Karl-Eduard von Schnitz´- "Sudel-Edes" Abgesang im DDR-Fernsehen
Verfasst: 7. Juni 2010, 00:00
Er war Chefkommentator des DDR-Fernsehens und moderierte eine Sendung, die Montagabends, nach dem der altdeutsche Ufa-Film zu Ende war, so angekündigt wurde, zumindest noch in meiner DDR-Zeit: „Sehen Sie nun den Schwarzen Kanal von und mit Karl-Eduard von Schnitz!“ Die meisten DDR-Bürger ließen die Fernsehansagerin nicht mal aussprechen, schon hatten sie die Glotze aus- oder auf den Westkanal umgeschaltet. Der nicht unkritische und deshalb beim Publikum beliebte DDR-Conferencier O.F. Weidling „verbesserte“ die Fernsehansage deshalb so: „Und nun sehen Sie das Sandmännchen für Erwachsene, Karl Eduard von Schnitzler…“
Der so „Gekürte“ war aber auch bekannt unter dem Spitznamen „Sudel-Ede“. Diesen Namen „verehrte“ ihm der SFB-Kommentator Günther Lincke Anfang Februar 1961 in seiner Sendung "Mitteldeutsches Tagebuch“. Denn Schnitzlers journalistische Masche war es, aus politischen Sendungen des Westfernsehens Kommentare westlicher Journalisten oder Politiker „förmlich zu zerpflücken“, ja aus dem eigentlichen Zusammenhang zu reißen und zum typischen Schnitzlerschen Mosaik zusammen zu basteln: Die westdeutsche Bundesrepublik sei ein Staat von ewig gestrigen Nazis und Revanchisten, die die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges wie die Oder-Neiße-Friedensgrenze mit einem Dritten Weltkrieg „wieder revidieren“ wollten, unterstützt von den kapitalistischen Unterdrückern, die dadurch ihre enteigneten Fabriken, Ländereien und Schlösser in der DDR und den früheren deutschen Ostgebieten wieder zu erlangen hofften. Schnitzlers publizistischer Gegenspieler war der westdeutsche Journalist Gerhard Löwenthal, der in der Sendung ZDF-Magazin Menschenrechtsverletzungen der DDR aufs Korn nahm.
Schnitzler wurde auch durch viele Frauengeschichten, die man ihm nachsagte, und andere Eskapaden in seinem Privatleben „berühmt“. Er durfte beispielsweise wie seine Ehefrau, die Schauspielerin Martha Rafael, auch mit höchster Erlaubnis mal abends einen Abstecher nach Westberlin machen, was einfachen DDR-Bürgern nur ganz selten „gestattet“ wurde. Es passierte schon mal, dass die Westberliner Polizei Schnitzler volltrunken bis zum Eichstrich nach einer ergiebigen Tour durch Bars und Privatklubs bis zu einem der Ostberliner Grenzübergänge an der Mauer zurück eskortieren musste, weil der Chefkommentator selber überhaupt nicht mehr ansprechbar war. Auch seine Ehefrau Rafael sorgte in Westberlin für einen Skandal, als sie im Kaufhaus des Westens beim Ladendiebstahl erwischt wurde. Mit dem Sturz des SED-Regimes verabschiedete sich auch Schnitzler mit seinem Schwarzen Kanal von der politischen Fernsehbühne in der DDR.
Mehr über Karl-Eduard Richard Arthur von Schnitzler, wie er vollständig hieß, unter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Karl-Eduard_von_Schnitzler