von: Christian Fischer veröffentlicht am
29.07.2015 - 00:04 Uhr
Dresden – Der Befehl kam von ganz oben.
Mielkes rechte Hand, Generalleutnant Gerhard Neiber (†78), alarmierte am 18. Juli 1984 die Arbeitsgruppe XXII „Terrorabwehr“ der Dresdner Stasi-Zentrale!
Zuvor hatten seine Spitzel bei der Post einen Drohbrief an den Staatsrat der DDR abgefangen. Absender: die „Gruppe Volkszorn“.
Sie forderte endlich „BRD Rundfunk- und Fernsehprogramm“ für Dresden – das als „Tal der Ahnungslosen“ verspottet wurde.
Sonst drohe Gewalt: „Bereit zum sprengen des FS und UKW-Turm Dresden/ Wachwitz“ und „UKW-Sender Löbau“. Frist: 6. November.
Der Text war aus „Union“ (heute DNN) und „SZ“ zusammengeschnipselt worden, ergaben spätere Laboruntersuchungen der Stasi. Mielkes Truppe fand sogar heraus, von welchem Tag die Zeitungen stammten.
In den Augen der Stasi war der Brief eindeutig das Werk von Terroristen! Nicht ein einziges Mal zweifelten Stasi-Offiziere an der Drohung.
Dann begann der gesamte Stasi-Apparat zu rotieren. „Es wurde der Operative Vorgang ‚Turm‘ angelegt. Unzählige Mitarbeiter des MfS waren damit beschäftigt“, erklärt Konrad Felber (62) von der Dresdner Stasi-Unterlagen-Behörde.
Die „Terroristen“ wurden u.a. unter Zeitungsabonnenten gesucht. Es begann eine der größten Spitzel-Aktionen in Dresden – von der die Bevölkerung nichts bemerkte!
Weil die Forderungen nach West-TV nicht erfüllt wurden, schickte die „Gruppe Volkszorn“ am 13. November an das Fernsehen der DDR eine zweite Bombendrohung. Diesmal ging es um Intershops, Lenin-Denkmal, Hotel Bellevue und Postämter.
Es war der letzte Brief. Die Stasi ermittelte weitere drei Jahre erfolglos. Mehr als 1000 Verdächtige hat sie observiert, heimlich Wohnungen durchsucht, Telefone angezapft. Zehn dicke Akten füllte der Vorgang. 1987 wurde er eingestellt.
Felber: „Es ist ein Beispiel aus den Akten, das belegt, dass die Allmacht der Stasi Grenzen hatte. Wir wissen bis jetzt nicht, wer zur ‚Gruppe Volkszorn‘ gehörte ob es ein Dummer-Jungen-Streich oder ernst war.“
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