Die zweite Parteikonferenz der SED - Geschichte aktuell: Mit Volldampf in die KriseIn der Geschichte unseres Volkes begann ein neues Kapitel, als am 9. Juli 1952 die zweite Parteikonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands zusammenkam. An diesem Tag berichtete der Generalsekretär der Partei, Walter Ulbricht, den Delegierten über das bisher Vollbrachte und zeichnete dem Volk den Weg ins Künftige vor.Walter Ulbricht: In Übereinstimmung mit den Vorschlägen aus der Arbeiterklasse, aus der werktätigen Bauernschaft, aus anderen Kreisen der Werktätigen hat das Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands beschlossen, der zweiten Parteikonferenz vorzuschlagen, dass in der Deutschen Demokratischen Republik der Sozialismus planmäßig aufgebaut wird.
In dem Jubel der Parteikonferenz über diesen Beschluss kam das unerschütterliche Vertrauen des werktätigen Volkes zu seiner Partei zum Ausdruck, an deren Spitze so bewährte Genossen wie Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl und Walter ULbricht stehen.
Ein Ausschnitt aus dem DEFA-Propagandafilm „Baumeister des Sozialismus“, der eigentlich zu Ehren des 60. Geburtstages von SED-Generalsekretär Walter Ulbricht am 30. Juni 1953 in die Kinos kommen sollte. Der Jubelstreifen blieb jedoch bis zum Ende der DDR im Archiv – zwei Wochen nach dem Arbeiteraufstand des 17. Juni wäre es gefährlich gewesen, die Bevölkerung mit derartigem Personenkult noch weiter zu provozieren – ebenso wie mit Reminiszenzen an die 2. Parteikonferenz der SED, die vom 9.-12. Juli 1952 in der Werner-Seelenbinder-Halle über die Bühne gegangen war und auf der Ulbricht den planmäßigen „Aufbau des Sozialismus“ in der DDR „vorgeschlagen“, d.h. dekretiert hatte. Eine Entscheidung, die die DDR in ihre größte Krise bis zum Wendejahr 1989 reißen sollte. Das knappe Jahr zwischen dem Ende der Parteikonferenz und der Erhebung des 17.Juni wurde zum „annus horribilis“ der DDR schlechthin.Schon im ersten Halbjahr 1952 hatte es beunruhigende Anzeichen für die bevorstehenden Entwicklungen gegeben: Offiziell als Reaktion auf die Unterzeichnung des Deutschlandvertrages durch die Bundesrepublik kappte die DDR-Regierung am 26. Mai 1952 alle Telefonverbindungen nach West-Berlin und richtete eine 5 km-Sperrzone mit einem 10 Meter breiten Kontrollstreifen entlang der Demarkationslinie zur Bundesrepublik ein. In Paragraph 4 der betreffenden Verordnung hieß es:
Personen, die versuchen, den Kontrollstreifen in Richtung der Deutschen Demokratischen Republik oder Westdeutschland zu überschreiten, werden von den Grenzkontrollstellen festgenommen. Bei Nichtbefolgung der Anordnung der Grenzstreifen wird von der Waffe Gebrauch gemacht.
Etwa 11.000 Menschen wurden quasi über Nacht aus dem Sperrgebiet zwangsumgesiedelt – und dabei von den Organen der eigenen Regierung oftmals wie Verbrecher behandelt. Reisegenehmigungen gen Westen wurden fortan so gut wie gar nicht mehr erteilt. In Wirklichkeit war die Entscheidung über das neue Grenzregime schon fast zwei Monate vor der Unterzeichnung des Deutschlandvertrages getroffen worden – in Moskau. Dort war am 31. März eine SED-Delegation, geführt von Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl und Walter Ulbricht eingetroffen, die am 1. und 7. April mit Stalin und der Spitze der KPDSU-Führung konferierte.
Die erst nach der Wende bekannt gewordenenen Notizen, die sich Staatspräsident Pieck bei diesen Unterredungen machte, belegen, wie sich die Sowjetführung die weitere Entwicklung in der DDR vorstellte:Volksarmee schaffen – ohne Geschrei Demarkationslinie gefährliche Grenze. 1. Linie deutsche Soldaten, dahinter Sowjetsoldaten FDJ muss Schießen lernen Jugenddienst – vormilitärische Erziehung Pazifistische Periode ist vorbei 9 – 10 Armeekorps – 30 Divisionen – 300 000 Mann
Am 10. April 1952 reiste die SED-Delegation aus Moskau ab. Einen Tag zuvor hatte die Sowjetunion die zweite so genannte Stalin-Note zur Frage der deutschen Wiedervereinigung an die Westmächte gesandt. Bis heute streiten sich die Historiker darüber, wie ernst die diesbezüglichen sowjetischen Vorschläge zur deutschen Einheit zu nehmen gewesen seien.
Wilhelm Piecks Notizen jedenfalls lassen darauf schließen, dass man sich im Kreml zu diesem Zeitpunkt in realiter längst davon verabschiedet hatte.Weiter geht es hier:
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