augenzeuge hat geschrieben:Ich kannte auf meiner Grundschule keinen der nicht in der FDJ war. Und natürlich wird es solche Leute gegeben haben, aber sie waren sehr selten. Selbst in kirchl. Gruppen waren die meisten FDJ-Mitglieder.
Wer auf die EOS wollte, oder Abi machen wollte, musste delegiert werden. Die Leistungen waren es nicht allein. Die gesellschaftl. Tätigkeit spielte hier keine unbedeutende Rolle- eher im Gegenteil, wer Durschnitt 2,8 war, aber z.B. FDJ-Sekretär, hatte es leichter.
Ich habe mich gestern nochmal bei anderen erkundigt, wer den höheren Bildungsweg einschlagen wollte und kein FDJ-Mitglied war, muss der absolute Ausnahmefall gewesen sein. Man kennt einfach keinen......aber Ausnahmen gab es sicher.
Lehrstellen bekamen natürlich alle. Sogar die, die direkt aus dem Knast kamen, das war ja Gesetz.
Hier muß ich natürlich auch noch meinen Senf dazugeben --- ich sehe die Situation genau wie @Affi, es war nicht so eindeutig "schwarz" oder "weiß". Mein Beispiel zeigt dies auch --- Grundschule ohne Pionier- Mitglied zu sein (bis 1958, ich glaube nämlich, das Jahr spielt auch eine Rolle). Dann Übergang zur EOS, aufgrund meiner Leistungen. FDJ hab' ich noch abgewimmelt, bei einem persönlichen Gespräch mit meinen Eltern hat mein Klassenlehrer (er kam extra zu uns nach Hause, solche Aufrichtigkeit gab es eben auch) nahegelegt, mich aber nicht mit 14 konfirmieren zu lassen, sondern den Übergang zur EOS zu vollziehen und dann.... So geschah es dann auch, mit 15 wurde ich konfirmiert, der Druck wurde dann aber in Richtung FDJ so groß, daß ich dann in der 9. Klasse auch eingetreten bin.
Wer hier lamentiert, man "mußte" nicht, hat ja einerseits auch Recht, der Preis dafür war aber mit einiger Wahrscheinlichkeit eben nicht bis zum Abitur zu kommen, auf jeden Fall war man dann auch ein "Kandidat" für den Abschuß. Ich habe in diesem Jahr einen meiner Klassenkameraden wiedergetroffen, der nach der 11. Klasse von der GHS (Gerhart Hauptmann Schule) "entfernt" wurde, der Beste in Mathe/ Physik übrigens in unserer Klasse (math.- naturwiss. Zweig !). Und -- die Bezweifler haben ja Recht, er wurde offiziell nicht etwa entfernt, weil er kein FDJ- Mitglied war (Mutter Religionslehrerin) -- aber er hat sich geweigert, zur Schule nicht mehr die Ami- Kutte anzuziehen, an der (so wörtlich das Gegeifer der Scharfmacher) "..noch das Koreaner- Blut klebt...". Er hat dann Maurer gelernt, mehrere Fluchtversuche unternommen und ist letztlich freigekauft worden. Hat dann in West- Berlin Abi nachgemacht, studiert und war dann ziemlich oben in der Datenverarbeitung beim Senat angesiedelt. Aber Talente hatte die DDR ja genug --- "...wir weinen ihnen keine Träne nach.....".
@AZ kann ich aber aus meiner unmittelbaren Umgebung auch Beispiele bringen, die weder in der FDJ noch in irgendeinem anderen Verein waren, allerdings jeweils Pfarrer's- Söhne, die aber trotzdem Abitur gemacht haben, trotzdem Elektrotechnik studiert haben -- und in den jeweiligen "Junge Gemeinden" aktiv waren. Einer aus meiner Seminargruppe war später dann auch in der "Gruppe der 20" in Dresden.
Ich geb' auch allen Recht die sagen, daß man mit seiner Mitgliedschaft in irgendeinem der Vereine natürlich das System gestützt hat, man konnte sich dem auch widersetzen --- aber wieviele Maurer braucht die DDR ?? Ist das nicht doch verständlich, sich bis zu einem gewissen Punkt (der individuell immer anders liegen wird) zu arrangieren ?? Übrigens vertrage ich in diesem Punkt auch keine Kritik von Ur- Wessis (ich differenziere sonst eigentlich nicht), aber hier können sie glaub' ich, wirklich nicht mitreden so ala "...na ja, ihr mußtet doch aber nicht...".
Noch zu mir : ich war in der FDJ und im FDGB, ach ja, noch im DTSB. Lustig war das dann nach meiner Flucht bei meinem Antrag auf das US- Visum, wo man ja alle kommunistischen Organisationen angeben mußte -- hab' ich dann auch treu und brav.
Gruß, Dille