von pentium » 25. Juli 2014, 14:17
Luis Trenker
Nationalsozialismus und italienischer Faschismus
Ein Hauptthema in Trenkers künstlerischem Schaffen ist die Idealisierung eines der Heimat- und Bergwelt verbundenen Lebens, das häufig der Dekadenz der Städte und Stadtbewohner gegenübergestellt wird. Das faschistische Regime in Italien und das NS-Regime in Deutschland konnten Trenkers Werke nicht zuletzt deshalb instrumentalisieren. Vor allem aber zählte Adolf Hitler lange Zeit zu Trenkers Bewunderern. Wenige Wochen vor der NS-Machtübernahme hielt Joseph Goebbels am 19. Januar 1933 in seinem Tagebuch fest: „Abends Film. Luis Trenker, Der Rebell. Die Spitzenleistung. Ein nationalistischer Aufbruch. Ganz große Massenszenen … Hitler ist Feuer und Fett.“.
Sein Filmschaffen in Italien hatte die ideologischen Erwartungen Benito Mussolinis erfüllt. Auf eine Bemerkung des Emigranten Paul Kohner, dass Condottieri (1937) wirklich ein faschistischer Film sei, antwortete Trenker damals offen: „Sie wundern sich? Ich erhielt doch den Auftrag, diesen Film zu machen, und die italienische Regierung finanzierte auch zum großen Teil die Arbeiten dazu. Wie soll denn da ein Film anders werden?“ Dieser Film, eine deutsch-italienische Koproduktion, für deren Massenszenen 60 Mann der SS-Division Leibstandarte Adolf Hitler abkommandiert wurden, gilt der Filmwissenschaft heute aufgrund seines „propagandistischen Charakters“ als Beispiel für den „italienischen Film im Faschismus“. Ein interessantes Detail dabei war, dass Trenker seine Filme auch in Italien in seiner deutschen Muttersprache aufnahm; dies scheint die faschistischen Machthaber nicht weiter gestört zu haben. Trenker setzte sich auch besonders für die in Bozen geplante Filmstadt ein, die allerdings nie errichtet wurde.
Trenker, der seit 1927 in Berlin lebte, trat schon im September 1933 der nationalsozialistischen Reichsfachschaft Film bei. Anfang April 1933 meldete die Zeitschrift Kinematograph, dass Trenker gemeinsam mit Carl Boese, Victor Janson und Fritz Lang die Abteilung Regie in der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation (NSBO) gegründet habe, wofür es aber keine weiteren Belege gibt. Lang zumindest erklärte 1962 in einem Interview, er habe keine leitende Funktion in einer der NSDAP nahestehenden Organisation bekleidet.[3] Entgegen seinen späteren Behauptungen optierte Trenker im März 1940 im Zuge des Südtiroler Optionsabkommens nach langem Zögern für das Deutsche Reich. Im Sommer 1940 trat er auch der NSDAP bei.
Trenker versuchte, sich dem Druck der künstlerischen Unterordnung zum Teil zu widersetzen, er fühlte sich vom deutschen NS-Regime immer weiter in die Enge getrieben. Bei den NS-Stellen waren schon früh einige Beschwerden über Trenker eingegangen, die jedoch ohne direkte Folgen blieben und seinen Stellenwert für die NS-Spitze viele Jahre lang nicht beeinträchtigten: Zuerst wurde er von P.G. Wohlhuber (Reichspropagandaleitung Abt. IV) im Februar 1934 denunziert. Dieser hatte Trenker belauscht, als er seinem Ärger in einem Gasthof Luft machte. Trenker beschwerte sich über die strengen deutschen Gesetze und meinte, so wolle er keine Filme mehr drehen und überhaupt könnten sie ihn in Berlin „kreuzweise“. Fred Lyssa, Produktionsleiter der UFA, denunzierte ihn nur wenig später (März 1934) in einem ausführlichen Brief, worin er eine Äußerung Trenkers bei einer gemeinsamen Autofahrt in New York wiedergibt: „Ich habe da gestern einen Schweden gesprochen – na ja er hat ja Recht, es ist auch eine Schande, dass die Deutschen die Literatur verbrannten und dass Deutschland die Juden rausschmeisst“.
1934 waren Beschwerden beim Reichsfachschaftleiter Film aufgrund der Verschleuderung des von Trenker nach Südtirol eingeführten deutschen Kapitals eingegangen. Von seinen Mitarbeitern darauf angesprochen entgegnete Trenker wörtlich: „Ich bin Tiroler hier in Tirol und das ‚Deutsche Kapital‘ ist mir wurscht!“, und machte somit klar, dass er es weiter nach eigenem Gutdünken verwenden werde. Ebenso wurde er mehrmals von Mitarbeitern kritisiert, da er zu viele Ausländer in seinen Filmen engagierte. Es gibt auch eine Mahnung (Februar 1938) der Reichstheaterkammer, da Trenker in Wien jüdische Schauspieler verpflichtete.
Die „Wertschätzung der Nationalsozialisten“ blieb Trenker trotzdem lange erhalten. Sie erfuhr, fasste Die Welt 2005 das Verhältnis der NS-Spitze zu Trenker zusammen, „erst eine Trübung, als er sich nach der Einigung zwischen Mussolini und Hitler nicht recht entscheiden mochte, ob er, der Südtiroler, nun für Italien oder das Deutsche Reich votieren sollte. Das Lavieren trug ihm böse Kommentare von NS-Funktionären ein.“
Aufgrund dieses Zögerns in der schwierigen Optionsfrage fiel Trenker bei der NS-Führung dann im Frühjahr 1940 in Ungnade. Am 5. März 1940 verzeichnete Goebbels dazu in seinem Tagebuch: „Ich trage dem Führer den Fall Trenker vor. Dieses Schweinestück hat in Südtirol nicht für uns optiert. Hinhalten, freundlich sein, aber abservieren.“ Kurz darauf wurden auf direkte Anweisung von Goebbels hin sämtliche seiner Filmprojekte eingefroren oder abgesagt. 1940 beauftragte Himmler seinen Geheimdienst SD, die früheren „deutschfeindlichen“ Äußerungen Trenkers nochmals näher zu untersuchen.
Trenkers weiteres politisches Agieren bezeichnet Der Spiegel 1994 dann als „Werben um die Gunst der Nazi-Größen“ und als „serviles Bemühen, das Wohlwollen der Nazis wiederzuerringen“. Ende März 1940 optierte er schließlich fürs Deutsche Reich, versicherte sich aber, dass seine Eltern weiterhin in ihrem Haus in Südtirol verbleiben dürften. Er wurde bei Goebbels vorstellig, dem er laut dessen Aufzeichnungen „etwas von seinem Deutschtum vor(geschwafelt)“ habe.
Dies und seine Bittschreiben an Hitler, Goebbels und Himmler blieben allesamt erfolglos. Um etwa seine Entscheidungskrise in der Südtiroler Optionsfrage zu rechtfertigen, verfasste er ein weiteres Schreiben an Hitler, worin er seine innere Bindung an sein Geburtsland und seine Berge beschreibt, aber auch erklärte: „Sie, mein Führer . . . können sich verlassen, daß ich zu gegebener Stunde genau weiß, wo ich hingehöre und wo ich zu stehen habe.“
Der Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums sandte 1941 ein Schreiben an den persönlichen Stab Himmlers, in dem sämtliche Zuwiderhandlungen Trenkers angeführt sind: Trenkers zwiespältiges Hofieren bei den italienischen Machthabern, seine Äußerungen gegen die Abwanderung der Südtiroler aus ihrem Gebiet sowie der Hinweis auf „deutschfeindliche“ Betätigungen im Ausland. In seiner beim Sicherheitsdienst hinterlegten Karteikarte findet man auch die Bezeichnung „deutschfeindlich“.
1941 wurden das Drehbuch und die Finanzierung eines neuen Films abgelehnt, da Trenker darauf bestanden hatte, in den italienischen Alpen zu drehen. Auch andere Filmprojekte wurden von der Reichsleitung abgelehnt. 1942 spielte er als Hauptdarsteller mit Genehmigung der Reichsfilmkammer im nationalsozialistischen Propagandafilm Germanin – Bayer 205. Das Drehbuch stammte diesmal allerdings nicht von Trenker selbst; die Regie führte Goebbels' Schwager Max W. Kimmich. Die Hauptrolle in Germanin trug Trenker nach 1945 „den Ruf eines Nazi-Schauspielers“ ein (König/F.Trenker, Bera Luis, S. 219). Wie aus einem Brief an den Stab Himmlers hervorgeht, wurde Trenker nach diesem Film offiziell mit Berufsverbot belegt.
1940 hatte er Berlin verlassen und war nach Rom gezogen, wo er sich bessere Bedingungen erhoffte und 1942 Pastor Angelicus drehte. Er konnte 1943, diesmal auch wieder in der Funktion des Regisseurs und Autors, in Italien mit den Dreharbeiten zum Film „Im Banne des Monte Miracolo“ beginnen, die er jedoch erst sechs Jahre später, in Österreich, beenden konnte. König/F.Trenker (S. 221) bezeichnen diesen Film „als eigentliche letzte filmische Tätigkeit Trenkers zur Zeit des Dritten Reiches“. Er zog sich schließlich nach Bozen zurück und versuchte weiterhin, Finanzmittel für neue Filmprojekte aufzutreiben.
Anhand der Akten Trenkers im Berliner Document Center ergibt sich nach Ansicht des Autors Florian Leimgruber folgendes Bild von Trenker in der NS-Zeit: „Uns begegnet weder ein kraxelnder Freiheitsheld noch ein kriecherisch-unterwürfiger Handlanger oder Kollaborateur. […] ein normaler Durchschnittsmensch, der auch in schwierigsten Situationen in erster Linie darauf bedacht ist, sich und seine Schäfchen ins Trockene zu bringen, sich seine ökonomischen Möglichkeiten und die berufliche Entfaltung nicht vermiesen zu lassen.“
quelle: wiki
mfg
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