1968 Prostitution in der DDR unter Strafe gestellt worden war. Er erzählt von ausgerissenen Mädchen, die auf der Straße oder in Bahnhöfen aufgelesen wurden; Herumtreiberei und „Arbeitsbummelei“ seien Hauptgründe für Einweisungen gewesen. Gelegentlich sei es vorgekommen, dass Jugendwerkhöfe und sogar Eltern pubertierende Mädchen auf der Station ablieferten mit der Begründung, mit ihnen nicht mehr klarzukommen.

Die Poliklinik Mitte aber verstieß nicht nur mit ihrer Aufnahmepraxis gegen DDR-Gesetze, sondern auch mit ihrer Form der Behandlung. Bereits 1962, ein Jahr nach Einrichtung der geschlossenen Station, wurde Strafanzeige gegen Münx gestellt. Der Grund dafür waren brutale „Erziehungsmaßnahmen“ wie das Kahlscheren der Köpfe von Patientinnen durch Patientinnen, die Münx nicht nur geduldet, sondern befürwortet hatte. Das Ministerium für Gesundheit untersagte derartige Praktiken, beließ Münx jedoch im Amt.

Aus Dokumenten und Zeitzeugen-Interviews geht hervor, was Direktor Münx sowie einige seiner Mitarbeiter von den ihnen anvertrauten Patientinnen hielten. Sie waren für sie „Asoziale“, „Abschaum“, „das Letzte vom Letzten“. Das Terrorregime, das auf der Station herrschte, ist laut Steger denn auch vor allem auf Münx zurückzuführen.

Zur "Arbeitstherapie" verpflichtet

Mit der „Ordnung“ um ihn herum hatte es allerdings auch zu tun. Unter den ihm anvertrauten Frauen und Mädchen befanden sich nicht nur erkrankte oder uneinsichtige Frauen, sondern auch Zwölf- und Dreizehnjährige, die zum Teil noch nie Geschlechtsverkehr gehabt hatten. Es waren Mädchen ohne Halt, die oft aus zerrütteten Familien kamen, in denen sie selbst Opfer von Gewalt geworden waren, aber auch junge Mütter, die sich liebevoll um ihre Kinder kümmerten. Ihnen waren harmlose Kontakte mit Männern oder Denunziation zum Verhängnis geworden. Daran verzweifelten nicht wenige, sie schämten sich, auf solch einer Station gelandet zu sein.

Die Patientinnen und auch ein Teil seines einstigen Personals schildern Münx als sadistischen und tyrannischen Arzt, der seine Verachtung und Geringschätzung auch gegenüber Kollegen nicht verhehlte. In einer von ihm verfassten und offiziell genehmigten „Hausordnung“ wird klar, dass der Aufenthalt auf seiner Station primär der sozialistischen Erziehung dienen sollte. Der unmenschliche Umgang mit den Frauen wurde so legalisiert, die Medizin instrumentalisiert. Das Papier beginnt mit den Sätzen: „Entsprechend dem Charakter unserer Staats- und Gesellschaftsordnung sind die in die geschlossene Station eingewiesenen Patientinnen aufgrund der Verordnung zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23.2. 1961 vorübergehend isoliert.

Durch erzieherische Einwirkung muss erreicht werden, dass diese Bürger nach ihrer Krankenhausentlassung die Gesetze unseres Staates achten, eine gute Arbeitsdisziplin zeigen und sich in ihrem Verhalten in unserer Gesellschaft von den Prinzipien des sozialistischen Zusammenlebens der Bürger unseres Staates leiten lassen.“ Die „erzieherische Einwirkung“ hat Münx in der Hausordnung ebenfalls beschrieben. Besuch oder Geschenke für Patientinnen waren streng verboten. In jedem Schlafraum wurde eine „Stubenälteste“ bestimmt, die auf Disziplin und Ordnung zu achten hatte. Alle Patientinnen waren zur „Arbeitstherapie“ verpflichtet und mussten auf der geschlossenen Station sowie bei guter Führung auch auf anderen Stationen der Poliklinik „ohne Anspruch auf Entlohnung“ putzen.

Halle war ein Sonderfall

Wer sich gut führte, bekam zusätzliche Zigaretten oder eine Stationsstrafe erlassen. Wer gegen Regeln verstieß, musste nachts im Sitzen auf einem Holzhocker wachen und wurde vom täglichen Abstrich ausgeschlossen, was eine Verlängerung des Aufenthalts bedeutete. Informell war zudem geregelt, was Patientinnen drohte, die Widerstand leisteten oder sich gegen Behandlungen wehrten: Sie wurden vom Personal und von Mitpatientinnen bestraft oder misshandelt, was, nachdem das Kopfscheren verboten worden war, häufig zwangsweises Tätowieren bedeutete.

Vor allem diese auf das Staatswohl und weniger auf individuelle Genesung ausgerichtete Hausordnung ist eine Besonderheit der geschlossenen Station der Poliklinik Mitte. In ähnlichen Einrichtungen, von denen es nach bisherigem Forschungsstand acht in der DDR gab, sei es vermutlich anders zugegangen, sagt Steger. In Leipzig etwa seien zwar auch die Fenster vergittert gewesen, die Patientinnen aber nicht zur Arbeit verpflichtet worden, sagt Elke Heinrich*, die sowohl die Station in Halle als auch in die Leipzig erlebt hat.

Heinrich sagt, sie sei damals von zu Hause vor der Gewalt ihres Vaters geflohen, später von der Gärtnerlehre ausgebüxt, habe häufig Halt bei Männern gesucht, die ihr den Himmel auf Erden versprachen und doch immer nur das eine wollten. Eines Tages, sie war gerade 18 Jahre alt, las die Transportpolizei sie am Bahnhof Halle auf und brachte sie in die Poliklinik Mitte. Heinrich durchlief dort ähnliche Prozeduren wie Bettina Weben, die täglichen quälenden Untersuchungen, die Spritzen, das Eingeschlossensein auf den Zimmern, die fehlenden Antworten auf Fragen nach dem Warum und „Wie lange noch?“.

Schweigeverpflichtung, Scham und Angst

„Wir waren für die nichts als Dreck“, sagt Heinrich. „Diese Station war die Vorstufe zum Gefängnis.“ Als psychisch belastend empfand sie auch die Arbeit, zu der sie eingeteilt worden war. In einer Kellerstation musste sie neben todkranken Patienten Wache halten. „Dort habe ich zum ersten Mal Menschen sterben sehen“, erzählt Heinrich, die drei Wochen in der Poliklinik Mitte bleiben musste. Ein Jahr später las die Polizei sie abermals an einem Bahnhof auf, diesmal kam sie für drei Wochen in die geschlossene Station nach Leipzig.

Wer auffiel, um den wurde sich ,gekümmert‘“, sagt sie. „Ich bin nicht stolz auf das, was ich damals getan habe. Aber ich schäme mich auch nicht mehr.“ Elke Heinrich ist heute eine lebensfrohe, äußerlich selbstbewusste Frau. Das hat sie in jahrelanger Therapie erst lernen müssen. Dazu zählte, über das Erlebte sprechen zu können. Jahrzehnte konnte sie, durfte sie das nicht. Bei der Entlassung musste sie wie alle Patientinnen eine Schweigeverpflichtung unterschreiben. Daran habe sie sich aus Scham und Angst lange gehalten.

Bettina Weben und ihre Freundin wurden nach vier Wochen auf der Station zurück in ihr Wohnheim gebracht. Auch bei dessen Leiter suchten sie nach Erklärungen. Seine Antwort lautete: „Zur Abschreckung der anderen.“ Weben sagt heute: „Es war eine reine Strafaktion. Für uns war das hochgradig peinlich, denn es sprach sich natürlich schnell herum, dass wir in der Tripperburg gewesen waren.“

Lebenslanges Leiden

„Die Erlebnisse in Halle hatten oft desaströse Folgen für die Biographien vieler dieser Frauen“, sagt Medizinhistoriker Steger. Dazu zählen Angst vor gynäkologischen Untersuchungen, Schlafstörungen, sexuelle Unlust, Inkontinenz. Viele seien unfähig, stabile Partnerschaften einzugehen oder fürsorgliche Mütter zu werden. Elke Heinrich etwa erlitt drei Fehlgeburten, sie hat nie Kinder bekommen, was sie auf die Zeit in Halle zurückführt. Für Bettina Weben ist bis heute jeder Besuch beim Frauenarzt eine Qual. Eine Therapie hat sie nie gemacht. „Ich bin an sich eine starke Persönlichkeit“, sagt sie. „Aber die Erlebnisse verfolgen einen, umso mehr, je älter man wird.“

Auch deshalb war sie eine der Ersten, die sich gemeldet haben, als Zeitzeugen für Stegers Forschungsprojekt gesucht wurden. „Ich will endlich darüber reden, und ich will, dass das alle wissen“, sagt Weben. „Die haben mir in Halle meine Würde, die Freiheit und meinen ersten Freund genommen.“ Vielen Hallensern sei der Name „Tripperburg“ noch ein Begriff, sagt Heidi Bohley vom Verein „Zeit-Geschichte(n)“ in Halle. Was auf der Station wirklich vorging, wüssten allerdings die wenigsten. Gerüchte darüber hielten sich bis heute. Viele dachten und denken auch jetzt noch: Wer in die Geschlossene kam, wird schon einen Grund dafür gehabt haben. „Dabei war das ein rechtsfreier Raum“, sagt Bohley. „Eine Kontrolle von außen war praktisch unmöglich.“

Keine Hoffnung auf Entschädigung

Wie viele Mädchen und Frauen die Station in den zwanzig Jahren ihres Bestehens durchliefen, ließ sich nicht genau rekonstruieren. Ein Großteil der Patientenakten der Klinik ist bis heute verschwunden. Die Station selbst wurde 1982 geschlossen, als ein Teil des Personals den Mut aufbrachte, gegen die Zustände zu protestieren. Zuvor war Direktor Münx abgelöst worden, nachdem bei einer Patientin, die zur Strafe zwei Tage lang nackt auf einem Holzschemel im Bad zubringen musste, eine offene Tuberkulose diagnostiziert worden war. Münx wurde versetzt und durfte angeblich nicht mehr als Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten praktizieren. Er starb im November 2000.

Mit dem Forschungsbericht über die Station in Halle befasst sich inzwischen auch der sachsen-anhaltinische Landtag. „Es geht vor allem um die Anerkennung von Unrecht“, sagt Birgt Neumann-Becker, Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen. Der Bericht ist vergangene Woche als Buch erschienen. Hoffnungen auf Entschädigung dürfen sich die ehemaligen Insassen bislang nicht machen. Die Begründung der Landesbeauftragten: Es sei nur schwer nachzuweisen, dass die Leiden der Frauen ursächlich von ihren Erlebnissen in Halle herrührten.

Elke Heinrich sieht das anders. Sie will um eine Entschädigung kämpfen. Sie lebt heute von 475 Euro Rente sowie 250 Euro Opferrente für ihre Haft im Frauengefängnis Hoheneck, wo sie zwei Jahre wegen „versuchter Republikflucht“ einsaß. Bettina Weben, die heute nicht mehr in Halle lebt, glaubt nicht an eine Entschädigung, auch wenn sie findet, dass sie ihr zustünde. „Schließlich sind wir schuldlos eingesperrt und misshandelt worden.“

* Name geändert

Quelle: F.A.Z.

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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Interessierter » 14. Juni 2015, 13:31

Also wenn ich den vorstehnden Beitrag lese, wieso fällt mir eigentlich dabei ein, dass erst kürzlich ein User sich über zu lange Beiträge Anderer mokiert hatte ... [flash]

Als Ergänzung zu den Vorgängen der Poliklinik in Halle, hier noch ein Artikel aus der " Ärzte - Zeitung " aus dem November 2014.

http://www.aerztezeitung.de/politik_ges ... rburg.html
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon augenzeuge » 14. Juni 2015, 18:16

andr.k hat geschrieben: Doch in der Poliklinik Mitte in Halle wurden zu DDR-Zeiten auch gesunde junge Frauen eingesperrt und misshandelt.

„Auf dieser Station mussten Frauen bereits ab dem zwölften Lebensjahr gegen ihre Willen und teilweise ohne medizinische Indikation Eingriffe in ihre körperliche Integrität ertragen.“


Unglaublich, was hier ablief.

Ein langer Artikel, aber man sollte ihn gelesen haben. Ob man das auch rechtfertigen kann?
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Interessierter » 7. Dezember 2015, 09:25

Bild

Auch in diesem Jahr sind diese Zwangseinweisungen wieder ein Thema:

Zwangseinweisung von Frauen in der DDR

In der ehemaligen DDR wurden nicht konforme Mädchen und Frauen in Kliniken zwangseingewiesen. Der Vorwand: Verdacht auf Geschlechtskrankheiten. Tägliche Qualen mussten die Opfer bei gynäkologischen Untersuchungen in geschlossenen Abteilung für Geschlechtskrankheiten an der DDR-Poliklinik in Halle über sich ergehen lassen. Viele Opfer haben nun erstmals ihr Schweigen gebrochen.

Von Isabel Fannrich-Lautenschläger


Nur bei einem Drittel bestätigte sich der Verdacht einer Geschlechtskrankheit. Nun haben die Wissenschaftler ihre Untersuchung auf weitere Kliniken in der DDR ausgedehnt - mit dem Ergebnis, dass auch in Berlin und Leipzig Frauen wochenlang in venerologischen Abteilungen verschwanden.

Ein Vorgehen, mit dem nicht konforme Frauen und Mädchen diszipliniert und verwahrt wurden, die schriftlich zur Verschwiegenheit verpflichtet wurden. Die Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen in Sachsen-Anhalt war erste Anlaufstelle für Betroffene, die erstmals ihr Schweigen gebrochen und von ihrer Traumatisierung berichtet haben.

s war eine tägliche Qual: Eine Zeitzeugin berichtet über die frauenärztlichen Untersuchungen in der geschlossenen Abteilung für Geschlechtskrankheiten an der DDR-Poliklinik Mitte in Halle.

"Dann nahm er ein dickes langes Glasrohr und rammte es tief in meinen Unterleib rein. Ich schrie vor lauter Schmerzen. Er meinte: Stell dich doch nicht so an. So jungfräulich ist hier niemand mehr. Als er fertig war, lief das Blut aus der Scheide."

Der Medizinhistoriker Florian Steger:

"Ein typisches Zitat, wie ich es von sehr sehr vielen Frauen so in ähnlicher Form gehört habe. Es wurden Abstriche entnommen, es wurden Ausspülungen gemacht. Frauen haben Fieberspritzen bekommen, was in der Zeit durchaus auch an anderen Stellen eingesetzt wurde, um Infektionen zu triggern, die aber immer eine Schüttelfrost-Reaktion nach sich zogen. Es wurde keine aufgeklärt, es war eine Behandlung ohne Einverständnis, die hier vollzogen wurde."

Weiter mit dem erschütterdem Bericht hier:
http://www.deutschlandfunk.de/traumatis ... _id=338705
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon augenzeuge » 11. Mai 2016, 18:06

In der DDR sind nach Forschungen des Medizinhistorikers Florian Steger massenhaft Frauen wegen angeblicher Geschlechtskrankheiten in Kliniken eingewiesen worden. Der Wissenschaftler der Universität Halle-Wittenberg sagte dem ARD-Magazin „Fakt“, das sei ein DDR-weites Problem gewesen. „Es ist keine lokale Geschichte“, erklärte er am Mittwoch.

Vorgehen in Halle, Leipzig Magdeburg, Berlin und Dresden
Die meisten Frauen seien eingesperrt worden, obwohl sie nicht erkrankt gewesen seien, sagte Steger nach dem TV-Beitrag von Dienstagabend. Die Abteilungen seien Teil des DDR-Staatssystems gewesen, um sozialistische Bürgerinnen zu erziehen. Das Vorgehen habe es nicht nur in Halle gegeben, wo er seine Forschung begonnen habe, sondern auch in Berlin, Leipzig, Dresden oder Magdeburg.

Quellen deuteten darauf hin, dass es im Jahr etwa 3000 Frauen gewesen sein könnten, die mehrere Wochen auf den Stationen weggesperrt wurden. Viele litten bis heute darunter.

http://www.naumburger-tageblatt.de/mitt ... --24041308

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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Olaf Sch. » 11. Mai 2016, 20:16

da frage ich mich: leben noch Verantwortliche für diese Schweinerei?!
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon HPA » 11. Mai 2016, 21:10

Sogar vor Minderjährigen machte man da nicht halt. Wir hatten damals solch einen Fall in unserer Klasse. Inklusive " Auswertung" durch unseren bekloppten Direx .
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon karnak » 12. Mai 2016, 13:49

Und was sind jetzt"nicht konforme Frauen und Mädchen"? Und kamen denn nur Frauen in diese Horrorkliniken weil sie sich einen Tripper eingfangen hatten um sie dort zu sozialistischen Persönlichkeiten umzuerziehen, oder gab es auch solche "Erziehungskliniken"für Tripperkranke Männer? Wenn nicht,waren die unwichtiger als soz.Persönlichkeit für eine soz.Gesellschaft oder was ist da zu vermuten,wenn man für die auf solche Kliniken verzichtet hat?
Ich vermute einfach mal,nachdem ich den Artikel gelesen habe ,bei den Frauen handelte sich um etwas was man in der spießigen DDR "HWG-Personen" nannte ,häufig wechelnder Geschlechtsverkehr.Ein Personenkreis der also durchaus in der Lage war Geschlechtskrankheiten im großen Stil unter das Volk zu bringen.Das ein Staat,noch dazu ein ziemlich prüder ,dass gerne unter Kontrolle halten will,wenn man auch fragen kann ob das ein geeignetes Mittel war,ist schon nachvollziehbar.
Also,die "nicht konformen Frauen und Mädchen"waren am ehesten das was man als Prostituierte bezeichnen könnte und die sich heute,wie einige andere auch, als politisch verfolgt verstehen, oder verstehe ich da was falsch?
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Spartacus » 12. Mai 2016, 18:07

oder gab es auch solche "Erziehungskliniken"für Tripperkranke Männer?


Nein gab es wohl nicht und wer hat sich als junger Kerl nicht mal einen Tripper eingefangen in der DDR?

Hat mich damals auch mal erwischt, zum Arzt, Spritze und fertig. War überhaupt kein Drama, aber halt auch in den 1980iger Jahren. [hallo]

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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Olaf Sch. » 13. Mai 2016, 10:11

@Karnak - selbst wenn sie jeden Tag nen Anderen gehabt hätten - das geht den Staat nichts an. Medizinisch versorgt wie den Spartakus und ansonsten hätte es damit sein müssen. Vielleicht noch ein paar Hinweise auf die Gefahr auf Erkrankungen. Eine Einweisung oder gar Zwangsarbeit - WTF!
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon karnak » 13. Mai 2016, 16:12

AkkuGK1 hat geschrieben:@Karnak - selbst wenn sie jeden Tag nen Anderen gehabt hätten - das geht den Staat nichts an. Medizinisch versorgt wie den Spartakus und ansonsten hätte es damit sein müssen. Vielleicht noch ein paar Hinweise auf die Gefahr auf Erkrankungen. Eine Einweisung oder gar Zwangsarbeit - WTF!

Hast Du recht und auch wieder nicht ,mich stört halt nur,dass man die Geschichte irgendwie in die Nähe von politischer Unterdrückung rücken will.Zumindest in dem Fall war das sehr wahrscheinlich nicht der Grund. Es ging wohl eher um die Volksgesundheit und um das Verbreiten von Geschlechtskrankheiten und dort hat ein Staat natürlich eine gewisse Verantwortung.Aus diesem Grund ist auch heute eine Prostituierte verpflichtet ihren"Bockschein"auf dem Laufenden zu halten.Bist Du da auch der Meinung der Staat hat sich da rauszuhalten?
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon augenzeuge » 13. Mai 2016, 16:19

karnak hat geschrieben: Es ging wohl eher um die Volksgesundheit und um das Verbreiten von Geschlechtskrankheiten und dort hat ein Staat natürlich eine gewisse Verantwortung.


Darum gehts nicht. Es geht darum, wie man die Menschen behandelt hat. Und das war definitiv kriminell. Der Staat maßte sich Dinge an, welche normale Grenzen weit überschritten.

Die meisten Frauen seien eingesperrt worden, obwohl sie nicht erkrankt gewesen seien, sagte Steger nach dem TV-Beitrag von Dienstagabend.

die mehrere Wochen auf den Stationen weggesperrt wurden.


AZ
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon karnak » 13. Mai 2016, 16:27

augenzeuge hat geschrieben:
Die meisten Frauen seien eingesperrt worden, obwohl sie nicht erkrankt gewesen seien, sagte Steger nach dem TV-Beitrag von Dienstagabend.

die mehrere Wochen auf den Stationen weggesperrt wurden.


AZ

Ich will ja gerne glauben,dass man solche Frauen in dem Zusammenhang mittels des Assiparagraphen inhaftiert hat,aber nicht dass man sie in einer Stinknormalen Poliklinik,also einer Gesundheitseinrichtung ,wie in einer geschlossenen Psychiatrie im Stil eines Dr.Mengele gehalten hat,ich halte das für Mist oder zumindest um eine Vermischung verschiedener Tatbestände.
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Kumpel » 13. Mai 2016, 16:30

Richtig AZ, Methoden wie zur Kaiserzeit als man seine Untertanen nach dem eigenen Weltbild drangsalieren konnte.
Untragbare Zustände herrschten auch in vielen Heimen der DDR für psychisch Kranke.
Kumpel
 

Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Olaf Sch. » 13. Mai 2016, 16:41

mir scheint das der Klinikleiter weit über seien Befugnisse entschied.
Olaf Sch.
 

Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon karnak » 13. Mai 2016, 16:56

AkkuGK1 hat geschrieben:mir scheint das der Klinikleiter weit über seien Befugnisse entschied.

Das mag sein und wäre möglich,NUR in dem Fall wäre es ein menschliches und kein gesellschaftliches Problem.
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Kumpel » 13. Mai 2016, 17:12

karnak hat geschrieben:
AkkuGK1 hat geschrieben:mir scheint das der Klinikleiter weit über seien Befugnisse entschied.

Das mag sein und wäre möglich,NUR in dem Fall wäre es ein menschliches und kein gesellschaftliches Problem.



Nur das dieses "menschliche" Problem in der DDR weit verbreitet war.
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon karnak » 13. Mai 2016, 17:16

[grin] "Menschliche Probleme "sind ziemlich gleichmäßig über die ganze Welt verteilt,gemeinsam mit den dazugehörigen A...Löchern.
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Kumpel » 13. Mai 2016, 17:22

So ein Quatsch , das waren keine menschlichen Probleme das waren zum Himmel schreiende Misstände mit Duldung der Behörden der DDR.
Die Betroffenen hatten damals nicht einmal die Möglichkeit sich gegen diese Willkür zur Wehr zu setzen.
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon karnak » 13. Mai 2016, 17:37

Man kann eben versuchen die Dinge von allen seiten zu beleuchten und sich daraus ein realistisches Bild der ganzen Umstände zeichnen,oder man kann bis zum Ende seiner Tage der ganz persönlichen Ideologischen Eiferei hinterher hecheln,so wie es jeder mag eben. [grin]
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Kumpel » 13. Mai 2016, 17:42

Das hat nichts mit ideologischer Eiferei zu tun, sondern mit dem anmaßenden Verhalten und der Gleichgültigkeit der Verantwortlichen in der DDR.
Diese "Tripperburg" war kein Einzelfall in der DDR , auch in Krankenhäusern für psychisch Kranke gab es diese unzumutbaren Verhältnisse.
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon augenzeuge » 13. Mai 2016, 18:09

karnak hat geschrieben:Man kann eben versuchen die Dinge von allen seiten zu beleuchten...


Nur verstecke aber nicht die Wahrheiten im Schatten. [grin]
Erkläre nur, warum man sie so lange einsperren musste? Dein verantwortliches Ziel des Schutzes hätte man ganz anders erreichen können.
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Kumpel » 13. Mai 2016, 18:20

Hier mal eine "Kostprobe" für das ach so menschliche Versagen in der DDR sogar noch in den 90ern. https://www.youtube.com/watch?v=k0VLlaCjFVU
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon karnak » 14. Mai 2016, 10:45

augenzeuge hat geschrieben:
Erkläre nur, warum man sie so lange einsperren musste? Dein verantwortliches Ziel des Schutzes hätte man ganz anders erreichen können.
AZ

Erkläre mir erst mal warum man jemanden der sich MAL einen Tripper eingefangen hat über Wochen eingesperrt haben soll, es sollen ja zehntausende gewesen sein, weil man an sich böse war oder weil man einfach eine Meise hatte,eine andere Möglichkeit gebe es doch wohl in diesem Zusammenhang eigentlich nicht.Etwas anders wäre aber natürlich die Sachlage wenn es sich bei dem Personenkreis um einen gehandelt hat der nach damaligen Wertvorstellungen in die Schublade Assozial und gefährlich für die Volksgesundheit einsortiert worden ist.Ich will ein solches Vorgehen und"Erziehen" ja gar nicht gutheißen,aber ein Unterschied zwischen denen und denen besteht natürlich schon und wie man mit diesen Vertretern der Gesellschaft umgegangen ist,es gab da wohl überall auf der Welt recht fragwürdige Vorgehensweisen die man über die Jahre revidiert hat,auch mit psychisch kranken.Ich weiß nicht ob man das "Behandeln" solcher Personen in früheren Zeiten an heutigen Maßstäben festmachen kann.Mir fällt in dem Zusammenhang der Film"Einer flog über das Kuckucksnest"ein.
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon Dr. 213 » 14. Mai 2016, 12:23

Eine Funktionärstochter, die sich vielleicht beim kulturellen Austausch anläßlich eines FDJ- Treffens etwas eingefangen
hätte, wäre doch höchstwahrscheinlich auch nicht in so einer Einrichtung gelandet.
Man muß davon ausgehen, daß es mehr der Bestrafung und Erziehung von idiologisch abgedrifteten Personen diente.

So ähnlich, wie man ja auch politsch Andersdenkende gerne in die Schublade Asoziale gesteckt hat.
Gibt zahlreiche Stasidukumente, wo in den Maßnahmeplänen das Ziel vorgegeben war, einen Nachweis für Asozialität
und Kriminalität zu finden oder bei Bedarf sollte sogar etwas passendes in der Richtung "herausgearbeitet" werden.
Einfach um der Person an den Karren zu fahren.

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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon augenzeuge » 14. Mai 2016, 12:39

karnak hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
Erkläre nur, warum man sie so lange einsperren musste? Dein verantwortliches Ziel des Schutzes hätte man ganz anders erreichen können.
AZ

Erkläre mir erst mal warum man jemanden der sich MAL einen Tripper eingefangen hat über Wochen eingesperrt haben soll, es sollen ja zehntausende gewesen sein, weil man an sich böse war oder weil man einfach eine Meise hatte,eine andere Möglichkeit gebe es doch wohl in diesem Zusammenhang eigentlich nicht.


Es ist kein "soll", Karnak, es ist ein "wurden"! Ich denke eher wie der Dr. , ideologische Erziehungsmaßnahmen werden im Vordergrund gestanden haben.

Die DDR versuchte sich doch permanent als Erziehungsstaat. Vom Kindergarten bis später in der "Brigade". Erst wurden "Böse" benannt, nach ihnen gezeigt, dann folgten Maßnahmen zur Erziehung. Fing es nicht mit den Trupps zur Antennenverdrehung an? Man war in diesem Staat unmündig, vom Anfang bis zum Schluß.
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Re: Disziplinierung in der "Tripperburg". Poliklinik Mitte in Halle

Beitragvon karnak » 14. Mai 2016, 15:42

Dr. 213 hat geschrieben:Man muß davon ausgehen, daß es mehr der Bestrafung und Erziehung von idiologisch abgedrifteten Personen diente.


Ich weiß auch nicht so richtig,sicher gab es so was,aber in dem hier konkret beschriebenen Beispiel,ging es da nicht um etwas anderes?Was heißt denn in dem Zusammenhang"ideologisch abgedriftet",nicht den Vorstellungen einer geltenden Sexualmoral zu entsprechen die doch wohl der einer Generation entsprach zu der die Mächtigen dieses Landes gehörten,trifft es das nicht eher?
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