" Zur See "

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Re: " Zur See "

Beitragvon Merkur » 5. Juni 2020, 10:45

Kumpel hat geschrieben:Sippenhaftung war in der DDR normal.


Und Dein anderer Bruder konnte Offizier werden?
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: " Zur See "

Beitragvon Kumpel » 5. Juni 2020, 11:00

Der war damals gerade Offizier geworden oder kurz davor. Nee definitiv , der war schon ein oder zwei Jahre Offizier.
Den hat man sich gehörig zur Brust genommen und er musste sich lossagen oder distanzieren , jeden Kontakt unterbinden.
Der ist zu diesem Thema sehr schmallippig, bis heute.
Na ja , ich meine die Bude wurden denen ja nicht eingerannt , für 25 Jahre Verpflichtung irgendwo am Arsch der DDR zu dienen.
Ich hätte da nicht tot überm Zaun hängen wollen.
Klingt widersprüchlich , war aber so. Dem hätte man wahrscheinlich noch eher einen Gefallen getan wenn die ihn raus geschmissen hätten.
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Re: " Zur See "

Beitragvon Kumpel » 5. Juni 2020, 11:42

Merkur hat geschrieben:
Kumpel hat geschrieben:Sippenhaftung war in der DDR normal.


Und Dein anderer Bruder konnte Offizier werden?


Mal im Ernst , ein Privileg war das ja nicht Offizier der Landstreitkräfte der NVA zu werden. Eher ein Opfer.
Kumpel
 

Re: " Zur See "

Beitragvon Beethoven » 6. Juni 2020, 05:38

Kumpel hat geschrieben:
Merkur hat geschrieben:
Kumpel hat geschrieben:Sippenhaftung war in der DDR normal.


Und Dein anderer Bruder konnte Offizier werden?


Mal im Ernst , ein Privileg war das ja nicht Offizier der Landstreitkräfte der NVA zu werden. Eher ein Opfer.


Ansichtssache. Wobei ein Privileg war es wirklich nicht.

Aber es war meistens eine interessante und fordernde Tätigkeit. Da möchte ich das gar nicht auf die Landstreitkräfte reduziert wissen.
Wenn man z.B. in Dranske Bug bei der Marine diente oder an einem abgeschiedenen Ort der Flugabwehrraketen, war die Gegend oft auch nicht so prickelnd.

Berufssoldat in der DDR war oft eine Überzeugungssache und Liebe zum Beruf.

Freundlichst
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Re: " Zur See "

Beitragvon augenzeuge » 6. Juni 2020, 07:57

Wobei die Sippenhaftung immer eine große Rolle spielte.

Wenn Beethovens fiktiver Bruder abgehauen wäre, hätte sich sein Leben gravierend verändert.

AZ
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Re: " Zur See "

Beitragvon HPA » 6. Juni 2020, 09:01

augenzeuge hat geschrieben:Wobei die Sippenhaftung immer eine große Rolle spielte.

Wenn Beethovens fiktiver Bruder abgehauen wäre, hätte sich sein Leben gravierend verändert.

AZ


Definitiv. Kumpels Bruder hat man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit spüren lassen, dass man ihn jetzt zu den "unsicheren Kantonisten" zählt.

Trotz Distanzierung
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Re: " Zur See "

Beitragvon HPA » 11. Januar 2021, 12:01

Ein Interview des mdr mit dem Autor:

Die Geschichte der Seefahrernation DDR

Die alten Genossen bestimmen immer noch den Kurs

Die DDR war eine der größten Seefahrernationen der Welt. Die Geschichte der DDR-Seefahrt werde bis zum heutigen Tag zum großen Teil von alten Genossen geschrieben und ein romantisierendes Bild gezeichnet. Konflikte würden häufig konsequent ausgeblendet. Das meint jedenfalls der Hamburger Journalist Wolfgang Klietz. Ein Interview.


Die DDR war eine stolze Seefahrernation. Ist diese Geschichte Ihrer Meinung nach beschönigt?

Es gibt einige Bücher, die sich intensiv mit der Geschichte der DDR-Seefahrt beschäftigen. Aber man muss schon differenzieren. Tatsächlich gibt es nur wenige Arbeiten, zumeist Dissertationen, die sich mit einem wissenschaftlichen Anspruch dem Thema nähern. Dann gibt es eine große Anzahl von sogenannten Erinnerungsbüchern, die sehr persönlich gefärbt sind. Diese Bücher haben natürlich ihre Berechtigung. Aber sie ersetzen freilich keine wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung.
Sie beklagen in einem unlängst erschienenen Artikel, dass die Geschichte der DDR-Seefahrt noch immer überwiegend von einstigen SED-Genossen geschrieben wird.

Das betrifft vor allem die Erinnerungsliteratur. Und da muss man feststellen, dass viele dieser Autoren aus dem SED-System stammen. Die politischen Ansichten dieser Autoren schimmern immer wieder deutlich hindurch. Und es zeigt sich auch, dass diverse Themen, wie etwa Staatssicherheit an Bord oder die Willkür der SED, komplett ausgeblendet werden. Und so entsteht natürlich ein falsches, idealisiertes Bild der Seefahrernation DDR. Im Moment ist es halt so, dass die alten Kader immer noch am lautesten sind, aber nicht immer die ganze Wahrheit erzählen.

Welche Themen werden denn konkret ausgeblendet oder beschönigend dargestellt?

Generell kann man sagen, dass das Thema Staatssicherheit fast komplett ausgeblendet wird in der Erinnerungsliteratur. Und die Stasi war stark vertreten, und zwar auf jedem Schiff. Da kann ich vielleicht mal ein Beispiel erzählen. 1968 ist ein DDR-Bürger von der "Völkerfreundschaft" in die Ostsee gesprungen. Der Mann wollte aus der DDR fliehen. Und wenn man dann schaut, was die sogenannten alten Kader darüber geschrieben haben - da wird vage von einem "Agenten" gesprochen, der da geflohen sein soll, wofür es aber nach meinen Recherchen nicht einen einzigen Beleg gibt.

Haben Sie persönliche Erfahrungen mit den "alten Kadern"?

Ich habe in Rostock im letzten Herbst aus meinem Buch "Schutzlos auf See" gelesen. Darin beschreibe ich unter anderem auch einen Kapitän, der für die Stasi gearbeitet und auch viele Bücher geschrieben hat. Jedenfalls hat ihm das nicht gefallen. Er baute sich vor mir auf und schrie: "Das gehört da nicht rein!" Also, dass er bei der Stasi war.
Die alten Kader erzielen immer noch eine große Reichweite. Und sie bestimmen immer noch das Bild der DDR-Seefahrt, weil kaum ein anderes gezeichnet wird.

Auch wir, der MDR, haben eine ganze Reihe großer Dokumentationen zur DDR-Seefahrt produziert, darunter zum Beispiel: "DDR Ahoi – Helden der See." Ist auch die für Ihren Geschmack zu romantisierend?

Ich finde es völlig legitim, wenn man die schönen Seiten eines Berufs, wie den des Seemanns, darstellt. Wenn man sich an die guten alten Zeiten erinnert - man durfte reisen, man war privilegiert. Und die haben alles Recht, thematisiert zu werden. Aber es gibt eben auch die andere Seite: Republikflucht, Stasi, der Entzug des Seemannsbuchs ... Das kommt häufig zu kurz. Auch bei TV-Dokus muss es darum gehen, alle Aspekte der DDR-Seefahrt zu beleuchten, schöne Erlebnisse wie Äquator-Taufen, aber auch die Spitzeleien der Stasi.

Haben sie Hoffnung, dass die Geschichte der DDR-Seefahrt einmal aufgearbeitet wird?

Die Protagonisten, die das alte System repräsentieren, werden naturgemäß weniger. Andererseits ist das Interesse, dieses Thema aufzuarbeiten, doch ausgesprochen gering. Die Universitäten im Norden beschäftigen sich kaum mit der Thematik, außerdem sind Archive kaum oder gar nicht zugänglich. Ich hoffe, dass junge Forscher auf dieses spannende Thema aufmerksam werden, bei dem es noch viel zu entdecken gibt.
HPA
 

Re: " Zur See "

Beitragvon Volker Zottmann » 11. Januar 2021, 12:26

"Zur See"... nicht einen einzigen Film gabe es, wo mal berichtet wurde, wie sich die gesperrten Matrosen verdingen mussten. Hier in Harzgerode.
Nur die Stasi entschied, ob der "Genosse Matrose" mal wieder an Bord darf, und wann.
Davon hat auch nie ein Fernsehzuschauer erfahren beim Klischee der romantischen DDR-Seefahrt.
Vielleicht dreht der MDR, oder für den die Leipziger Firma "Günther und Bigalke", mal einen Streifen, welchen Demütigungen der kleine Matrose hier ausgesetzt wurde. Ein einzelner Mann entschied wie ein Scharfrichter über deren Schicksal.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

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