Die StäV der DDR in Bonn

Themen zu diplomatischen Beziehung zwischen beiden deutschen Staaten

Die StäV der DDR in Bonn

Beitragvon augenzeuge » 21. März 2015, 11:37

Fast 41 Jahre ist es her, seit die DDR-Vertretung in Bonn ihren Betrieb aufnahm. Ein Rückblick.

Die DDR übernahm den dreigeschossigen Bürobau, als 1974 im Zuge des "Grundlagenvertrages" die Einrichtung der "Ständigen Vertretungen" beschlossen worden waren. Und zuerst wurde aufgestockt und angebaut – denn knapp 90 Mitarbeiter wollten untergebracht werden - vom Pförtner bis zum Diplomaten - das ganz normale Botschaftspersonal.

Die "StäV in Bonn" – wie die Einrichtung im Alltagssprachgebrauch der Diplomaten abgekürzt wurde – war, anders als die der Bundesrepublik in Berlin, nicht beim Außenministerium angesiedelt, sondern beim Bundeskanzleramt. Das war einer der vielen protokollarischen Winkelzüge, mit denen deutlich gemacht werden sollte: Die Bundesrepublik betrachtet die DDR nicht als Ausland.
Fahrzeuge der DDR-Vertretung durften auch keinen zusätzlichen Aufkleber 'CD' an den Fahrzeugen führen.

In einem 30 Quadratmeter großen Raum standen 35 Tonbandgeräte, 32 Empfänger und diverse "operative Technik" – denn die Hauptverwaltung Aufklärung der Staatssicherheit nutzte die Botschaft, um zum Beispiel die Gespräche mit Abgeordneten, Ministern oder Konzernchefs aufzuzeichnen und in Ost-Berlin Bericht zu erstatten.

Die Genossen in Bonn unterhielten einen eigenen Kindergarten. Eine Großküche in der Vertretung machte den Besuch in rheinischen Lokalitäten überflüssig. Gewohnt hat das Personal zum Teil in der Vertretung, aber auch in der Nähe ihres Ständigen Vertreters in Hersel oder in der Trabantenstadt Tannenbusch. Immer kompakt zusammen, stets nach dem Motto: Bloß keinen Kontakt zum Klassenfeind!

Allzu menschliches widerfuhr auch dem einen oder anderen Genossen nach Dienstschluss. In der Gauckbehörde lassen sich handgeschriebene Entschuldigungsbriefe auffinden, in denen Ausflüge ins Rotlichtmilieu gebeichtet werden. Unter dem Datum 24. Mai 1974 und unter dem Betreffvermerk: "Verfehlung vom 23.5. zum 24.5.74", beweist der anonyme Sünder große Detailgenauigkeit bei der Schilderung seiner Erlebnisse im Bonner Etablissement "C.D. NIGHT-Club".

Zeitweise musst sie auch so beschützt werden. Kaum eine Woche verging ohne Bombendrohung. Und die klangen dann so: "Ständige Vertretung der DDR - guten Tag. - Fräulein, wir haben Ihr Gebäude fertig gemacht zum Sprengen." Oder: "Ständige Vertretung der DDR, guten Tag. – Ihr Kommunistenschweine. Nur noch kurze Zeit und das kriminelle Kommunistenpack ist Legende. Und Ihr seid die ersten, die hängen."
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Quelle: MDR

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